Special-Olympics-Siegerin
Viel Aufmerksamkeit für die Regensburger Turnerin Luisa Egersdörfer

01.07.2023 | Stand 14.09.2023, 22:16 Uhr

Mama, Papa, Oma, ihr Verein SV Fortuna – und Regensburgs Sportbürgermeisterin Astrid Freudenstein: Beim Empfang am Hauptbahnhof für Special-Olympics-Siegerin Luisa Egersdörfer waren alle da, die wichtig sind. Foto: Christian Brüssel

Luisa Egersdörfer ist ihre Freude nicht immer sofort anzusehen. Jetzt und hier, im Garten bei Mama und Oma in Wenzenbach für einen Augenblick schon. Zu Recht: Schließlich hat sie bei den Special Olympics ordentlich abgeräumt. „Soll ich die Medaillen mal bringen?“, fragt sie – und strahlt über das ganze Gesicht.



Die 21-jährige Turnerin des SV Fortuna hat mehr als einen kompletten Satz Edelmetall von den Special Olympics in Berlin mitgebracht: Neben Gold am Stufenbarren gewann sie noch Silber im Sprung und zweimal Bronze im Mehrkampf sowie am Schwebebalken.

Die Spiele, die aus den USA stammen und einer Idee der Kennedys entsprangen, in deren Familie es auch ein beeinträchtigtes Kind gab, lenkten Aufmerksamkeit in Deutschland auf die Leistungen der geistig beeinträchtigten Sportler. Nie zuvor war bisher eine deutsche Turnerin bei Special Olympics gestartet. Jetzt waren es deren zwei – und es brachte Luisa Egersdörfer im Verbund mit ihrem starken Abschneiden sogar die Ehre ein, bei der Abschlussfeier das Deutschland-Schild tragen zu dürfen. „Es war Wahnsinn, damit durchs Brandenburger Tor zu gehen“, sagt Mutter Sandra Gref.

Überall Kameras, viele Interviews – das war in dieser geballter Form neu – und gleichzeitig anstrengend. Auch beim Gartengespräch geht der scheue Blick nach Fragen immer sofort zur Mutter oder auch zu Oma Inge Schnitt: „Sag du.“ Und nach ein paar Minuten verschwindet sie. „Das ist immer so. Sie wird auch nicht mehr wieder kommen.“ Und genauso ist es auch. „Am wohlsten fühlt sie sich einfach unter Menschen, die auf ihrer Augenhöhe sind“, sagt Gref.

Viele Empfänge warten

Dieser Tage wird Luisa Egersdörfer noch öfter im Mittelpunkt stehen wie vergangenen Dienstag, als Regensburgs Sportbürgermeisterin Astrid Freudenstein sie mit Bekannten und Freunden am Bahnhof empfing. Am Montag lädt Regensburgs Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer die Azubine der Lebenshilfe zum Empfang ins Rathaus. Der Eintrag ins goldene Buch in Lappersdorf, wo Papa Christian wohnt und Luisa arbeitet, steht bevor, und Ministerpräsident Markus Söder und sein bayerischer Sportpreis warten auch.

Die Intensität des Berlin-Erlebnisses mit ausverkauften Tribünen schlug sich auch im Schlafnachholbedarf nach der Rückkehr nieder. „Luisa hat bis Mittag geschlafen und ich bis zehn: Das ist ungewöhnlich für uns“, berichtet Sandra Gref. „Berlin war mit nichts bisher vergleichbar. Die Sportler wurden gefeiert wie Stars.“

Für ihre Tochter ist Sport Lebenselixier. „Ich wüsste nicht, was wäre, wenn Luisa das Turnen nicht hätte“, sagt Gref. „So diszipliniert und ehrgeizig ist sie in keinem anderen Lebensbereich.“ Noch ein Beispiel für Luisas Bewegungsdrang: „Die Eröffnungsfeier war typisch. Da hat sie beim Einmarsch Räder geschlagen. Einfach so. Davon gibt es auch Bilder.“

Schon mit drei dabei

Oma Inge Schnitt, die sich beim SV Fortuna seit Jahrzehnten um Turner kümmert, nahm Klein-Luisa seit ihrem dritten Lebensjahr mit. „Luisa ist ein Wettkampftyp“, sagt sie und sorgte auch für die nötige Absprache mit den Kampfrichtern, um ihr die nötige Anleitung geben zu dürfen. „Turnen ist ja sehr komplex“, sagt Sandra Gref und war erstaunt, wie rasant Luisa, die schon immer auf gut laufen und schwimmen konnte, in der Vorbereitung auf Berlin dazulernte und wie sie sich die Programme einprägte, weil sonst Punktabzug gedroht hätte.

Wobei trotzdem nicht alles Gold ist, was glänzt. „In den Sportverein geht man ja, um Freundschaften zu schließen“, sagt die Mutter. „Luisa hat die definitiv nicht.“ Umso wichtiger sind die Kontakte aus Berlin – wie der mit einer Seglerin am Chiemsee. Und vielleicht entsteht ein internationaler Austausch, etwa mit Norwegen oder Ägypten. „Die Australier haben uns auch eingeladen“, berichtet Gref.

In vier Jahren sind dort die nächsten Special Olympics. „Dann bin ich 84“, lacht Inge Schnitt. Zwischendrin liegen die Winterspiele 2025 von Turin. Denn auch ohne viel Schneetraining hat Luisa Egersdörfer auch dort Edelmetall gesammelt. „Turnen trainiert eben alles“, freut sich die Oma. „Sonst würde sie nicht so auf den Langlaufskiern stehen und hätte nicht diese Armkraft.“