REISE-REPORTAGE
Radeln mit Ausblick: Mallorcas vielseitige Routen

03.05.2024 | Stand 03.05.2024, 19:00 Uhr

Rennradfahrer lieben Mallorca schon lange – so wie hier im kleinen Ort Randa im Inselinneren.

Milde Temperaturen, Zitronenbäume und den Meerblick immer voraus: Rennradfahrer haben Mallorca schon lange für sich entdeckt. Jetzt will man eine weitere Gruppe auf die Insel locken: die E-Biker.

„Hat alles geklappt?“, fragt Adrian Gaviria und greift geübt zu Sattel und Lenker. Dass das Elektrobike über und über voll ist mit Schlammspritzern lässt der 48-jährige nahezu unkommentiert. Er lacht nur, und seine weißen Zähne leuchten neben seiner braun gebrannten Gesichtshaut, die schon jetzt, Ende April, wie im Hochsommer aussieht. Drei Striche zeigt der Fahrrad-Akku noch an nach knapp 50 hügeligen Kilometern.

„Es war ein bisschen nass zwischendurch“, liefern schließlich die Radfahrer die Erklärung für ihre verschmutzten E-Bikes. Schutzblech und Radtasche sind jetzt schlammbraun statt schwarz. Das kann schon mal passieren im April hier auf Mallorca. Dann verwandeln sich einige Fahrradstrecken in teils schlammige Pisten. „Das ist aber eher die Ausnahme“, sagt Adrian, der seit vielen Jahren Fahrräder auf der Insel verleiht.

Im Frühjahr sind fast alle Leihräder vergriffen

An den meisten Tagen im Frühjahr nämlich gibt es ungetrübten Sonnenschein, milde Temperaturen, kitschig schöne Küstenblicke und Routen vorbei an Zitronenbäumen und Schafweiden. Und diese verlockende Kombi wollen natürlich viele: „1500 Leih-Räder haben wir mittlerweile in der Firma“, erzählt Adrian. Von Jahr zu Jahr wurden es mehr. „Vor allem Rennradfahrer kommen auf die Insel“, sagt der 48-Jährige. Sie zieht es ins Tramuntana-Gebirge, im Westen der Insel. Auf engen und spektakulären Serpentinenstrecken kämpfen sie sich dann die Höhenmeter nach oben und teilen sich so manch enge Passage mit Autos, die mangels Überholmöglichkeit hinterhertuckern.

In den vergangenen Jahren kam aber noch ein entscheidendes Radler-Segment dazu: „Die E-Bike-Fahrer. Da haben wir stark aufgerüstet“, erzählt Adrian. So haben sie mittlerweile 60 Elektro-Fahrräder zur Ausleihe. Und in den beliebtesten Monaten sind diese und auch alle 1500 anderen Räder der Firma komplett vergriffen. „Vor allem März, April und Mai sind die absoluten Lieblingsmonate für Fahrradfahrer, danach wird es meistens schon zu heiß“, ergänzt Alejandro, der Sohn von Adrian. Der 28-Jährige lebt mittlerweile in Berlin. Eigentlich. „Denn aktuell ist so viel los, da helfe ich hier für ein paar Wochen meinem Papa.“

300000 Radfahrer zieht’s jedes Jahr auf die Insel

Seit 23 Jahren hat sich sein Vater Adrian dem Fahrradverleih auf der Insel verschrieben. Gebürtig kommt er aus Kolumbien – und fährt natürlich selbst leidenschaftlich gerne Rad. „Am liebsten Gravelbike“, schwärmt der 48-Jährige von der Mischung aus Rennrad und Mountainbike.

Die Fahrradverleiher auf Mallorca haben nichts zu jammern: Rund 20 Prozent Zuwächse konnten sie teilweise im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen. „Bis zu 300000 Menschen kommen jährlich zum Radfahren auf die Insel“, sagt Frank Mittelbach. Auch er selbst sitzt häufig im Sattel: Der Wahl-Mallorquiner lebt mit seiner spanischen Frau und den gemeinsamen Töchtern im Inselinneren und bietet neben Wanderungen vermehrt auch Radtouren an. „Auf dem Rad erlebt man die Landschaft noch einmal ganz anders“, erzählt Frank, der fließend Spanisch spricht. Auch er hockt mittlerweile häufig auf dem E-Bike. Gerade bergigere Etappen schnupft man da leichter. Die Pause mit Pamboli – dem mallorquinischen Knoblauch-Olivenöl-Tomaten-Brot – hat man sich aber so oder so verdient.

