Projekt
Die Überlebensquote erhöhen

Ab April sollen Ehrenamtliche von der Feuerwehr im Ernstfall Herz-Kreislauf-Notfälle reanimieren.

30.03.2022 | Stand 15.09.2023, 6:25 Uhr
Die Projektpartner mit BRK-Rettungsdienstleiter Dominik Lommer (vorne, Mitte) und eine große Blaulicht-Familie aus dem gesamten Landkreis waren am Mittwoch zur BRK-Kreisgeschäftsstelle in Cham gekommen, um den Startschuss für die Aktion „Herzklopfen“ zu geben. −Foto: Frank Betthausen

Es ist bald 20 Jahre her, da saß Dominik Lommer im Studium über einer Semesterarbeit. Der heutige BRK-Rettungsdienstleiter beschäftigte sich mit der Frage, wie die Überlebenssituation von Menschen im Flächenlandkreis Cham durch Früh-Defibrillation verbessert werden könnte. Jetzt werden seine Ideen von damals Realität.

Sie münden in das Projekt „Herzklopfen“, über das ab 1. April ehrenamtliche Feuerwehrkräfte in ausgewählten Gebieten per Handy-App alarmiert werden, um Menschen bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zu reanimieren. Am Mittwoch stellten das BRK, die Kreisbrandinspektion Cham und die Integrierte Leitstelle Regensburg, die das Konzept als Partner erarbeitet hatten, die Details der Öffentlichkeit vor.

Rettungskette weiter verkürzen

Ziel der Zusammenarbeit ist es, die Rettungskette weiter zu verkürzen und Feuerwehrleute durch Schulungen dazu zu befähigen, in ihren Heimatorten mit dem Defibrillator Hilfe leisten zu können. So soll wertvolle, buchstäblich überlebenswichtige Zeit überbrückt werden, die Rettungsdienste wie das BRK oder die Malteser zur Anfahrt an die Einsatzstelle benötigen.

Wie essentiell es ist, schnell zu reagieren, zeigte Lommer drastisch auf. „Nach zehn Minuten hat man bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand eine Überlebenswahrscheinlichkeit von null Prozent. Und zehn Minuten brauchen wir beispielsweise von Cham oder Bad Kötzting aus nach Zandt.“

Genau hier treten die Kräfte der ortsnahen Feuerwehren auf den Plan. Wie der Rettungsdienstleiter bei der Auftakt-Veranstaltung im Hof der BRK-Kreisgeschäftsstelle in Cham erläuterte, nehmen an dem vorerst auf ein Jahr befristeten Versuch Kameraden aus Arnschwang, Gleißenberg, Großaign, Miltach und Zandt teil. Für den Bereich Neukirchen b. Hl. Blut laufen noch Gespräche mit der Feuerwehrspitze. Die örtliche Bergwacht ist ab 1. April sicher mit an Bord.

Denn: In den genannten Gegenden sollen bei dem Projekt künftig interessierte Ehrenamtliche der Rot-Kreuz-Gemeinschaften hinzustoßen, wie Lommer erklärte. Neben den Bergrettern werden es Mitglieder der Wasserwacht und der Bereitschaften sein, die sich auf freiwilliger Basis einbringen.

Wichtig war es dem BRK-Mann, in diesem Zusammenhang klar einzuordnen: „Wir reden nicht von fünf oder sechs zusätzlichen Helfer-vor-Ort-Standorten.“ Und: Es gehe ausschließlich um Fälle von Herz-Kreislauf-Stillstand und keine anderen Einsatzlagen.

In der Praxis sollen ab April maximal drei Kräfte alarmiert werden. „Auch aus Pietätsgründen“ und mit Blick auf betroffene Angehörige sollen es laut Lommer keinesfalls mehr Beteiligte sein. Die Feuerwehrkameraden erhalten nach seinen Angaben über das BRK und Kreisfeuerwehrarzt Stefan Enderlein eine Grundausbildung, „damit wir qualitätstechnisch auf der sicheren Seite sind“.

Der Rettungsdienstleiter dankte dem Further Allgemeinmediziner in besonderer Weise. Enderlein habe auf Feuerwehrseite den größten Aufwand gehabt. Der stellvertretende BRK-Kreisgeschäftsführer zollte außerdem allen Feuerwehrlern seinen Respekt, die bereit seien, sich beim Thema Früh-Defibrillation einzubringen und sich mit BRK-Aktiven „nicht nur an einen Tisch, sondern auch in ein Fahrzeug zu setzen, um Patienten Hilfe zuteilwerden zu lassen“.

Die Aufgabe sei grundsätzlich gar nicht so einfach. „Ich könnte jetzt nicht so ohne Weiteres löschen“, erklärte er mit einem Augenzwinkern in Richtung der Floriansjünger, die mit Kreisbrandrat Michael Stahl an der Spitze zum BRK gekommen waren, um den Startschuss für die besondere Kooperation zu geben.

Fokus auf breiter Ausbildung

Mit dem Vorhaben, verdeutlichte Lommer, gehe es auch darum, den Fokus wieder auf die Breitenausbildung zu richten. Über die Aktion „Herzklopfen“ sollen nach seinen Worten die Bevölkerung und damit Angehörige oder Nachbarn vor Ort dafür sensibilisiert werden, wie wichtig es sei, selbst lebensrettende Hilfe zu leisten, statt auf den Rettungsdienst zu warten. „Wenn wir einen Menschen mehr pro Jahr retten würden, wäre mein Wunsch schon in Erfüllung gegangen“, sagte Lommer.

Anerkennende Worte fand er bei dem Termin auch für die seit Jahren ehrenamtlich tätige Rot-Kreuz-Aktive Isabell Alt, die das Projekt in ihrer Masterarbeit wissenschaftlich begleiten wird. Manfred Ruß unterstütze die Verantwortlichen bei der Umsetzung der Alarmierung über die Handy-App. Alexander Frey, dessen Firma die Anwendung entworfen hatte, habe für seine Tätigkeit rund um das Projekt keinerlei Geld verlangt, erwähnte Lommer.