Gesellschaft
Infineon zeigt Gesicht: „Regensburger Erklärung“ gegen Rechtsextremismus und für Vielfalt

Der Chipkonzern zeigt Gesicht: „Regensburger Erklärung“ gegen Rechtsextremismus und für Vielfalt

29.02.2024 | Stand 29.02.2024, 17:12 Uhr

Infineon setzt ein Zeichen: Betriebsräte und Unternehmensführung versammelten sich im Regensburger Jahnstadion hinter einem Plakat, das Respekt einfordert. Mit dabei Vorstandschef Jochen Hanebeck (erste Reihe, 4. v.r.). Fotos: Metehan Barut, altrofoto.de, Arda Canipek

Der Chipkonzern Infineon beschäftigt allein in Regensburg Menschen aus etwa 50 Nationen. Nun haben Vorstand und Betriebsräte in Regensburg ein klares Statement gegen Rechtsextreme und für Freiheit veröffentlicht. Die Botschaft ist eindeutig, auch wenn ein Name dabei nicht fällt.



Der Chipkonzern Infineon setzt ein Zeichen gegen Rechtsaußen. Nachdem der Vorstandsvorsitzende Jochen Hanebeck bereits vor einigen Wochen klar Stellung bezogen hat, haben nun die Teilnehmenden der Betriebsräteversammlung nachgelegt – mit einer „Regensburger Erklärung“ gegen Rechtsextremismus. In dieser setzen sich die 105 Teilnehmer (62 Betriebsräte, 43 Unternehmensvertreter) für Demokratie und Diversität ein.

Wörtlich heißt es darin: „Allen Bestrebungen, die sich gegen unser Grundgesetz richten, die die Demokratie sowie die Freiheit der in Deutschland lebenden Menschen gefährden, erteilen wir eine klare Absage und treten solchen Ideen entschieden entgegen. Wir sprechen uns für einen respektvollen Umgang in der Gesellschaft aus, wie wir ihn bei Infineon tagtäglich leben. Alle Mitbürgerinnen und Mitbürger müssen sich in unserem Land sicher fühlen. Dafür stehen wir gemeinsam ein.“

„Remigration ist menschenverachtend“

Der in Regensburg ansässige Konzernbetriebsratschef Johann Dechant erklärte in einem Pressegespräch, die Idee sei entstanden, nachdem Hanebeck bereits offensiv Hass und Ausgrenzung entgegengetreten war: „Nicht verhandelbar sind die Grundwerte unseres friedlichen Zusammenlebens. Hass und Ausgrenzung dürfen in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Die Idee der sogenannten Remigration ist menschenverachtend.“

Nun wollten die Arbeitnehmervertreter die Gelegenheit wahrnehmen, gegen Rechtsaußen Stellung zu beziehen. Diese Gelegenheit bot die zweitägige Betriebsräteversammlung in Regensburg in dieser Woche, bei der alle Betriebsräte der deutschen Standorte und Vertreter der österreichischen Werke zusammenkamen. Die „Regensburger Erklärung“ verdanke ihren Namen allein dem Veranstaltungsort.

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Als der Betriebsrat der Unternehmensführung die Idee zu einer gemeinsamen Erklärung vortrug, habe sich das Management sofort dazu bereiterklärt, berichtet Dechant.

Die Motivation habe sehr viel mit den gesellschaftlichen Diskussionen zu tun. Innerhalb von Infineon spielten Ausgrenzung und Rassismus keine Rolle, sagte Dechant. „Ich bin seit 44 Jahren im Unternehmen. Da gab es nie ein Problem.“ Man lebe die Vielfalt. Die gut 3000 Beschäftigten in Regensburg vereinten etwa 50 Nationen. Der etwa gleich große Standort Dresden komme gar auf 65 Nationen. Gerade in Sachsen verzeichnet die zumindest in Teilen als gesichert rechtsextrem eingestufte AfD großen Zulauf. Allerdings kommt in der „Regensburger Erklärung“ der Name dieser Partei nicht vor. „Wir wollen keine Parteipolitik betreiben“, so Dechant. Vielmehr wolle man als Infineon die Gesellschaft abholen, Menschen zum Nachdenken bewegen.

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Klar sei aber, dass Infineon strikt darauf achte, Rassismus außen vor zu halten. „Das wird nicht geduldet.“ Im Fall des Falles könne das ein Kündigungsgrund sein.

Entsprechend heißt es in der Erklärung auch: „Die Sozialpartnerschaft sowie die Zusammenarbeit bei Infineon sind seit Jahrzehnten geprägt von einem offenen und fairen Umgang mit den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander. Dabei wurde nie unterschieden, welcher ethnischen Herkunft oder Staatsangehörigkeit die Beschäftigten sind, welche Religion oder Weltanschauung und sexuelle Orientierung sowie geschlechtliche Identität sie haben, wie alt sie sind oder ob sie mit einer Behinderung leben. Wir bei Infineon leben Diversität. Seit Jahrzehnten arbeiten bei uns Menschen aus aller Welt friedlich und sehr erfolgreich zusammen. Wir möchten mit unserer Position dazu beitragen, dass das auch in Zukunft weiterhin eine Selbstverständlichkeit sein wird.“

Projekt für Geflüchtete

Unterschrieben ist die Erklärung stellvertretend von der Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Susanne Lachenmann, Konzernbetriebsratschef Johann Dechant, Vorstandschef Jochen Hanebeck und von Personalvorstand Markus Fink.

Infineon wirke aktiv mit, etwa Geflüchtete zu fördern. So gibt es in Regensburg ein Projekt gemeinsam mit der Agentur für Arbeit und dem Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft, bei dem jedes Jahr sechs Teilnehmer in Teilqualifizierungen aufgenommen werden. Diese münden in zwei zusätzlich geschaffenen Ausbildungsplätzen. Beim bundesweit ausgelobten Fachkräftepreis kam man damit bei etwa 500 Bewerbungen unter die drei Nominierten.

Gesicht zeige das Unternehmen beim Regensburger Christopher Street Day (CSD). Dechant: „Wir sind im vergangenen Jahr sichtbar als Infineon-Vertreter mitgegangen, mit Flaggen, Hut und T-Shirt.“ Das werde heuer wieder geschehen – mit Unterstützung des Unternehmens. Das gelte auch für andere Standorte.