Erfolgsgeschichte
75 Jahre Siemens in Regensburg: Vom Ausweichquartier zum Vorzeigestandort

07.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:30 Uhr

Beginn auf der grünen Wiese: Mit dem Siemens-Gerätewerk auf der Irler Höhe als Keimzelle entwickelte sich im Regensburger Osten ein bedeutender Industriestandort mit weiteren großen Firmen – unter anderem Vitesco und Continental – in nächster Nachbarschaft. Foto: Siemens/altrofoto.de

Vor 75 Jahren begann die Geschichte von Siemens in Regensburg. Es sollte eine Erfolgsgeschichte werden. Heute investiert das Werk weiter in die Zukunft.



„Seit einem Dreivierteljahrhundert steht das Siemens-Werk Regensburg für Erfindergeist und hohe Fertigungskompetenz.“ Werkleiter Axel Kagerer war am Sonntag sichtlich stolz, dass er mit seinen Mitarbeitern und Gästen aus Politik und Wirtschaft beim offiziellen Festakt den 75. Geburtstag „seines“ Werkes feiern konnte. Der Standort war und sei eine Keimzelle für innovative Entwicklungen, welche die Industrie in der Region geprägt hätten.

Diese Entwicklung war vor 75 Jahren keineswegs so vorgezeichnet: Regensburg war ursprünglich als Ausweichquartier für das nach dem Krieg in der damaligen sowjetischen Besatzungszone enteignete Kleinbauwerk in Sonneberg (Thüringen), sowie für die 1940 in Hof aufgebaute Fertigung für Installationsteile geplant.

Investitionen in die Zukunft



In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich das Werk an der Irler Höhe zu einem Vorzeigestandort für elektrische Installationstechnik und Automobiltechnik – und ist heute im Konzernverbund ein zentrales Fertigungs- und Kompetenzzentrum für Schutzschalttechnik. „Auch heute werden hier Produkte gefertigt, die vor Ort entwickelt und zur Marktreife gebracht werden“, sagt Kagerer.

Jährlich werden am Standort von rund 1150 Beschäftigten rund 22 Millionen Fehlerstrom- und Leistungsschutzschalter gefertigt, die an Kunden in aller Welt gehen.

Das Werk gehört heute zum Geschäftsgebiet Electrical Products innerhalb der Siemens Smart Infrastructure. Andreas Matthé, Leiter des Geschäftsgebiets Electrical Products sieht angesichts der Innovationen , Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Standorts sowie Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter „einen soliden Grundstein für viele weitere erfolgreiche Jahre in Regensburg“.

Die Regensburger Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer hob in ihrem Grußwort die gute Zusammenarbeit zwischen Stadt und Werk ab: „Die Innovationskraft der Siemens AG ist der Ursprung für viele bedeutende Entwicklungen am Wirtschaftsstandort Regensburg.“ Die Entwicklung der Stadt sei ohne Siemens nicht denkbar, sagte die Oberbürgermeisterin und wies auf Unternehmen wie Continental oder Infineon hin, die aus den Siemens-Anfängen in Regensburg hervorgegangen sind: „Siemens und Regensburg – das ist eine Erfolgsgeschichte.“

Diese Erfolgsgeschichte fing klein an: Im Jahr 1948 begann alles mit 17 Mitarbeiterinnen, die an der Irler Höhe im teilweise zerstörten, mehrgeschossigen Gebäude des ehemaligen Heeresnebenzeugamtes mit der Fertigung von elektrischen Installationsgeräten begannen.

1950 kam dann die komplette Fertigung der Installationsgeräte nach Regensburg. Die Produktpalette umfasste „das ganze System des elektrischen Installationswesens vom Hausanschluss bis zum Anschluss der Stromverbraucher“. Ab der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre gab es bereits die ersten Erweiterungsbauten. Es sollten noch einige folgen.

Anfang der 1970er Jahre begann man mit der Entwicklung und Fertigung von Geräten der Auto-Elektronik, 1981 ging daraus das neue Geschäftsgebiet Automobiltechnik hervor. Das Hauptgeschäft des Standorts bildeten aber weiterhin Installationsgeräte und -systeme.

1998 verzeichnete die Fertigung jährlich 90 Millionen Produkte: Schutz- und Schaltsysteme wie Leitungs- oder Fehlerstromschutzschalter, Schalter- und Steckdosensysteme. Dazu gehörten auch Steuer-, Informations- und Überwachungsgeräte der Gebäudeinstallation mit dem System „instabus“. Für die Mitentwicklung des Gebäudesteuerungssystems instabus EIB erhielt das Werk 1998 sogar den Deutschen Zukunftspreis.
Dann schrumpfte Siemens in Regenburg: Im Jahr 2007 ging der Bereich Siemens VDO Automotive an Continental.

In den letzten Jahren wurde im Regensburger Werk auch eine innovative Form der innerbetrieblichen Aus- und Weiterbildung entwickelt – ein IHK-Abschluss zum Beispiel als Mechatroniker für an- und ungelernte Mitarbeiter – womit man konzernintern Vorreiter war.

Werkleiter Axel Kagerer nutzte die Jubiläumsfeierlichkeiten auch dazu, eine Investition in die Zukunft des Gerätewerks vorzustellen: eine neue Galvanisierungsanlage. Aber warum gerade eine neue Galvanisierungsanlage zum Jubiläum? „Galvanik hat am Standort Regensburg eine lange Historie“, erklärt Kagerer. 1962 wurde die erste Anlage zur Oberflächenbeschichtung hier in Betrieb genommen. Sie ist damit eine der ältesten Fertigungsabteilungen von Siemens am Standort. Die neue Anlage umfasst etwa 340 Quadratmeter, bringt rund 120 Tonnen auf die Waage – und gehört zu den modernsten Anlagen ihrer Art. Sie ermöglicht nun eine Beschichtung von rund 450 Millionen Bauteilen pro Jahr in sechs verschiedenen Metalloberflächen für Bauteile aus Stahl, Kupfer und Messing.

Energieeffizienz im Fokus



„Mit der neuen Anlage erweitern wir nicht nur unser Leistungsspektrum. Mit der Modernisierung der Oberflächentechnologie leisten wir einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz“, betont der Werkleiter. Über 97 Prozent des benötigten Wassers könnten wieder aufbereitet werden.

Abluftanlagen wurden erneuert und energieeffizientere Geräte eingebaut. Insgesamt lässt sich mit der Anlage der Wärmebedarf um 50 Prozent und der Strombezug um 60 Prozent reduzieren. Dies bringe eine Minderung der CO2-Emissionen um jährlich 350 Tonnen.