Medizin
Die Patienten lernen, wieder zu atmen

In Sinzing eröffnet eine Ambulante Beatmungsentwöhnung. Das Konzept ist in Deutschland einmalig.

10.01.2021 | Stand 16.09.2023, 4:26 Uhr
Gertraud Pilz
Bürgermeister Patrick Grossmann mit Dr. Heike Kemeter bei seinem Besuch in der neuen medizinischen Einrichtung −Foto: Gertraud Pilz

Mitte Januar eröffnet die Fachärztin für Innere Medizin und Pneumologie, Dr. Heike Kemeter, im neuen Wohn- und Geschäftshaus in der Bruckdorfer Straße 10a eine Einrichtung der „Ambulanten Beatmungsentwöhnung“. In den Räumlichkeiten im Erdgeschoss findet eine medizinisch begleitete Wohngruppe mit zwölf Plätzen zur Beatmungsentwöhnung ihren Platz. Sie ist mit einem Intensivpflegedienst und modernstem Equipment ausgestattet.

Seit fast zehn Jahren versorgen Dr. Kemeter und ihr Team Patienten mehrerer Wohngruppen in der Region Regensburg und Schwandorf, die nach schweren Erkrankungen unterstützt durch künstliche Beatmung aus dem Krankenhaus entlassen wurden. Sie sollen so von dieser Beatmung wieder entwöhnt werden.

Mit der neuen medizinischen Einrichtung „AIR-Leben“ in Sinzing entsteht eine Weiterentwicklung dieser Intensivpflege. Auch hier wird versucht, den Patienten durch medizinisch-therapeutische Kompetenz, entsprechende Betreuung und Pflege die künstliche Beatmung wieder abzutrainieren. Ein Team aus Fachärzten, Atmungs-, Physio-, Ergotherapeuten und Logopäden ist in der neuen Einrichtung tätig, um den Gesamtzustand und die Mobilität der Patienten zu fördern und die Grunderkrankungen der Patienten so zu verbessern, dass eine Beatmungsunterstützung nicht mehr nötig ist.

Ziel sei es, betont Dr. Kemeter, binnen eines Zeitraums von durchschnittlich sechs Monaten die Eigenatmung wieder so weit herzustellen, dass die Patienten im besten Falle nach Hause entlassen werden könnten. Dieses Ergebnis führe sowohl zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität für die Betroffenen als auch zu einer deutlichen Einsparung für das Gesundheitssystem.

Die Vorteile einer Beatmungsentwöhnung außerhalb von stationären Klinikstrukturen liegen darin, dass nach langen Krankenhausaufenthalten häusliche Strukturen zur Verbesserung der physischen und psychischen Verfassung der Betroffenen beitragen. Angehörige und Freunde sowie dem Patienten vertrautes Pflegepersonal sind dabei wichtige Komponenten.

Die in Sinzing entstehende Wohn- und Versorgungsstruktur für eine derartige Beatmungsentwöhnung gebe es in dieser Form in Deutschland bislang nicht, betont Dr. Kemeter. Deshalb wird das Projekt von der Regierung der Oberpfalz und der Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen, Qualitätsentwicklung und Aufsicht (früher Heimaufsicht) des Landkreises Regensburg unterstützt. Wissenschaftlich begleitet wird es von der sozial-und gesundheitswissenschaftlichen Fakultät der OTH Regensburg. (lpe)