6,1 Prozent mehr Straftaten in 2023
Kriminalstatistik Oberpfalz: Mehr Diebstähle, mehr Gewalt von Kindern

19.03.2024 | Stand 20.03.2024, 6:16 Uhr

4227 Ladendiebstähle registriert die Oberpfälzer Polizei im vergangenen Jahr. Sie machen 30,7 Prozent der gesamten Diebstahlsdelikte aus. Foto: dpa

Die Kriminalität in der Oberpfalz ist 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 6,1 Prozent gestiegen – um 2544 auf nun 44.523 Straftaten.



Polizeipräsident Thomas Schöniger und der Leitende Kriminaldirektor Michael Danninger vermeldeten am Dienstag die neuesten Zahlen. Der Regierungsbezirk nähere sich wieder dem Vor-Corona-Niveau, ordnete Schöniger die Ergebnisse ein. Zu beachten sei, dass sich die Bevölkerungszahl im Regierungsbezirk gleichzeitig um etwa 17000 Menschen erhöht habe. Trotz des Anstiegs der Fallzahlen lasse es sich in der Region aber „gut und sicher leben“.

Polizei spricht von „ernster Entwicklung“



Vor allem ein Wert sticht jedoch negativ heraus: Die Zahl der Gewalttaten, die von Kindern und Jugendliche verübt worden sind, schraubt sich nach oben. Danninger spricht von einer „ernsten Entwicklung“, auch wenn die Jugenddelinquenz „in der Regel episodenhaft“ sei und mit dem Heranwachsen wieder nachlasse. 204 Jugendliche standen im vergangenen Jahr unter Tatverdacht (plus 16,6 Prozent). Darunter fällt auch der Messerangriff eines 14-Jährigen am Regensburger Bezirksklinikum im Oktober – er war dort wegen Phantasien zu einem Schulmassaker in Behandlung. Ein siebenjähriger Bub überlebte die Attacke nicht und starb im Krankenhaus, ein Mitarbeiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie wurde schwer verletzt. Sogar noch höher ist der Anstieg der Gewalttaten von Kindern – um 73,5 Prozent auf nun nun 85 Fälle. Es geht um teils schwere Körperverletzungen, auch mit mehreren Tätern. Der Großteil der Beteiligten war zwischen 12 und 13 Jahre alt.

Zentrale Kriminalitätsfelder im Überblick:

• Tötungsdelikte: Die Oberpfälzer Polizei ermittelte 2023 in 36 Fällen – ein Rückgang von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Darunter fallen sechs Morde und 12 Fälle von Totschlag. Bei den weiteren Delikten handelt es sich unter anderem um gefährliche Körperverletzungen mit Todesfolge oder fahrlässige Tötungen.

Rohheitsdelikte: In dieses Spektrum fallen beispielsweise Körperverletzungen, Nötigungen und Bedrohungen. In der Oberpfalz zählen 18,1 Prozent der Straftaten zu dieser Kategorie – konkret sind es 8080. Ein Anstieg um 10,5 Prozent oder 768 Fälle im Vergleich zum Vorjahr.

Sexualdelikte: Insgesamt 1046 Fälle wurden 2023 im Regierungsbezirk registriert – das sind 196 oder 15,8 Prozent weniger als im Vorjahr. Bei der Verbreitung pornographischer Erzeugnisse sank die Zahl der Delikte um 27,5 Prozent auf 489 Fälle – die Aufklärungsquote liegt hier bei 90,7 Prozent.

• Diebstähle: Den größten Anteil der Delikte machen mit 28,9 Prozent und 12855 Fällen die Diebstähle aus (plus 1984 oder 18,3 Prozent). Die Ladendiebstähle sind mit 4227 Delikten davon der größte Posten. Der Anstieg im Vergleich zum Vorjahr beträgt 992 Fälle oder 30,7 Prozent. Für bundesweite Schlagzeilen hatte im Dezember eine Serie bei Edeka im Regensburger Donaueinkaufszentrum gesorgt. Viele der Tatverdächtigen hatten Migrationshintergrund.

Wohnungseinbrüche gehören zur gleichen Deliktskategorie: Hier wurden 2023 insgesamt 219 Fälle verzeichnet (plus neun Prozent) – in 118 Fällen blieb es aber zum Glück nur beim Versuch, die Täter zogen ohne Beute ab. Die Aufklärungsquote von Einbrüchen stieg übrigens von 24,9 Prozent im Jahr 2022 auf nun 32 Prozent.

Drogendelikte: Im Bereich Rauschgift wurden im vergangenen Jahr 4402 Straftaten erfasst. Das bedeutet einen Rückgang um 236 Delikte (sechs Prozent). Bei der größten Zahl der Verstöße (2874) war Cannabis im Spiel. 411 Fälle hatten mit Methamphetaminen wie Crystal Meth zu tun, 348 mit Amphetaminen, 201 mit Kokain und 176 mit Heroin. Die Zahl der Drogentoten lag im Regierungsbezirk bei 25 – im Vorjahr waren es noch 30 gewesen.

