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Wissenschaft statt Tierleid

Es ist Zeit,unzeitgemäße Paradigmen wie Tierversuche infrage zu stellen und zu beenden. Die Bundesregierung muss handeln.

17.07.2020 | Stand 16.09.2023, 4:57 Uhr
Anne Meinert
Biologin Anne Meinert −Foto: PETA Deutschland e.V./PETA Deutschland e.V.

Angesichts der Dringlichkeit, einen Impfstoff gegen Covid-19 zu finden, müssen in der Forschung viele Regularien und Prozesse modifiziert und abgekürzt werden. Die Bundesregierung sollte dies zum Anlass nehmen, unzeitgemäße Paradigmen infrage zu stellen und einen Kurswechsel einzuleiten.

Tierversuche fügen fühlenden Lebewesen unermessliches Leid zu. Sie kosten Zeit, Geld und ihr Mehrwert ist sehr gering, da die Ergebnisse kaum auf den Menschen übertragbar sind. Dabei ist der Umstieg auf tierfreie Forschungsmethoden alles andere als ein Luftschloss, wie man am Beispiel der Niederlande und der USA sieht, die sich für bestimmte Tierversuche ein konkretes Enddatum gesetzt haben.

Ausstieg aus Tierversuchen

Im Mai hat Peta den Research Modernisation Deal veröffentlicht: Dieses Strategiedokument gibt einen praxisnahen Leitfaden zum Ausstieg aus Tierversuchen vor und zeigt, wie alle von einem Paradigmenwechsel profitieren würden. Deutschland hat im Bereich des Schutzes von Tieren in der Forschung einiges aufzuholen, was durch das laufende EU-Vertragsverletzungsverfahren wegen des unzureichenden deutschen Tierschutzrechts besonders augenfällig wird.

Etwa 6,7 Millionen Tiere werden hierzulande jährlich im Namen der Forschung getötet. Mehr als die Hälfte der eigens für Experimente herangezüchteten Tiere wird als „Ausschussware“ entsorgt. Dabei muss man sich vor Augen führen, dass 95 Prozent der in Tierversuchen als wirksam und sicher eingestuften Medikamente am Menschen scheitern. Das übliche Totschlagargument – zur Heilung kranker Menschen einen Kollateralschaden hinnehmen zu müssen – kann vor diesem Hintergrund nicht bestehen. Tierversuche müssen in Bereichen, in denen die Ergebnisse nachweislich nicht auf den Menschen übertragbar sind, sofort aufhören.

Tierfreie Forschungsansätze fördern

Methoden, deren Effizienz bislang unklar ist, müssen sorgfältig evaluiert werden. Fördermittel müssen fortan in innovative, tierfreie Forschungsansätze fließen, um die Wissenschaft aus ihrer Fixierung auf Tierversuche zu befreien und medizinischen Fortschritt zu erzielen. Und nicht zuletzt gilt es, Tieren als leidensfähigen Wesen in der Wissenschaft einen Wert zuzugestehen. Die EU gibt es vor, der Research Modernisation Deal zeigt, wie: Die Bundesregierung muss unverzüglich handeln.

Die Autorin Anne Meinert ist M. Sc. Biologie und Fachreferentin für den Bereich Tierversuche bei Peta.

Die Außenansicht gibt die subjektive Meinung des Autors wieder und nicht unbedingt die der Redaktion.