Angeklagte werden entschädigt
Freispruch im Fall Hornstraße: Richter in Regensburg findet klare Worte

26.04.2024 | Stand 26.04.2024, 17:34 Uhr

Alle vier Angeklagten müssen nach dem Freispruch vom Staat entschädigt werden – nicht nur für die U-Haft, sondern auch für Festnahme, Auflagen, Durchsuchungen und Beschlagnahmung. So hat es die Jugendkammer des Landgerichts am Freitag entschieden. Foto: Baumgarten

Der Staat muss die freigesprochenen Syrer nun entschädigen. Das hat das Landgericht im Urteil zum Mordversuch in der Hornstraße entschieden. Und es gab eine deutliche Warnung: „Das muss definitiv ein Ende haben.“



Das Landgericht hat am Freitag vier wegen eines Mordversuchs angeklagte Syrer freigesprochen. Die Jugendkammer sprach den Angeklagten zudem Entschädigungen für Festnahme, U-Haft, Durchsuchungen und Sicherstellungen im Zuge der Ermittlungen zu. „Im Ergebnis frustrierend“, fasste der Richter den aufwendig geführten Prozess zusammen. Er gab den Männern eine deutliche Warnung mit auf den Weg: „Man liest immer wieder die gleichen Namen – das muss definitiv ein Ende haben.“

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Überraschend kam der Freispruch für die vier 18 bis 24 Jahre alten Angeklagten nicht: Im Plädoyer hatte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft das am Donnerstag beantragt. Wenig später hob das Landgericht die Haftbefehle auf – bis auf einen konnten die Syrer das Justizgebäude als freie Männer verlassen. Sie wurden von Angehörigen und Bekannten, die den Prozess teils ununterbrochen verfolgt hatten, vor dem Gebäude in der Augustenstraße in Empfang genommen.

Richter: Der Wahrheit kein Stück näher gekommen



Auch die Strafverteidiger Jan Bockemühl, Tim Fischer, Martin Ondrasik, Andreas Remiger und Prabhlin Sidhu hatten für ihre Mandaten Freisprüche beantragt. Dem folgte das Gericht, wenngleich Vorsitzender Richter Gerald Siegl es ein „nicht wirklich zufriedenstellendes Ergebnis“ nannte. Nicht, die Männer schuldig zu sprechen, sondern die Wahrheit herauszufinden, wäre das Ziel des Prozesses gewesen, betonte er. Dem, was am 27. Juni 2023 auf dem Parkplatz in der Hornstraße passierte, sei man „kein Stückchen näher gekommen“.

Den Grund lieferte Siegl umgehend nach: „Weil eigentlich niemand auch nur annähernd offen mit uns geredet hat.“ Was Angeklagte, Opfer sowie eine Vielzahl von Zeugen angegeben hätten, sei nur sehr schwer in Einklang zu bringen gewesen. Fakt sei: Es habe ein Treffen gegeben, „sicherlich unter gewissen, dubiosen Umständen“, höchstwahrscheinlich einem Drogengeschäft, wobei es zur Messerstecherei und gegenseitigen Verletzungen gekommen war. „Genaueres lässt sich nicht feststellen.“

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Die wenigen objektiven Beweise, wie Verletzungen, Spuren an der Tatwaffe oder dem abgerissenen Gurt einer Bauchtasche, ließen laut Siegl keinerlei Rückschlüsse zum Ablauf zu. Ebenso wenig die ausgewerteten Standortdaten, ein von Ermittlern abgehörtes Telefonat oder das, was der geheime Polizei-Informant über Gerüchte in der „Araberszene“ sagte. Darauf ein Urteil zu begründen, „ist einfach nicht möglich“, so der Vorsitzende der Jugendkammer am Landgericht.

Alle vier Männer „als Gewalttäter registriert“



Dennoch wandte er sich mit klaren Worte an die vier Syrer: „Ich kann sie abschließend nur davor warnen, so weiterzumachen“, sagte Siegl. Sie seien im Polizeisystem „als Gewalttäter registriert“ und wären in der Vergangenheit in „immer wieder so ähnlicher Konstellation“ aufgetaucht. Nun hätten aber die Behörden ein Auge auf sie.