Straftaten von Ausländern: Die Zahl der Tatverdächtigen ohne deutschen Pass ist von 7184 auf 8431 und damit auf nun 37,6 Prozent angestiegen. Darunter fallen auch Delikte von Zuwanderern: Sie machen einen Anteil von 13,5 Prozent an allen Tatverdächtigen aus, die Zahl ist um fast 1000 auf 3027 gestiegen. Rund ein Drittel der Taten sind Diebstähle: 1601 Fälle bedeuten ein Plus im Vergleich zum Vorjahr von 165,5 Prozent. Rohheitsdelikte umfassen 1091 Fälle oder 22,4 Prozent – ein Plus von 40,4 Prozent. Sexualdelikte schlagen sich mit 2,7 Prozent bei konkret 129 Fällen in der Statistik nieder – ein Anstieg im Vergleich zu 2023 um 43,3 Prozent. Verstöße von Ausländern gegen das Aufenthaltsrecht werden übrigens separat erfasst. Danninger warnte angesichts der Kriminalitätsentwicklung im Ausländerbereich bei der Pressekonferenz vor Generalisierungen und dem Verfestigen von Stereotypen. Die Zahlen seien für die Polizei vielmehr Grundlage für differenzierte Analysen, um effektive Maßnahmen zu entwickeln.

Taten im öffentlicher Raum: Von den insgesamt 44.523 Straftaten in 2023 ereigneten sich 29181 und damit 65,4 Prozent im öffentlichen Raum – ein Plus von 2639 und damit 2,2 Prozent im Vergleich zu 2022. Diebstähle machen mit 32,9 Prozent auch hier den Großteil der Fälle aus, außerdem Rohheitsdelikte (15,7 Prozent). Der Anteil an Vermögens- und Fälschungsdelikten liegt bei 13,2 Prozent.

• Call-Center-Betrug: Darunter fällt auch der sogenannte „Enkeltrick“ mit Schockanrufen bei Großeltern, um unter Vorgaukeln von Notlagen ihrer Enkel Bargeld zu erbeuten. Ähnlichen Maschen werden über Messengerdienste versucht. Die Gesamtzahl der Taten in diesem Bereich ist 2023 um 32,6 Prozent auf 1507 zurückgegangen.

• Reichsbürger: Ende 2023 hatte die Oberpfälzer Polizei 340 Menschen aus der Reichsbürgerszene im Blick, ein Plus von 8,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Von ihnen wurden 26 Straftaten verübt – im Vorjahr waren es noch 63 gewesen. Das Spektrum der Delikte reicht von versuchter Erpressung oder versuchter Nötigung bis zu Bedrohung, Beleidigung und Verleumdung.

Bayernvergleich: Kennziffer sind die Fälle pro 100.000 Einwohner. Unter den größeren Städten sticht Regensburg in diesem Punkt heraus. 2023 stieg der Wert hier auf 8895. Bamberg liegt hochgerechnet bei 8137, Würzburg bei 8015. Fürth bildet mit 4684 das Schlusslicht. Unter den Polizeipräsidien liegt München mit 5402 deutlich vorne, Niederbayern bildet mit 3345 das Schlusslicht. Die Oberpfalz rangiert mit 3927 im Mittelfeld. Der bayerische Durchschnittswert beträgt übrigens 4361.

• Aufklärungsquote: „Das Entdeckungsrisiko ist für Straftäter in der Oberpfalz hoch“, sagt Polizeipräsident Schöniger. 69,7 Prozent der Straftaten konnten 2023 aufgeklärt werden. Trotz eines Rückgangs von 0,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr spricht das Polizeipräsidium von einem weiterhin „hohen Niveau“. Zum Vergleich: bayernweit liegt der entsprechende Wert bei 65,2 Prozent.

• Tatverdächtige und Opfer: Bei den Tatverdächtigen liegt der Männeranteil bei 77,1 Prozent, der Frauenanteil dementsprechend bei 22,9 Prozent. Bei den Opfern liegt der Anteil der Männer bei 61,7 Prozent, der Anteil der Frauen bei 38,3 Prozent.

• Einsatzzahlen: Die Oberpfälzer Polizei stemmte 2023 insgesamt 156487 Einsätze – ein Plus von 12.327. Das bedeutet ein Zehn-Jahres-Rekordhoch. Über die Notrufnummer 110 gingen 122.160 Anrufe bei der Einsatzzentrale ein – auch hier ist ein Anstieg zu verzeichnen und zwar um 6,9 Prozent. Der Freitag bleibt der Tag, an dem die Polizistinnen und Polizisten am stärksten gefordert sind, am Sonntag kehrt noch immer auch bei Kriminellen vergleichsweise Ruhe ein.

Regensburger Hauptbahnhof: Die Straftaten im Bahnhofsareal waren bei der Präsentation der Oberpfälzer Statistik nur kurz Thema – sie werden an diesem Mittwoch bei einer separaten Pressekonferenz der Regensburger Polizei detailliert beleuchtet. Schöniger bezog aber zum Gefühl der Unsicherheit von Passanten Stellung. Gruppen von Alkohol konsumierenden jungen Männern sorgten am Bahnhof für gewisses Unbehagen, „nur durch ihre Anwesenheit, ohne dass es zu Straftaten kommt oder kommen muss“. Gefühlte oder tatsächliche müsse nicht in jeder Situation übereinstimmen. „Für uns ist beides wichtig“, sagte er. Sicherheit sei ein Stück Lebensqualität und auch ein wichtiger Standortfaktor. „Wir wollen natürlich, dass sich die Bürgerinnen und Bürger bei uns in der Oberpfalz an jedem Ort, an jeder Stelle sicher fühlen können. Das ist unser Anspruch.“