Konzert in Regensburg
Gut gealterte Stars rocken die Donau-Arena

Zahlreiche Musiklegenden präsentierten bei „Rock meets Classic“ ihre Hits in neuem Gewand

15.04.2024 | Stand 15.04.2024, 5:00 Uhr

Weißwürste und Weißbier zum Frühstück? Kein Problem für den Briten John Helliwell (rechts) von „Supertramp“ mit Jesse Siebenberg (links) Fotos: Robert Torunsky

Zahlreiche Musiklegenden präsentierten bei „Rock meets Classic“ ihre Hits in neuem Gewand.

Die Frage „Rente mit 67 oder mit 69?“ stellt sich bei Künstlern nicht. Zum Glück, denn am Samstagabend durften sich die Fans von „Rock meets Classic“ (RmC) in der gut gefüllten Donau-Arena gleich über mehrere Legenden freuen, die bereits in ihren Siebzigern sind. Paul Shortino (unter anderem „Quiet Riot“) und Midge Ure („Visage“ und „Ultravox“) werden heuer beide 71, John Helliwell („Supertramp“) und Russ Ballard feiern im Lauf des Jahres ihren 79. Geburtstag. Flankiert wurden die gut gealterten Weltstars mit dem 65-Jährigen Robert Hart („Manfred Mann’s Earth Band“) und Tarja Turunen („Nightwish“), die von allen Genannten – auch in Sachen Talent – die Tochter sein könnte.

In Szene gesetzt wurden die Rockgrößen allesamt von Musical Director Nina Müller, die in der großartigen RmC-Band auch die Keyboards spielt. Das beeindruckende Orchester, „The RmC Symphony Orchestra“, führten Dirigent Mario Gebert und Orchesterleiter Pawel Jurys. Eine herausragende Bedeutung hat auch der hochdekorierte Chor: Sarah Fox, Gabriela Guncikova, Giorgia Colleluori sowie Alessandro Del Vecchio und Peter Keller stehen außerhalb von RmC musikalisch auf eigenen Beinen. Ihre Stimmen, gepaart mit Band und Orchester, hätten schon als exzellente Coverband ausgereicht.

Jungspund unter Best Agern

Aber RmC bringt seit seiner Premiere im Jahr 2010 die Original-Stars respektive (Ex-)Mitglieder von bekannten Bands auf die Bühne. Peter Keller, nicht nur Solokünstler und Gitarrist von Peter Maffay, sondern auch preisgekrönter Produzent von Acts wie „a-ha“ und Laith Al-Deen, führte als „Dieter Thomas Heck des Rock’n’Rolls“ (Lisa Müller) charmant durch den Konzertabend. Den Anfang nach dem stimmungsvollen Intro machte Paul Shortino, der zum ersten Mal bei der beliebten Konzertreihe, die am 3. April 2025 erneut in Regensburg Halt machen wird, mit von der Partie war.

Shortino gab die neu arrangierten Songs „Metal Health“ und „Stay with me tonight“ zum Besten. Ihm folgte mit Robert Hart, der Jungspund der „Best Ager“-Riege. Der Brite startete mit „Days on the road again“ und sorgte mit seinem Bob-Dylan-Cover „Quinn the Eskimo („The Mighty Quinn“) dafür, dass sich die Zuschauer zum ersten Mal begeistert von ihren Sitzplätzen erhoben.

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„Startnummer drei“, um es mit Dieter Thomas Heck zu sagen, war dann Midge Ure. Der zum Ritter geschlagene Schotte hatte im MZ-Interview vor dem Konzert schon Einiges verraten. „Der Typ, der für seine Synthesizer-Musik bekannt ist“ (Ure) bewies eindrucksvoll seine Aussage, dass seine Popsongs als „Rock-Orchester-Version super funktionieren“. Nach „If I was“ war das besonders deutlich bei „Vienna“ zu hören: Der Titel gefiel vielen Zuhörern in dieser Version sogar besser. „Hymn“ und „Dancing with tears in my eyes“ sorgten für Begeisterungsstürme und Ure selbst („Ich hatte ja schließlich viel früher eine Gitarre als Synthesizer“) präsentierte sich bei einem Solo als Meister des Saiteninstruments.
Eine weitere Koryphäe folgte: Russ Ballard kam mit der Empfehlung von über 100 Millionen Alben nach Regensburg, wo er schon vor 20 Jahren aufgetreten war. Der 78-Jährige sorgte als Sänger und Gitarrist für echte Wow-Effekte und wirkte, als ob die Zeit seit seiner letzten Stippvisite in der Oberpfalz stillgestanden hätte. „Voices“, „The fire still burns“ sowie die von ihm geschriebenen Hits „You can do magic“ („America“) und „God gave Rock’n’Roll to you“ („Kiss“) waren sicherlich unter den zahlreichen Höhepunkten des Abends.

Mit glasklarer Stimme

Danach durften Orchester und Band mit einem Medley ohne die Promis ihr Können demonstrieren, bevor John Helliwell und Jesse Siebenberg, Sohn des Original-Drummers, von „Supertramp“ ins Licht traten. Der Opener war „School“ und vor „Breakfast in America“ ließ Helliwell durchblicken, dass er sich morgen sein Lieblingsfrühstück, Weißwürste und Weißbier, gönnen würde. „Give a little bit“ war dann der krönende Abschluss des ersten „Supertramp“-Segments. Bevor der Headliner des Abends, Tarja Turunen ans Mikro durfte, gaben Robert Hart mit „For you“ und Paul Shortino“ mit „Cum on feel the noize“ noch zwei Kracher zum Besten, die vom Publikum lauthals mitgesungen wurden.

„Das einzige Mädchen“ (Keller) war an der Reihe: Die ehemalige „Nightwish“-Sängerin Turunen präsentierte eine glasklare Stimme. Die Sopranistin harmonierte perfekt mit dem Orchester und auch mit Peter Keller, mit dem sie „The Phantom of the Opera“ sang. Das Duett mit Supertramp („The Logical Song“) funktionierte dann nicht ganz so gut, war aber ein Feelgood-Moment und fiel deshalb nicht so ins Gewicht. Zum großen Finale, der Zugabe, sangen dann alle Interpreten gemeinsam den Ballard-Megahit „Since you’ve been gone“ und wurden nach gut zweieinhalb Stunden Konzert ohne Pause vom Publikum frenetisch beklatscht.