Kontrollen im Straßenverkehr
Bayern soll kein Paradies für Kiffer werden: Staatsregierung gründet Cannabis-Polizei

12.03.2024 | Stand 15.03.2024, 19:00 Uhr

Die Staatsregierung will Kiffern in Bayern das Leben schwer machen. Dafür wird eine Kontrolleinheit beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gegründet. − Foto: imago

Mit Zähnen und Klauen wehrt sich die Staatsregierung gegen die von der Bundesregierung beabsichtigte Cannabis-Legalisierung: Wo immer es einen Möglichkeit gibt, so hat es das Bayern-Kabinett am Dienstag angekündigt, werde man die Freunde des Hanf-Gewächses ordentlich in die Mangel nehmen.



Die Legalisierung sei „schon im Denkansatz falsch“, wetterte am Dienstag Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU), das Gesetz sei „falsch gedacht und falsch gemacht“, ein wahres „Bürokratiemonster“, der gesamte Vorgang „grotesk“, über dem Cannabis-Gesetz „liegt kein Segen“, es sei „ein politischer Sündenfall“, ein „Kontrollverlust mit Ansage“, die Macher hätten „romantische Vorstellungen“, so Herrmann weiter, aber „Bayern wird kein Paradies für Cannabis-Nutzer“ und kein „Eldorado für Kiffer“.



Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) assistiert pflichtbewusst: „Bayern wird kein lauschiges Plätzchen zum Kiffen.“ Das mit dem „Plätzchen“ war vermutlich geografisch gemeint – schließlich gibt es auch Cannabis-Kekse, deren Wirkung dem des Kiffens, also Rauchens, durchaus nicht unähnlich sein soll.

„Damit sich da keiner sicher fühlt“



Jedenfalls, so der Tenor der beiden nach der Kabinettssitzung am Dienstag, werde Bayern alles tun, „damit sich da keiner sicher fühlt“ – neben der Gründung einer Art Cannabis-Polizei beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) werde die reguläre Polizei die geltenden Grenzwerte für die Teilnahme am Straßenverkehr laut Innenministerium „so streng wie möglich“ kontrollieren und die Kreisverwaltungsbehörden rigoros darauf achten, dass Konsumverbotszonen, etwa im Umkreis von Kitas und Schulen, eingehalten würden.

Angesichts der strengen Grenzwerte für Cannabis im Blut (derzeit laut ADAC 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum) „darf man sich nicht wundern, wenn Führerscheine eingezogen werden“, sagte Florian Herrmann am Dienstag – und es klang, weniger wie eine Analyse und mehr wie eine Ankündigung. Nur am Rande bemerkt: Dieser aktuelle THC-Grenzwert weist laut ADAC lediglich auf einen Cannabis-Konsum hin – lasse aber keinen „zwingenden Rückschluss auf eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung“ zu. Experten rieten dem Gesetzgeber deshalb, die Grenzwerte zu erhöhen – auf einen „wie bei Alkohol unzweifelhaften Grenzwert“, so der ADAC. Herrmann indes klang so, als ließe er den Grenzwert am liebsten wie er ist – schließlich seien wegen des Cannabis-Konsums zahlreiche zusätzliche Autounfälle zu erwarten.7

Cannabis-Präventionsarbeit an weiß-blauen Schulen



Gesundheitsministerin Gerlach kündigte am Dienstag zudem an, dass es an den weiß-blauen Schulen zusätzliche Cannabis-Präventionsarbeit geben solle: Seit Ende 2023 habe es bereits in rund 550 Schulklassen im Rahmen von Workshops Aufklärungsarbeit gegeben. Ziel sei, dies künftig im Lauf der Jahrgangsstufen 8 bis 10 flächendeckend anzubieten. Wo sich an den Schulen Zeitfenster dafür ergeben – zuletzt gab es im Rahmen der Stärkung des Deutsch- und Mathematikunterrichts ja Befürchtungen seitens der Politik, dass der Religionsunterricht an den Schulen zu kurz kommen könnte, und seitens der Schulfamilie, dass der Musik- und Kunstunterricht zu kurz kommen könnte – darauf ging die Gesundheitsministerin am Dienstag nicht ein.

Schließlich wies Herrmann noch darauf hin, dass die Staatsregierung wegen der geplanten Lockerung einen „erheblichen Mehraufwand für die Gerichte und Staatsanwaltschaften“ befürchtet. Hierbei stellt sich allerdings die Frage, ob das an der Berliner Legalisierung liegt – oder an der „möglichst restriktiven Auslegung der Gesetzes“ in Bayern, das die Staatsregierung ja selbst angekündigt hat.

Gesetz im Bundesrat wohl nicht zustimmungspflichtig



Dass sich die Legalisierung noch stoppen lässt, hält die Staatsregierung – trotz des von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erwogenen Klage – nicht für sehr wahrscheinlich. Sie sehe nach einer Prüfung durch ihr Ministerium keine juristische Möglichkeit, die Legalisierung auf dem Klageweg zu stoppen, etwa vor dem Bundesverfassungsgericht. Zudem sei das Gesetz im Bundesrat wohl nicht zustimmungspflichtig, so Gerlach.

Allerdings gehe man davon aus, dass die Legalisierung europarechtswidrig sei – „aber da sind wir nicht direkt vorlageberechtigt“. Hier sei lediglich eine Einzelfallentscheidung vor dem Verwaltungsgericht möglich.