Kinder
Betrieb im Waldkindergarten läuft gut an

Die Regenstaufer Waldwichtel erkunden den Eckert-Berg. Das Kreisjugendamt berät, für wen sich der Waldkindergarten eignet.

07.09.2018 | Stand 16.09.2023, 6:01 Uhr
Sabine Norgall

Sicherheit ist ein wichtiges Thema im Waldkindergarten. Stolz verweisen die Mädchen auf die Bäume, die sie mit bunten Wollfäden markiert haben. Die markierten Bäume grenzen das Gebiet ein, in dem sich die Kinder frei bewegen dürfen. Fotos: Norgall

„Essen ist fertig!“, rufen Kinderstimmen durch den Wald am Eckert-Berg. Merle rührt in einem alten Topf, der für erwachsene Beobachter mit Waldboden und Kiefernnadeln gefüllt ist. Doch Merle schaut eher verwundert bei der Nachfrage, was es denn zum Essen gibt. „Nudelsuppe“, erklärt sie geduldig mit Verweis auf die Fichtennadeln. Doch gegessen wird dann doch nicht. Da ist es viel spannender, dass Emmi und Anna die Schnecke wiederentdeckt haben, für die sie Tags zuvor ein Gehege bauten und Ronja hat plötzlich eine kitzelnde Raupe auf der Hand. Vorsichtig wird die Raupe von einem Kind zum anderen weitergereicht. Mit Bestimmungsbuch und einer App auf dem Handy von Erzieherin Franziska Fischer entdecken sie, dass aus dieser klebrigen Raupe mal ein Brombeerfalter wird.

Brotzeit im Regen

Der Eckert-Berg ist an diesem Septembermorgen in Dunst gehüllt, doch die Kinder der Waldkindergartengruppe haben mit wetterfester Kleidung ihr Stückchen Wald schon nach wenigen Tagen für sich entdeckt. Seit gerade einmal einer Woche ist der neue Waldkindergarten geöffnet. Dass bereits am ersten Tag die Brotzeit bei Regen im Freien stattfand, störte die Kinder nicht. Zwei Waldwichtel sind am dritten Kindergartentag bereits krank abgemeldet.

Stolz zeigen die Kinder die bunten Wollfäden, mit denne sie einzelne Bäume markiert haben. Diese Bäume kennzeichnen das Areal, in dem sich die Kinder bewegen dürfen, immer in Sichtweite der Betreuer. Gleich am ersten Tag haben die Waldwichtel die Bedeutung eines Gongs verinnerlicht. Wenn dieser ertönt, sammeln sich alle Kinder an ihrem Sitzkreis.

Sehen Sie im Video: Im Waldkindergarten entdecken die Kinder die Natur.

Franziska Fischer und die Kinderpfleger Robin Seifert und Doris Dirnberger arbeiteten auch bisher schon im Eckert-Kinderhaus. Seit Beginn dieses Kindergartenjahres ist ihr Arbeitsplatz der Wald. Für Franziska Fischer steht fest: „Ich mag die Natur, es ist ein ganz anders Arbeiten.“ Viele Kinder, sagt sie, verbrächten heute zu wenig Zeit im Freien. Weil es im gemütlichen Bauwagen kaum vorgefertigte Spielsachen gibt, fordere der Waldkindergarten Fantasie und Kreativität der Kinder. Im Unterschied zur Kindergartengruppe im benachbarten Kinderhaus, sagt Fischer, brauche die Arbeit im Wald noch mehr Vorbereitung.

„Ich mag die Natur, es ist ein ganz anders Arbeiten.“Erzieherin Franziska Fischer

Jeden Morgen um 8.30 Uhr marschieren Betreuer und Waldwichtel zu ihrem Bauwagen am Waldrand. Dann müssen die Erzieher alles dabei haben. Schnell mal ein Buch oder Stifte aus dem Nebenraum holen, das geht nicht. Im kommenden Jahr beginnt Fischer einen Lehrgang zur Natur- und Umweltpädagogin. Dabei geht es zum einen um Anregungen zum Tagesablauf im Wald, es werden aber auch rechtliche Aspekte wie die Aufsichtspflicht thematisiert. Diese ist im Wald, gegenüber einer Kindergartengruppe im Haus, deutlich ausgeweitet.

Bei ihren Exkursionen im Wald hat jeder Waldwichtel seinen Rucksack dabei. Darin hat jeder ein Sitzkissen, Wechselwäsche für kleinere „Unfälle“, Brotzeit und ein Getränk. Auch die Erzieherin hat ihren Rucksack geschultert. Darin hat sie Pflaster und Verband, Desinfektionsspray oder Mülltüten. Auch einen kleinen Wasserkanister hat man dabei. Auf das Händewaschen vor der Brotzeit wird auch im Wald nicht verzichtet.

Die Waldkindergartengruppe beim Eckert-Kinderhaus kam aus zwei Gründen zustande, erklärt der Regenstaufer Verwaltungschef Johann Kandlbinder.Zum einen wurden in Regenstauf erneut die Kindergartenplätze knapp.Fast jedes Jahr, sagt Kandlbinder, habe sich in den letzten Jahren in Regenstauf der Bedarf bei der Kinderbetreuung um eine Gruppe erhöht. Zum anderen runde der Waldkindergarten das Angebot in Regenstauf ab.

Welche Gruppe ein Kind besuchen soll, liegt allein bei den Eltern.Susan Bader, Kreisjugendamt

Susan Bader ist Sozialpädagogin beim Kreisjugendamt und damit auch für die Betriebserlaubnis für Kindergartengruppen im Landkreis zuständig. Zwischen den üblichen Kindergartengruppen oder einem Waldkindergarten mache das Kreisjugendamt dabei keinen Unterschied, sagt sie: „Wir haben da keine Präferenz.“ Welche Gruppe ein Kind besuchen soll, sagt sie, liege allein bei den Eltern. Bei dem Recht auf einen Kindergartenplatz für Kinder ab drei Jahren, erklärt Bader, müssten Eltern keinen Platz in einem Waldkindergarten akzeptieren. Der Rechtsanspruch beziehe sich auf eine Kindergartengruppe in einem Haus.

Da Kinder im Waldkindergarten viel auf die eigene Fantasie angewiesen sind, sind sie oft kreativer und kommunikativer.Sozialpädagogin Susan Bader, Kreisjugendamt

Ein Waldkindergarten bietet für Bader den Vorteil, dass Kinder, die ständig in Bewegung sind, ihren Bewegungsdrang besser ausleben könnten. Auch der Grundsatz der Nachhaltigkeit, die Notwendigkeit eines sorgfältigen Umgangs mit der Natur, lasse sich in einem Waldkindergarten gut vermitteln. Eltern, die befürchten, dass Kinder im Waldkindergarten eventuell nicht so gut auf den Schulalltag vorbereitet würden, widerspricht Bader. Bücher und Stifte gebe es auch dort. Da Kinder im Waldkindergarten viel auf die eigene Fantasie angewiesen seien, seien sie oft kreativer und kommunikativer.

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Eltern, die sich nicht sicher sind, ob ein Waldkindergarten für ihren Nachwuchs in Frage kommt, empfiehlt das Kreisjugendamt, einen Tag im Waldkindergarten zu hospitieren. Auch wenn die Begeisterung groß ist, empfiehlt Bader, auch an grausliche Herbst- und eiskalte Wintertage zu denken. Susan Bader berät Eltern auch persönlich, welche Kindergartenart für ihr Kind der richtige ist. Sie ist im Kreisjugendamt unter der Telefonnummer (0941) 4009 438 zu erreichen.

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