Kommentar
AfD bei jungen Wählern beliebt: Gefährliche Wissenslücke – Wer übernimmt Verantwortung?

18.01.2024 | Stand 19.01.2024, 16:00 Uhr

− Foto: Daniel Pfeifer

Die AfD ist geschickt auf den Tik-Tok-Zug aufgesprungen und kombiniert im dort üblichen Stil Belangloses mit Komplexem – bevorzugt schlichte Antworten auf schwierige Fragen.

Bei der bayerischen Landtagswahl 2023 waren 16 Prozent der AfD-Wähler unter 25. Beachtlich, wenn man bedenkt, dass 2018 noch die Grünen bei jungen Wählern dominiert haben. Die Gründe sind vielfältig. Multiple Krisen, unsichere Zeiten und die Nachwehen der Corona-Pandemie spielen eine große Rolle. Aber das ist nicht alles. Eine Studie der Columbia University hat ergeben: Sechs von zehn Lesern teilen Artikel, ohne sie vorher gelesen zu haben. Weil vor allem Boulevard-Medien häufig auf sensationsgetriebene und stigmatisierende Überschriften setzen, vermitteln sie überspitze Halbwahrheiten und befeuern die teils populistischen und emotional aufgeladenen Behauptungen der AfD. Dass reißerische Überschriften aber viel zu oft nicht den Kern des Textes wiedergeben, ist vielen Lesern offenbar (noch) nicht bewusst.

Einen noch größeren Einfluss haben soziale Medien. Die chinesische Plattform TikTok boomt seit Jahren. Vor allem 15- bis 25-Jährige sind hier unterwegs. Kurze Videos beschäftigen sich mit Belanglosem sowie komplexeren Themen. Die AfD ist auf diesen Zug aufgesprungen. Als Partei verbreiten sie ihre politischen Inhalte über Ausschnitte ihrer hitzigen Debatten im Bundestag. Gleichzeitig veröffentlichen einzelne AfD-Mitglieder und Abgeordnete „lustige“ Videos über die zugegeben teils stümperhaften Entscheidungen der Bundesregierung oder unglückliche Aussagen einzelner Politiker. Sie geben einfache und kurze Antworten auf komplexe Fragen. Für die AfD geht die Rechnung auf, denn TikTok funktioniert letztendlich wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung: Der Algorithmus bestätigt eine Meinung, die er in vielen Fällen selbst gesät hat.

Social Media Plattformen wie TikTok werden in den kommenden Jahren kaum kleiner werden. Allein bis 2026 prognostizieren Experten einen Anstieg von drei Millionen auf 1,97 Milliarden TikTok-Nutzer. Und was jetzt? Ein Patent-Rezept gibt es nicht, aber trotzdem muss etwas passieren. Aufklärung ist das Stichwort – Eltern sowie Schulen müssen Verantwortung übernehmen. Es geht um politische Bildung, aber noch viel mehr um die Kompetenz bei Mediennutzung. Doch wer zur Hölle beherrscht den richtigen Umgang mit TikTok?