Wirtshauskultur
Gstanzlsänger im Wettstreit

Beim Derblecken im Barbinger macht dem „Erdäpfelkraut“ keiner etwas vor. Doch die Luft für den Lokalmatador wird dünner.

10.04.2019 | Stand 16.09.2023, 5:47 Uhr
Yvonne Weigl

Sepp Danner, die „Hohenbogen Goiß“, Andi Aichinger und „Erdäpfelkraut“ Hubert Mittermeier (von links) bestritten den Abend. Foto: Yvonne Weigl

„Einen gescheiten Applaus für 30 Jahre“ wünschte sich das Urgestein der Gstanzlsänger, Sepp Danner, vom wie jedes Jahr rappelvollen Saal im Barbinger beim Gstanzlsänger- und Hochzeitsladertreffen. Wie immer wurde es von der stets lustigen und fröhlichen Maria Hopp organisiert.

Beim urbayerischen Brauch des Gstanzlsingens geht es darum, dem Publikum den Spiegel vorzuhalten in Form lustiger, manchmal aber auch ernsthafter und tiefgründiger gesungener Reime. Dabei stehen einerseits die Künstler auf der Bühne und witzeln über diverse gesellschaftliche oder politische Themen. Andererseits gehen die Gstanzlsänger durch die Publikumsreihen und „Derblecken“ diese mit ihrem äußeren Erscheinungsbild oder ihren Gepflogenheiten.

Zum Schluss der Veranstaltung derblecken sich die Gstanzlsänger noch gegenseitig. Dies geschieht alles auf bayrisch, urwitzig und binnen sekundenschnelle, da der jeweilige Gstanzl-sänger nur immer ein kurzes Zwischenspiel der begleitenden Musikanten – wie immer herrlich ausgeführt von den drei Denglinger Buam – Zeit hat, um einen Reim zu retournieren oder sich etwas über die Besucher einfallen zu lassen.

Eine 15-Jährige trumpft auf

Am Jubiläumsabend erstaunten die „Hohenbogen Goiß“ – die keck freche, erst 15-jährige Alicia Brandl und ihre 20 Jahre alte Schwester Selina. Sie belegten 2015 beim Alpen-Grand Prix den zweiten Platz. Oder wie Sepp Danner anerkennend meinte: „De Kloa, die wenn amol 1000 Wochen alt ist, die holt der Teufel.”

Publikumsliebling war wie immer „Erdäpfelkraut“ Hubert Mittermeier aus der Holledau. Sein schelmisch, spitzbübischer Blick allein reißt das Publikum schon zum Lachen. Wobei der junge „Fips“ Christian Bräu dank reichhaltiger Gestiken dem in nichts nachstand. Mit dabei war am Abend der aus St. Englmar stammende 2. Bürgermeister und Mittelschullehrer Andreas „Andi“ Aichinger. Er bestach vor allem durch seine scharfen Wortformulierungen. Viele seiner Reime handelten nicht nur vom Publikum, sondern von seinen Erlebnissen als Lehrer. Wohingegen „Fips“ sich vor allem als Bauer, Schlosser und Junggeselle – immer auf der Suche nach der Richtigen – präsentierte. Ob er nun versucht, mit einem Schnapserl bei der Bedienung anzubandeln oder mit einem feschen Mädel aus dem Publikum, bei der sich dann herausstellt, dass sie ihn um rund eine Kopfhöhe übertrifft, oder seine Probleme mit Facebook und Co. – „Fips“ weiß, wie man ein Publikum zum Rasen bringt.

Wobei der „Erdäpfelkraut“ beim Thema Eheleben auch so seine Beobachtungen im Publikum machte: „Schau da die Anderen an, die sind scho‘ länger verheirat‘, da schaut der Oane den Andern nimmer o.“ Und generell findet er, dass man früher „näher zammgruckt“ ist und „mit de Fiaß beianand“. Heute hingegen braucht man das Handy. Zwei schlanken Damen hingegen riet er: „Vom Stadtbummel kann ich nur abraten, sonst fallt’s von den Löchern im Kanaldeckel rein.“

Auch diverse Kleidungsstücke der Gäste boten ihm Möglichkeiten zum Frotzeln. Ob nun vom Polyester-Pulli, den man als Topflappen verwenden hätte können, oder: „Gnädige Dame mit Ihrem Sternenpullover haben‘s die Faschingszeit verschlafen. Haben sie noch nicht gespannt, dass d’Fastenzeit schon angefangen hat?“ Oder: „Du braichast de Bleaml a weng größer, muasst an Kunstdünger draufgeben.“

„Brexit ist wie Seehofern“

„Fips“ Bräu erzählte gerne vom Aufriss in der Disko oder der Blondine, die im Intimbereich „zwiefelt“ und einen Geruchsblinden per Partnervermittlung sucht. Bei Lehrer Andi Aichinger geht’s um seinen Alltag als Lehrer, aber auch um politische Themen: „Brexit ist wie Seehofern: Pfiat Gott sang‘, aber dann net gehn.“ Aber auch das sichtbar etwas runder werdende „Erdäpfelkraut“ weiß er zu triezen: „Etz gehst ganz schön in d’Breadn. Deafst di bald Kartoffelchips nennen.“