Führungsduo über Aussichten
Die Finanzen der Eisbären Regensburg: Ein Saisonstart mit 1,5 Millionen Minus

09.03.2024 | Stand 09.03.2024, 6:57 Uhr

„Danke für die geile Saison“ steht auf einem der Freudenplakate der Eisbären-Fans. Aber sind die Regensburger jetzt auch schon spitzentauglich? Fotos: Nickl (2), Brüssel

Es ist eine Eishockey-Bilderbuchsaison in Regensburg: Sportlich mit insgesamt über 100.000 Zuschauern in den 26 Heimspielen über 3900 im Schnitt sind Rekordwerte zu vermelden. Sportlich steht anstelle des anvisierten Klassenerhalts ein famos herausgespielter zweiter Platz in der DEL2 zu Buche.



Es geht also mit der besten Platzierung der Vereinsgeschichte ab kommenden Mittwoch mit Heimrecht in die Playoffs. „DEL, wir kommen“, möchten einige Jubilierer schon schreien. Abgesehen davon, dass vorschnelle (und damals übertriebene) Ambitionen in die Erstklassigkeit die Eisbären 2008 schon einmal in den Konkurs führten, gehören Eisbären-Geschäftsführer Christian Sommerer und Hauptgesellschafter Christian Volkmer mit Blick auf eine Bestandsaufnahme der aktuellen Bedingungen rein gar nicht zu dieser Klientel.

Noch „Sanierungsphase“

Für sie ist es in Erfolgstagen wie diesen zwar logischerweise wesentlich angenehmer zu arbeiten, als es das in vergangenen Tagen war, aber Luftschlösser in Wolkenkuckucksheim sind ihre Sache nicht. Im Gegenteil: Das Führungsduo scheut sich nicht, bei aller Euphorie Klartext zu sprechen. „Im Vergleich zu allen anderen Mitbewerbern fangen wir bei minus 1,5 Millionen Euro an“, sagt Sommerer einen seiner Kernsätze. Volkmer schickt Knalliges hinterher: „Was wir da machen, ist eine Sanierungsphase. Wir betreiben hier ein Unternehmen, das mit den Rahmenbedingungen, die es hier gibt, eigentlich nicht betrieben werden kann. Das muss man den Leuten auch genauso sagen. Vielleicht tun wir das ja auch noch einmal in einem Fanstammtisch nach der Saison für alle, die das interessiert“, sagt Volkmer. „Der sportliche Weg und der Erfolg zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg bei dieser Sanierung sind. Aber wir sind noch lange nicht da, dass alles rund ist.“

Die Aussagen von Sommerer/Volkmer beruhen nicht auf Mutmaßungen. „Das ist keine Schätzung“, sagt Volkmer, „sondern das sind von der DEL2 untereinander offengelegte Standortzahlen. Die legen wir auch immer der Stadt, und auch der Oberbürgermeisterin vor.“ Der Unternehmer unterstreicht deswegen noch einmal: „Die Quintessenz ist: So, wie der Profisport hier aufgestellt ist, kann man Profisport nicht betreiben. Das war schon immer so. Das wird auch nicht anders werden, solange wir nicht gravierende Maßnahmen ergreifen.“

Stadionmiete teuer



Christian Sommerer und Christian Volkmer nennen auch Beispiele, woran es krankt. „Trotz Reduzierung sind wir immer noch der zweitteuerste Standort in Sachen Stadionmiete“, gibt Sommerer einen Auszug. „Und bei den jetzt 101.000 Besuchern haben wir im Catering ein Minus von 550.000 Euro im Vergleich zum Durchschnitt der anderen Standorte.“ Volkmer schickt einen Wert hinterher: „Ein noch größeres Problem ist das Problem mit den oberen VIP-Plätzen. Schon Uli Hoeneß hat gesagt, dass das Geld damit verdient wird. Aber wir sind eben einer von nur zwei DEL-2-Standorten, die keine Tages-VIP-Karten verkaufen können. Ganz vorsichtig benannt macht das 250.000 bis 300.000 Euro an Einnahmen aus, die uns fehlen.“

