Diskussionsrunde
Kaminabend an der OTH in Amberg: Dringender Handlungsbedarf bei der Pflege

12.04.2023 | Stand 15.09.2023, 0:42 Uhr
Bei der Diskussionsrunde wurde deutlich, dass die Herausforderungen der Pflege nur miteinander gelöst werden können. −Foto: Misch, OTH Amberg-Weiden

Wie lassen sich die Herausforderungen der Pflege in der Zukunft meistern? Diese und weitere Fragen wurden beim ersten gemeinsamen Kaminabend „Zukunft Pflege – Sorgende Gemeinschaften als gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ des Bayerischen Landesamts für Pflege und der OTH Amberg-Weiden diskutiert.

Achim Uhl, Leiter des Landesamts für Pflege (LfP), machte laut Pressemitteilung der OTH die Brisanz des Themas deutlich. „Wir steuern von derzeit 580.000 pflegebedürftige Menschen in Bayern auf eine Million im Jahr 2050 zu. Dass sich dafür die Rahmenbedingungen der pflegerischen Versorgung verändern müssen, ist unstrittig“, betonte er. „Die Versorgungspräferenz der Deutschen liegt dabei auf der Pflege zu Hause, dies deckt sich auch mit den Zahlen in Bayern: So werden heute 77 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause betreut, ein Großteil von An- und Zugehörigen“, so Uhl. Somit werde die Bedeutung der Pflege von Angehörigen, aber auch von ambulanten Pflegediensten zukünftig weiter steigen.

Mehr Zeit durch Technologie

Welche Rolle Digitalisierung in der Zukunft der Pflege einnehmen könnte, zeigte Steffen Hamm. Er betonte dabei aber auch, dass dies kein Selbstläufer sei und man diese nicht „einfach hinstellen“ könne. Stattdessen solle man Digitalisierung als Chance sehen, um Versorgungsprozesse, Pflegeansätze und Pflegeinnovationen ganz neu zu denken. Technologie solle dabei nicht ersetzen, sondern entlasten, „damit wieder mehr Zeit für Menschlichkeit bleibt“.

Michael Schneider, Abteilung 3 für pflegefachliche Aufgaben am Landesamt für Pflege, sprach davon, dass digitale Technologien zukünftig mehr als heute Bestandteil des Versorgungsmixes sein und dass soziotechnische System Pflege verändern würden. Dies sei zugleich die eigentliche Herausforderung, denn obwohl viel entwickelt und erprobt wurde, gebe es kaum marktreife Technologien. „Es ist ganz, ganz selten die technische Innovationshöhe, die Produkte am Markt scheitern lässt, sondern es ist viel mehr die organisatorische und prozessuale Passung“, sagte Schneider. Er betonte, dass alle Akteure an der Lösung beteiligt werden müssen.

Agil leben im Alter

Konkret in die Praxis ging es bei den Vorträgen von Angela Schneider und David Rester. Schneider, die stellvertretende Leiterin des Bayerischen Landesamts für Pflege, stellte die Förderrichtlinie „PflegeSoNah“ vor, die dem Wunsch von Pflegebedürftigen nach Selbstbestimmung, Selbstständigkeit und Sicherheit im direkten Wohnumfeld nachkommt. Diese zielt darauf ab, in Bayern eine bedarfsgerechte und flächendeckende, regional ausgerichtete und barrierefreie pflegerische Versorgungsstruktur weiter auszubauen und zu verbessern. Geschaffen werden kann dies zum Beispiel durch die Öffnung vollstationärer Einrichtungen in den sozialen Nahraum oder durch ambulant betreute Wohngemeinschaften, Begegnungsstätten oder andere Einrichtungen.

Wie dies zukünftig aussehen kann, stellte David Rester von der Luce-Stiftung vor. Das Modellprojekt Alia (= Agil leben im Alter) will Altern anders gestalten. Das Ziel: Demografieresilienz und Modell für kleine sorgende Gemeinden, für Hilfe und Pflege und für künftiges Bauen. Dabei seien Bildungsangebote ein zentraler Baustein. Sichtbar werde dies auch bei einem geförderten Bauvorhaben mit Wohn-, Begegnungs- und Pflegeangeboten für einen inklusiven Lebensraum in Weiherhammer. Alia werde getragen von der Innovations- und Verantwortungspartnerschaft aus Luce-Stiftung, dem Verein Sega und der Modellgemeinde Weiherhammer.

Es klappt nur zusammen

Die anschließende Diskussionsrunde mit Bernhard Opolony (Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege), Andreas Meier (Landkreis Neustadt/Waldnaab), Achim Uhl (Landesamt für Pflege), Clemens Bulitta (OTH Amberg-Weiden), David Rester (Luce-Stiftung), Jürgen Spickenreuther (AOK Bayern) und Sandro Galitzdörfer (BRK Kreisverband Weiden und Neustadt/Waldnaab) sowie dem interessierten Publikum zeigte laut Mitteilung der OTH nochmals deutlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Einig waren sich dabei alle, dass es nur miteinander gehen werde.