Wo man im Sommer nur mit dem Fahrrad hinkommt

„Manche Ziele erreicht man außerdem nur mit dem Rad“, schwärmt der 65-Jährige. Zum Beispiel das bekannte Cap Formentor im Sommer. Die langgezogene Inselspitze im Nordosten Mallorcas mit den steil abfallenden Felswänden ist dann für Autos tabu: Weil es in den vergangenen Jahren zu kilometerlangen Staus auf und vor der einzigen Zufahrtsstraße kam, wird die Straße in den Sommermonaten für Kraftfahrzeuge gesperrt. „Somit können die Radfahrer ungestört ans Cap radeln“, freut sich Frank. Und spätestens hier ist man als Durchschnittssportler dankbar für die Motorunterstützung beim E-Bike.

Aber auch zig andere Radtouren bietet die Insel: Auf Fahrradkarten ist nur ein Teil erahnbar − von steil und anspruchsvoll bis gemütlich. Eine nahezu ebene Strecke ist beispielsweise die Via Verda. Die knapp 29 Kilometer lange Route führt von Manacor nach Artà – und zwar auf einer ehemaligen Bahnstrecke. Die Gleise wurden längst entfernt und durch einen feinschotterigen Radweg ersetzt. Kein Autolärm trübt das Radvergnügen auf dieser Route. Einzig das Blöken der Schafe und Ziegen am Wegrand begleitet einen. Und genau hier kann man sich – nach einem regnerischen Vormittag – eben auch die Schlammverkleidung fürs E-Bike einhandeln.

„Es gibt so viele Routen – da ist immer noch Platz“

Die Via Verda ist noch eher wenig befahren. Auf anderen Routen begegnen einem deutlich mehr Radler. Ist es da mittlerweile schon zu viel an sonnenhungrigen Rad-Freunden auf der Insel? „Nein, gar nicht“, sagt Alejandro, der seinen Vater mit dem Fahrradverleih unterstützt. „Es gibt ja so viele Routen auf Mallorca – da ist immer noch Platz.“

Und sowieso: Wer’s ruhiger mag, der kommt einfach im August. Dann hat man den Radweg fast für sich allein – Schwitzen und Sonnenbrand allerdings inklusive.


INFORMATIONEN

Die spanische Baleareninsel Mallorca steht bei deutschen Touristen hoch im Kurs. Im Frühjahr lockt die sonnenverwöhnte Insel viele Radfahrer an.

RADTOUREN & ZIELE

Diverse Radkarten zeigen unzählige Touren auf (meist auf Asphalt und Schotter). Für alle gilt dabei: Auf Mallorca herrscht Helmpflicht!

Im Inselosten: von Canyamel aus mit den Küstenzielen Cala Mesquida oder Cala Ratjada. Toller Ort für eine Rast: Tapas-Restaurant „Nou Segle 12“ in Capdepera.

•Anspruchsvolle Tour (ca. 75 Kilometer): Vom Bergort Randa via Porreres und Manacor nach Canyamel.

Schöne E-Bike-Touren gibt es auch rund um Alaró und Pollença.

Via Verda: reiner Radweg (ehemalige Bahnstrecke), 29 Kilometer, führt von Manacor nach Artà. Schönes Etappenziel: Die Höhle von Artà, am Ende einer spektakulären Strecke (Steilküste).

RADVERLEIH

Auf der Insel gibt es etliche Radverleihe, viele auch mit E-Bikes im Angebot, unter anderem: Spring Cycling in Alcúdia (liefert Räder zum Hotel), Info:
www.springcycling.com.

ORGANISIERTE REISEN
Organisierte (Gruppen-)Radreisen bietet zum Beispiel Wikinger Reisen. Preisbeispiele: „Mallorcas Osten per E-Bike“: 8 Tage ab 1575 Euro (Juni, September, Oktober) oder „Zauberhaft – der Süden“: 8 Tage ab 1355 Euro (Mai, September, Oktober; jeweils mindestens 8, maximal 18 Teilnehmer). Weitere Infos unter www.wikinger-reisen.de.

www.mallorca.eswww.spain.info


Redakteurin Jennifer Jahns radelte mit Unterstützung von Wikinger Reisen auf Mallorca und mochte vor allem die Schafherden am Wegesrand.