Kein Termin für Voderholzer?
Im Streit um unbesetzte Professuren an Regensburger Uni verschärft sich der Ton

16.04.2024 | Stand 18.04.2024, 9:55 Uhr

Der Regensburger Bischof legte bei seiner Berufung 2013 einen Eid auf die bayerische Verfassung ab. Die Kirche hat ein Vetorecht bei der Berufung von Professoren, dafür haben bayerische Ministerpräsidenten in der Theorie ein Vetorecht bei der Berufung von Bischöfen. Foto: Balk/Hoppe (dpa)

Häufig kommt es nicht vor, dass sich ein bayerischer Oberhirte gegen einen bayerischen Minister wendet. Doch im Streit um unbesetzte Lehrstühle an der Universität Regensburg ist der Ton schärfer geworden.



Regensburgs Bischof Rudolf Voderholzer sagt,– nach einer Kontaktaufnahme mit dem Büro von Wissenschaftsminister Markus Blume habe dieses lediglich auf die Universität verwiesen. Dabei hatte sich Blume kürzlich in einen Streit eingemischt, der zwischenzeitlich über kirchliche und theologisch-universitäre Zirkel hinaus Kreise zieht.

Das ist geschehen: Derzeit sind sechs von insgesamt 14 Professuren an der Fakultät für Katholische Theologie unbesetzt. Für jede dieser Besetzungen benötigt der jeweilige Kandidat das sogenannte „Nihil obstat“ (Latein für nichts einzuwenden). Für drei Kandidaten hat der Bischof dieses bereits erteilt, die Lehrstühle sind dennoch vakant. Drei weitere Bestätigungen stehen aus. Dabei ist die Regensburger Fakultät nicht irgendeine: Immerhin lehrte hier der späterer Papst Benedikt XVI. als Joseph Ratzinger. Wer nun schuld ist daran, dass die Theologie an der Uni Regensburg derart unterbesetzt ist, das ist unklar: Der Schwarze Peter wird derzeit zwischen Universität, Wissenschaftsminister Markus Blume und Bischof hin und her geschoben.

Falsch verstanden

Der Regensburger Bischof fühlt sich in der bisherigen Debatte jedenfalls falsch verstanden. „Von den sechs unbesetzten Lehrstühlen sind in drei Fällen die Nihil-obstat-Verfahren schon lange abgeschlossen“, so Voderholzer gegenüber der Mediengruppe Bayern. Warum diese Lehrstühle weiterhin unbesetzt sind, „entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls liegt dies nicht am fehlenden „Nihil obstat“, so der Bischof. „Ich habe dem Herrn Staatsminister zuletzt am 5. Februar 2024 geschrieben und meine Bereitschaft signalisiert, meine Position in einem persönlichen Gespräch zu erläutern.“ Auf das Schreiben habe er „bis heute keine Reaktion des Ministers. Auf Nachfrage meinte sein Büro, dass ich erst einmal mit den Vertretern der Universität reden soll, mit denen ich ja ohnehin im Austausch bin“. Sollte es danach noch Redebedarf geben, stehe der Minister gerne zur Verfügung, so habe man es dem Bischof mitgeteilt.

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Gegenüber der Mediengruppe Bayern legt der Bischof dann auch ein Bekenntnis zu den katholischen Lehrstühlen an der Universität ab: „Mir liegt die Theologische Fakultät sehr am Herzen, nicht nur weil dort unsere Seminaristen ausgebildet werden, sondern auch weil ich selbst viele Jahre an theologischen Fakultäten gearbeitet habe.“

Alles also nur ein Missverständnis? Minister Blume wird jedenfalls in seiner Antwort an die Mediengruppe Bayern deutlich: „Die rechtliche Lage ist ganz einfach: Das Nihil obstat darf nicht verweigert werden, weil die Priesterquote nicht erfüllt wäre. Beim Nihil obstat handelt es sich um eine individuelle Unbedenklichkeitserklärung, die sich auf die Rechtgläubigkeit, die Lehre oder den Lebenswandel eines Kandidaten beziehungsweise einer Kandidatin bezieht.“ Er macht aber auch klar, dass der Ball nun auf der Ebene zwischen Uni und Bischof liegt. „Ich bin zuversichtlich, dass sich die möglichen Unklarheiten im anberaumten Gespräch zwischen Hochschulleitung und Bischof klären lassen und der Berufung der wissenschaftlich herausragenden Kandidatinnen und Kandidaten in der Folge nichts mehr im Weg steht“, so Blume weiter. „Das sind wir auch der Fakultät schuldig, denn die ausgewiesene Qualität in Lehre und Forschung in Regensburg darf nicht gefährdet werden.“

Die rechtliche Lage ist nicht unkompliziert. 1924 unterschrieb der Freistaat Bayern das Konkordat mit dem Heiligen Stuhl, bis heute ist es gültig. Es regelt beispielsweise, dass der Papst freie Wahl hat, wen er zum Bischof beruft – dabei muss er nur aus den sogenannten Triennallisten wählen, die wiederum von den Domkapiteln erstellt werden. 1933 wurde das Konkordat dann strenger geregelt. Seither müssen bayerische Bischöfe wieder auf die Verfassung schwören. Zudem haben Ministerpräsidenten eigentlich ein Veto-Recht, das offiziell nie genutzt wurde – anekdotenhaft wird oft erzählt, es habe einmal einen Einspruch gegeben, als ein Ziehsohn des Regensburger Altbischofs Manfred Müller Erzbischof von Bamberg werden sollte. Belegt ist das nicht.

Ist die Fakultät bedroht?

Doch die Regelungen sehen eben auch vor, dass an den katholischen Fakultäten nur jene Kandidaten Professoren werden können, die das Nihil obstat aus Rom haben, das vom Ortsbischof angefragt wird. Neben dem Konkordat kommt das Kirchenrecht ins Spiel: Voderholzer ist angehalten, dafür Sorge zu tragen, dass zumindest die Hälfte der Professuren mit Priestern besetzt sind. An der Regensburger Fakultät sind es aber bisher nur ein Priester und ein Diakon.

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Schon einmal eskalierte die Situation zwischen einem Regensburger Bischof und der Uni. Damals entzog der heutige Kardinal Gerhard Ludwig Müller dem katholischen Theologen August Jilek die kirchliche Lehrerlaubnis. Die Folge: Jileks Lehrstuhl wurde aus der Fakultät ausgegliedert. „Wenn der Bischof weiterhin die Berufungen blockiert, riskiert er damit den Weiterbestand der katholischen-theologischen Fakultät“, sagt Jilek im Gespräch. Einst war ein großer Anteil der Studenten selbst Priesteramtswärter. Das sei heute nicht mehr so – die meisten studieren auf Lehramt, da, so Jilek, die Diözese mit dem Rudolphinum im Priesterseminar selbst eine Konkurrenz zur katholischen Fakultät etabliert habe. „Es wird höchste Zeit, diese Regelungen den gesellschaftlichen Realitäten anzupassen“, schließt Jilek.

Das sagt die Uni



Termin: Während Minister Blume offenbar keinen Termin mit dem Regensburger Bischof vereinbaren möchte, teilte die Universität Regensburg auf Anfrage mit, dass sich Bischof und Uni-Präsident Udo Hebel noch im April treffen werden, um über die vakanten Professuren zu sprechen.

Auslagerung: Auch an der Uni Passau gab es eine Fakultät, die unter das Konkordat fielen. Diese ist nur ruhend gestellt. Dafür ist ein Departement für katholische Theologie dort errichtet. Deren Professoren brauchen nur einmal das Nihil obstat in ihrer Karriere.