Das läppert sich – und so revidiert Christian Volkmer eine ursprüngliche Hoffnung für diese Saison auch trotz aller Rekorde. „Die schwarze Null war zu optimistisch, auch wenn der Weg in die richtige Richtung geht.“ Dabei verweist Volkmer darauf, wie umsichtig die Planungen waren. „Wenn man so auf die Konkurrenz schaut, waren wir ultrasparsam, was die Nachverpflichtungen angeht. Aber das Gehaltsniveau in der Liga ist ein konstant steigendes.“ Seine Schlussfolgerung: „Auch wenn die Fans es nimmer hören können: Es bleibt für uns sauschwer. Schon die halbe Million Euro, die die Gesellschafter am Ende der vergangenen Saison zuschießen mussten, war nicht schlecht.“

„Wir haben uns enorm weiterentwickelt“



Dazu kämen allerlei Faktoren, die ganz allgemein zuträfen: „Höhere Energiekosten, Mindestlohn – und ganz massiv sind auch die Buskosten gestiegen. Das ist eine Größenordnung, die frisst schnell mal die Einnahmen der neuen Fanzone weg, wo wir ja auch Erstinvestitionen machen mussten.“ Volkmers Ende vom Lied: „Du läufst immer hinterher, weil die Struktur nicht da ist.“

Klar ist für Christian Volkmer auch: „Wir dürfen uns als Organisation nicht von dieser Euphorie mitreißen lassen, weil wir sonst den Blick aufs Wesentliche verlieren.“ Ihm falle das nicht schwer, „weil ich ja auch der bin, der den Geldbeutel aufmachen muss. Aber ich gleiche lieber etwas aus, was in die richtige Richtung geht.“ Volkmers Meinung: „Wir haben uns enorm weiterentwickelt – und noch viel mehr im Hintergrund als im Vordergrund. Dass wir eine starke Mannschaft haben im Moment und einen Spitzentrainer, das ist alles okay, aber wir haben mit einer enormen Professionalisierung so viele Fehler abgestellt – Dinge, die einem Fan vollkommen wurscht sind. Es bewegt sich alles in die Richtung, dass es ein Unternehmen ist.“

„Wie BMW-Ansiedlung“

Früchte trägt das bedingt – und auch da hat Christian Volkmer ein Beispiel. „Wenn du von einer kommunalen Bank, auf die auch die Politik Einfluss hat, keine 100.000 Euro Dispokredit bekommst, dann weißt du, welches Standing du hast.“ Wobei Volkmer – auch wenn sein Kollege Sommerer unlängst in einem TVA-Interview auf gut Bairisch so benannte, dass es im Spitzensport in Regensburg „vom Boa weg“ fehle – der Politik nicht den schwarzen Peter zuschieben will. „Es reicht aber eben nicht, ein gutes Sportamt und eine gute Sportbürgermeisterin zu haben. Es reicht auch nicht, dass die OB sich zum Sport bekennt und ich ihr das glaube. Was wir brauchen, ist, dass auch die Wirtschaftsförderer erkennen, dass unser Anliegen so wichtig ist wie eine BMW-Ansiedlung. Weil es eine Komponente der Stadtgesellschaft ist. An uns hängt natürlich nicht das Wohl und Wehe der Stadt, aber ich sehe, wie unser Erfolg mobilisiert und eine Stadt einen kann. Man hat gesehen, was machbar ist.“

Sieht es deswegen schlecht aus, das so erfolgreiche Eisbären-Team zusammenzuhalten? „Wir reden mit allen Spieleragenten. Es ist noch keine Entscheidung gegen uns gefallen“, sagt Sommerer. „Das wird nicht billiger werden. Alleine das Halten der Mannschaft ist nahezu unmöglich und wird ein Kraftakt ohne Ende“, sagt Sommerer. „Noch ist es zu früh. Aber wir werden schauen, dass so viel wie möglich beieinander bleibt. Aber es gibt für jeden eine Schmerzgrenze“, sagt Volkmer. „Regensburg wird dauerhaft kämpfen müssen, in der Liga zu bleiben. Und ich sage schon jetzt: Das Ziel für nächste Saison ist, nicht abzusteigen. Aus und nichts Anderes!“