Konferenz in Regensburg
Städtetag wappnet sich für Klimawandel: Auf Söder wartet ein Forderungskatalog

13.07.2022 | Stand 15.09.2023, 4:22 Uhr
Sommertage mit Troppenhitze heizen auch Ostbayerns Städte auf. Die Rathauschefs arbeiten an Gegenstragien. −Foto: altrofoto.de

Hitzestress. Trockene Sommer. Spielplätze und Parks, in denen Bäume verdorren: Markus Pannermayr, Oberbürgermeister in Straubing und Vorsitzender des bayerischen Städtetags, formuliert am Mittwoch zum Auftakt der Städtetags-Konferenz in Regensburg drastisch, wogegen Bayerns Kommunen neben all den anderen Krisen ankämpfen.

Der Klimaschutz ist Schwerpunkt des zweitägigen Treffens, das inmitten einer neuen Hitzewelle stattfindet. Ministerpräsident Markus Söder, der am heutigen Donnerstag zu Gast ist, wird von Rathauschefs aus 306 Städten und Gemeinden erwartet, die an Bayern und den Bund ein Bündel an Forderungen haben. Pannermayr mahnt, dass Klimaschutz eine Pflichtaufgabe ist, die vom Staat verlässlich finanziert werden muss und sich nicht allein aus Förderprogrammen speisen darf. „Die Aufgabe ist zu wichtig, als dass es am Geld scheitern darf.“

Fachkräftemangel bremst

Söder trifft in Regensburg auf Kommunen, die sehr bereit sind, die Aufgaben anzupacken. „Aber wir sind auch der Überzeugung, dass die Rahmenbedingungen noch nicht passen“, sagt Pannermayr. Zwingend ist für den CSU-Politiker ein nationales Gesamtkonzept, damit Städte und Gemeinden passgenaue Lösungen liefern können. Es brauche beispielsweise exakte Antworten, welche Rolle Wasserstoff spielen wird. Städtetagsvize Thomas Jung (SPD), der in Fürth Oberbürgermeister ist, rückt den dringend nötigen und sehr teuren Netzausbau in den Städten in den Fokus. Denn neue regenerative Energie müsse auch verteilt werden, um den allein wegen der E-Mobilität steigenden Stromverbrauch zu decken. In Fürth ist etwa auch ein neues Umspannwerk nötig. Sorgen bereitet allen Rathauschefs der Fachkräftemangel: Er kann die Energiewende empfindlich bremsen.

Beim Klimaschutz starten die Kommunen nicht bei Null. Bayerns Städte sind aber in unterschiedlichem Tempo und mit teils verschiedenen Schwerpunkten unterwegs. Drei Beispiele aus Ostbayern:

Amberg:Die Stadt kann im Bereich Klima mit ihrem rund 2000 Hektar großen Stadtwald punkten. „Wir sind eine der größten Waldbesitzer Nordbayerns“, sagt Oberbürgermeister Michael Cerny (CSU). Wälder sind CO2-Speicher, haben zudem zentrale Funktion beim Wasserkreislauf. Amberg habe seit mehreren Jahren ein Klimaschutzkonzept, schreibe es kontinuierlich fort. Cerny sieht zwei Hauptaufgaben: Das klimaschützende Erzeugen regenerativer Energien sowie den Schutz vor den Folgen des Klimawandels mit sehr starken Hitzeperioden. „Da sind wir noch nicht so weit, wie beim Energiesparen“, sagt er. Schon jetzt hat man aber das Mikroklima im Blick, damit sich die Stadt nicht zusätzlich aufheizt. „Wir versuchen, bestimmte Luftschneisen freizuhalten, damit der Wind durchzieht“, sagt der OB. Die Dach- und Fassadenbegrünung gewinnt an Bedeutung. Auch für kühles Nass ist gesorgt: Cerny verweist auf den Brunnen auf dem Rossmarkt, durch den an Tropentagen Kinder tollen. Bei Bauprojekten sind erneuerbare Energien – etwa ein Blockheizkraftwerk – inklusive. Alle Straßenlaternen der Stadt sind auf LED umgestellt. Es gibt auch eine städtische Klimaschutzmanagerin: eine Fachfrau für Förderprogramme vom Lastenfahrrad bis zur Heizungspumpe.

Regensburg:In der Oberpfälzer Bezirkshauptstadt werden im Bayernvergleich überdurchschnittlich viele Hitzetag gezählt. Aktuell sind viele zusätzliche Gegenmaßnahmen in Planung: Das neue Konzept für Hitzemanagement mit zehn Schlüsselstrategien soll am 21. Juli ein Stadtratsbeschluss fallen. Stadtverwaltung, Parteien, Verbände und Initiativen haben gemeinsam daran gearbeitet. Es folgt der Strategie: Beschatten, Bewässern, Begrünen und Durchlüften. Es geht beispielsweise um mehr Bäume, Sprühnebelbrunnen und – wie in Amberg – um Luftschneisen. In Flächennutzungsplänen sollen „Klima-Handlungsräume“ ausgewiesen werden.

Straubing:OB Pannermayr setzt unter anderem auf eine Mobilitätswende. „Wir sind dabei, den kompletten ÖPNV auf Biomethan umzustellen.“ Carsharing soll „das zweite Auto in Familien überflüssig machen“. Für Bauherren, die bei großen Projekten Carsharing-Stützpunkte einplanen, wird die Stellplatzverpflichtung gelockert. Parallel werde das Radwegenetz ausgebaut – etwa entlang des renaturierten Allach-Bachs, der quer durch die Stadt führt und damit auch Luftschneise ist. Straubing hat sogar eine eigene Fahrradbeauftragte. Von der Städtetagskonferenz verspricht sich Pannermayr viele Inspirationen. In allen Rathäusern werde gerade um Klimaschutz gerungen.

Infos und Fakten zur Städtetagskonferenz

Grundsatzpapier:Diskussionsgrundlage bei der Städtetagskonferenz in Regensburg ist ein 62-Seiten-Papier zu „Städten im Klimawandel“, das allein auf sechs SeitenForderungen an Bund und Freistaat auflistet. Kernpunkt: Klimaschutz muss nachhaltig und unbürokratisch finanziert werden. Auch kommunale Töchter müssten gefördert werden.

Tagungsprogramm:Ministerpräsident Markus Söder ist am Donnerstag bei der Konferenz zu Gast. Die Rathauschefs schicken ihm das Signal, dass es zügig verlässliche Rahmenbedingungen für Klimaschutz braucht. Auch die Energiekrise soll zur Sprache kommen. Die stark steigenden Preise für Heizung und Strom bergen aus Sicht der Rathauschefs große soziale Sprengkraft.

Städtetag:Der bayerische Städtetag ist die Interessenvertretung von 306 Städten und Gemeinden. Vorsitzender ist seit 2014 der Straubinger OB Markus Pannermayr. Der 51-jährige CSU-Politiker hat zwei Vizes zur Seite: den Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) und den 1. Bürgermeister von Weilheim, Markus Loth (Bürger für Weilheim).