Wirtschaft
Käufer rettet insolvente Flabeg in Furth

Die Investment-Gesellschaft Cordet übernimmt den Automobilzulieferer und will alle 200 verbliebenen Arbeitsplätze erhalten.

01.10.2020 | Stand 16.09.2023, 4:29 Uhr
Der Hersteller für Gläser und Spiegel für die Automobilbranche Flabeg in Furth in Wald befindet sich seit Ende Mai in einem Insolvenzverfahren. Nun wurde das Unternehmen verkauft. −Foto: Evi Paleczek

Paukenschlag in Furth im Wald: Der insolvente Automobilzulieferer Flabeg ist gerettet. Insolvenzverwalter Rechtsanwalt Volker Böhm von Schultze & Braun hat den Geschäftsbetrieb der Unternehmensgruppe an einen internationalen Investor veräußert, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Alle der rund 220 verbliebenen Arbeitsplätze in Deutschland sowie der deutsche Produktionsstandort in Furth im Wald bleiben erhalten. Der Investor will den Geschäftsbetrieb von Flabeg in vollem Umfang fortführen.

Erwerber ist die etwa auf Industrieunternehmen spezialisierte Investment-Gesellschaft Cordet mit Sitz in London, Luxemburg und Stockholm. Cordet übernimmt auch alle internationalen Flabeg-Standorte (Frankreich, Ungarn, China, Brasilien, USA). Die Flabeg-Unternehmensgruppe, ein international tätiger Premium-Hersteller für Gläser und Spiegel, beschäftigt zurzeit insgesamt etwa 1100 Mitarbeiter weltweit. Der Vollzug des Kaufvertrages („Closing“) ist für Oktober 2020 geplant. Die Gläubiger haben dem Verkauf bereits zugestimmt. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Flabeg ist „hochattraktives Investitionsziel“

Cordet hat sich europaweit auf Investitionen in mittelständische Unternehmen spezialisiert, die sich in Nischenmärkten bewegen und dort häufig zu den Marktführern gehören. Flabeg zählt weltweit zu den Markt- und Technologieführern für Außen- und Innenspiegelgläser, Display-Covergläser, Head up Display-Komponenten und Instrumentenglas. Das Unternehmen erwirtschaftete zuletzt einen Jahresumsatz von mehr als 85 Millionen Euro.

„Cordet ist ein langfristig orientierter Investor mit internationalem Fokus und Erfahrung in der Automotive-Branche“, sagte Insolvenzverwalter Böhm nach der Unterzeichnung des Kaufvertrages. „Insofern ist Flabeg für Cordet ein hochattraktives Investitionsziel. Flabeg erhält im Gegenzug einen starken Partner, der in der Lage ist, die Zukunftsinvestitionen zu sichern, die erforderlich sind, damit Flabeg sich in diesem herausfordernden Markt behaupten kann.“

Cordet gehört bereits seit 2016 zum Investorenkreis von Flabeg und hatte sich im Jahr 2018 an der Finanzierung einer hochmodernen Produktionsanlage für das Display-Glas beteiligt. Cordet versteht sich als „Allwetterinvestor“, der seine Portfoliounternehmen auch durch schwierige Marktphasen begleitet und auch häufig Folgekapital zur Verfügung stellt, um das Wachstum dieser Unternehmen zu unterstützen.

Flabeg seit Mai 2020 insolvent

Vor Abschluss des Investorenprozesses dankte Böhm noch einmal allen Flabeg-Mitarbeitern im In- und Ausland für ihren Einsatz während des Insolvenzverfahrens: „Trotz der Insolvenz und der schwierigen Umstände während der Corona-Krise haben die Mitarbeiter weiterhin vollen Einsatz gezeigt und damit einen entscheidenden Beitrag zur erfolgreichen Neuaufstellung von Flabeg geleistet.“

Die beiden deutschen Flabeg-Gesellschaften „Flabeg Automotive Holding GmbH“ (Nürnberg) und „Flabeg Deutschland GmbH“ (Furth am Wald) hatten Mitte Mai 2020 Insolvenzantrag gestellt. Insolvenzverwalter Volker Böhm gelang es, gemeinsam mit der Geschäftsführung den Geschäftsbetrieb von Flabeg zu stabilisieren und wichtige Sanierungsmaßnahmen umzusetzen. Der Geschäftsbetrieb wurde während des gesamten Insolvenzverfahrens in vollem Umfang fortgeführt. Das gilt auch für die ausländischen Flabeg-Gesellschaften, die keinen Insolvenzantrag stellen mussten und in denen trotz der Corona-Pandemie – auch unter solch schwierigen Rahmenbedingungen wie etwa in Brasilien – die Produktion aufrechterhalten werden konnte.

Aufträge für Flabeg steigen wieder

Die Auftragslage bei Flabeg hatte sich während des vorläufigen Insolvenzverfahrens trotz des schwierigen Marktumfeldes positiv entwickelt. Nach Ende des Corona-Shutdowns stiegen die Bestellungen wieder an und Flabeg wurde weiterhin von den Kunden bei Ausschreibungen berücksichtigt. Dies machte deutlich, dass die Kunden an Flabeg als Partner festhalten wollten. Zugleich war dies ein wichtiges Signal für den Verkaufsprozess.

Böhm hatte bereits im vorläufigen Verfahren einen strukturierten Investorenprozess eingeleitet, in dessen Rahmen sowohl nationale als auch internationale Investoren gezielt angesprochen wurden. Zwischenzeitlich hatten 15 nationale und internationale Investoren ihr Interesse an dem Erwerb von Flabeg bekundet. Darunter waren sowohl strategische Investoren als auch Finanzinvestoren.

Das sagt der Bürgermeister:

Es ist für Furth sehr, sehr wichtig, dass es mit der Flabeg weitergeht, und die Bürger sich weiterhin auf einen guten Arbeitgeber und sichere Arbeitsplätze verlassen können, sagt Bürgermeister Sandro Bauer. Er war durch Zwischenberichte immer wieder über den Stand der Dinge informiert worden, und es hatte sich zum Glück abgezeichnet, dass das Interesse an Technologie, Unternehmen und Standort groß war. So hatte es immer wieder Hoffnung gegeben. Stets gute Fortschritte in den Verhandlungen hätten nun zu einem guten Ende geführt.

Statement vom Landrat:

Auch Landrat Franz Löffler freute sich sehr über die positive Nachricht, hieß es in einer Pressemitteilung. Er war im regelmäßigen Kontakt mit der Unternehmensleitung und dem Insolvenzverwalter und könne nur seine Gratulation und seinen Dank für die gute Zusammenarbeit und die erfolgreiche Rettungsaktion aussprechen. Der Dank gehe ebenso an die Mitarbeiter, die trotz der schwierigen Situation höchste Qualitätsarbeit abgeliefert hätten. Nur durch die Qualität der innovativen Produkte sowie durch das Knowhow und die Wettbewerbsfähigkeit des Further Werkes war es möglich, einen soliden Investor mit den nötigen Branchenkenntnissen zu finden.

Der Landrat habe von Anfang an seine Unterstützung zugesicher. Er ist froh, dass man sowohl die von einer Kündigung betroffenen Mitarbeiter bei der Stellensuche unterstützen konnte als auch, dass das gesamte Unternehmen mit den 200 verbleibenden Arbeitsplätzen in Furth im Wald gerettet werden konnte.