Ausstellung
Inszenierte Wirklichkeiten

Zum ersten Mal ist Cham Station einer Ausstellung in der Reihe „Aspekte“ mit Werken ganz unterschiedlicher Künstler.

24.05.2019 | Stand 16.09.2023, 5:44 Uhr
Elisabeth Angenvoort

Kuratorin Anjalie Chaubal mit den Künstlern Peter Engel, Barbara Höcherl und Juliane Ehrenberg (von links) Foto: Chaubal

„Aspekte inszeniert“ lautet der Titel der diesjährigen Ausstellung, die Anjalie Chaubal in Kooperation mit dem Berufsverband Bildender Künstler Niederbayern/Oberpfalz e.V. und der Städtischen Galerie Cordonhaus Cham kuratiert hat.

Nie zuvor, so scheint es, waren Bilder so manipulierbar, war die Realität derart inszenierbar und das Verständnis dessen, was Kunst denn letztlich sei, so beliebig wie in unserer heutigen Zeit. Dass der Mensch ein „Augentier“ ist, hat man vielfach festgestellt, und dieser Umstand bestätigt sich offenbar in der täglichen Überflutung unseres Alltags mit Bildern durch die allgegenwärtigen Medien.

Unser Planet ist von allen Seiten visuell greifbar geworden; das gesamte Universum gibt den Blick auf sich selbst frei, und ehe man sich dessen bewusst wird, blickt man in ein schwarzes Loch und muss sich am Ende die Frage stellen: Was ist eigentlich noch real? „Wahrhaftig oder inszeniert?“ – Dieser Herausforderung stellen sich die acht Künstler mit der aktuellen Ausstellung im Cordonhaus. Es ist der Versuch, die Diskrepanz unserer Welt sichtbar zu machen, die Unvereinbarkeit von Gegebenheiten in Bilder zu fassen und neu zu kombinieren und den Blick letztlich auch auf die Brüche unter der „schönen“ Oberfläche zu lenken, wobei Kunst selbstredend immer auch selbst eine Art der Inszenierung ist.

Unsterbliche Vögel

Eine distanzierte Position nimmt man automatisch ein, betrachtet man das Werk aus der Serie „Birds“ von Barbara Sophie Höcherl. Die in Wörth a. d. Donau geborene Künstlerin setzt mit ihrer Inszenierung von ineinander verwobenen und miteinander wie in Einheit schwebender Vögel ein Zeichen für Achtsamkeit gegenüber der Natur. Die Tiere wurden von ihr selbst präpariert und sind in einer Weise angeordnet, dass sich die Flügel zu bewegenscheinen, „so wie bei toten Vögeln auf der Fahrbahn, deren Flügel vom Wind auf und ab gleiten“, sagt sie- „eigentlich ein abstoßender Anblick“. Doch durch die Positionierung des Werkes in einer „Voliere“ mit drei „Gucklöchern“ in der ansonsten geschlossenen Wand, entsteht der für den Betrachter nötige Abstand, der das Sehen als optische Täuschung leichter macht. Das Thema „Pietät“ gegenüber der Schöpfung ist hier ebenso sensibel wie eindrücklich umgesetzt.

Das Sammeln von Dingen bedingt die Werke Susanne Neumanns. Mit Fundstücken erzählt sie Geschichten, bringt Dinge in scheinbar seltsame Konstellationen und inszeniert so einen neuen Kontext für Momente des Alltags. Im Cordonhaus sind 30 Einzelleinwände zu sehen, die zusammengefügt in Holzrahmen ein komplexes Ganzes ergeben und zugleich wieder verschiedene Blickwinkel öffnen.

Auch Astrid Behrens sammelt: Bilder aus Magazinen werden mit scheinbar absurden Titelzeilen in Kombination mit eigenen Fotos zu tiefsinnig-witzigen Collagen, die nicht nur den jeweiligen Zeitgeist widerspiegeln, sondern durch den zeitversetzten Lauf von Text und Bild in Endlosschleife deren Widersprüchlichkeit verdeutlichen. Diese „starke Arbeit lädt zum Verweilen ein“, wie Chaubal sagt.

Inszenierte Blickwinkel

Florian Gröschl inszeniert Spontaneität, indem er aus vordergründig zufälligen Sprüchen Zeichnungen entstehen lässt. Auf vielen Einzelblättern verbindet er mit ebenso leichten wie schnellen Strichen unzählige Figuren, Symbole und Schriftzüge zu einem ganz individuellen bunten Kosmos.

Eindrucksvoll inszeniert auch Juliane Ehrenberg ihre Sammelleidenschaft: Erinnerungsstücke und Tagebuchnotizen dokumentieren, als Kreuzweg inszeniert, das Leben ihres Großonkels in zehn „Kapiteln“. Es ist ihr Erstlingswerk, eine „souveräne Arbeit“, sagt Chaubal.

„Frauen und Waffen“ setzt Barbara Regner fotografisch in Szene. Auch Birgit Szuba arbeitet mit Fotografien: Vorlagen findet sie in alten Bildern, die durch Wegnahme oder Hinzufügen von bestimmten Elementen, wie zum Beispiel komplizierter Netz-Strukturen, verfremdet werden. Vervollständigt wird die Ausstellung durch die Performance der Tänzerin Sarah Huby (Choreografie: Anna Konjetzky).

Vernissage: Samstag, 25. Mai, um 19 Uhr in der Städtischen Galerie im Cordonhaus; Dauer: Mai bis 30. Juni; Künstler: Astrid Behrens, Juliane Ehrenberg, Florian Gröschl, Barbara Höcherl, Anna Konjetzky, Susanne Neumann, Barbara Regner und Birgit Szuba