BGH weist Revision zurück
Landtagsabgeordneter Franz Rieger rechtskräftig wegen Erpressung verurteilt

08.06.2022 | Stand 15.09.2023, 4:53 Uhr
Franz Rieger während der Verhandlung vor dem Regensburger Landgericht −Foto: Armin Weigel/dpa

Der Regensburger CSU-Landtagsabgeordnete Franz Rieger ist nun ein rechtskräftig verurteilter Erpresser. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine Revision des Politikers zurückgewiesen, wie am Mittwoch bekannt wurde. Rieger ist damit vorbestraft.

Er müsse das Urteil akzeptieren, aber er halte es für komplett falsch, schreibt Rieger in einer Pressemitteilung. Seine Mitgliedschaft in der CSU-Fraktion im Landtag legt er mit sofortiger Wirkung nieder. Sein Landtagsmandat will er bis zum Ende der Legislaturperiode weiter ausüben.

„Das Urteil ist nun rechtskräftig“, teilt Rieger selbst mit. Seine Mitgliedschaft in der CSU-Fraktion gebe er schweren Herzens auf. „Die Arbeit in der Fraktion zum Wohle unserer Heimat über fast 14 Jahre hinweg hat mir sehr viel Freude gemacht“, führt Rieger aus. Was sein Landtagsmandat betrifft, verweist der Politiker darauf, dass er direkt und persönlich von den Bürgern des Stimmkreises Regensburg-Stadt gewählt worden sei. Dieses Mandat will Rieger behalten. „Denn ich fühle mich der Region Regensburg und den Menschen hier verpflichtet“, begründet er seien Verbleib als Abgeordneter im Landtag. Eine erneute Kandidatur hatte Rieger schon früher ausgeschlossen.

Kreuzer zollt Rieger Respekt

CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer äußert sich knapp: „Franz Rieger hat das Urteil akzeptiert, obwohl er subjektiv die Verurteilung für falsch hält. Dass er, um Schaden für die CSU-Fraktion abzuwenden, aus der Fraktion ausgetreten ist, verdient Respekt.“ Kreuzer möchte auch umgehend einen Schlussstrich unter die Causa Rieger ziehen. Er sagte: „Damit ist diese Angelegenheit für die CSU-Fraktion erledigt.“

Empört kommentiert die Regensburger SPD-Landtagsabgeordnete Margit Wild das Vorgehen Riegers: „Ich bin überrascht, wie dreist und frech der CSU-Kollege nach einem rechtskräftigen Urteil sagt: Ich will weiter den Bürgerinnen und Bürgern, die mich gewählt haben, dienen.“ Rieger dürfe nun ganz offiziell als Erpresser bezeichnet werden. Wenn der CSU-Politiker Anstand besäße, „würde er sofort das Mandat niederlegen“. Rieger schade dem Ansehen des Parlaments. Sie habe ihm das auch bereits persönlich gesagt.

Das Landgericht Regensburg hatte Rieger im November 2021 zu einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 400 Euro (insgesamt 120 000 Euro) verurteilt, neben Erpressung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Die Verfahrensbeteiligten hatten sich zuvor auf eine Verständigung – einen sogenannten Deal – geeinigt.

Voraussetzung für den Deal war, dass Rieger einen Sachverhalt aus dem Jahr 2013 einräumte. Dies geschah zwar. Allerdings blieben Gericht und Staatsanwaltschaft einerseits sowie Rieger und seine Verteidiger andererseits uneins, was die juristische Bewertung der Geschehnisse betrifft.

Konkret geht es um ein Treffen Riegers mit einem Regensburger Immobilienunternehmer. Der Politiker war 2013 im Landtagswahlkampf. Ein Jahr später standen außerdem die Kommunalwahlen an. Unstrittig in Bezug auf das Gespräch der beiden Männer ist, dass Rieger um eine Spende warb. Als der Gründer des Regensburger Immobilienzentrums 1000 bis 2000 Euro anbot, soll Rieger 50.000 Euro gefordert haben. Laut Anklage fiel daraufhin dieser Satz: „Sie wissen schon, wer in Zukunft über die Bauprojekte und die Baugenehmigungen entscheidet.“ Bei der Einordnung dieses Satzes unterscheiden sich die Perspektiven.

Der Bauträger schilderte im Zeugenstand, dass er sich bedroht gefühlt habe. Er habe gefürchtet, einen „einflussreichen Feind“ zu haben, sollte er nicht spenden. Riegers Verteidiger Dirk Lammer hingegen sprach im Prozess von einer „unglücklichen Formulierung“. Sein Mandant haben nicht den Vorsatz gehabt, den Unternehmer in seiner Spendenentscheidung zu beeinflussen. Rieger betonte, dass er nie jemanden nötigen könnte.

Der Gründer des Regensburger Immobilienzentrums überwies letztlich eine Spende von knapp unter 10 000 Euro, der Veröffentlichungsgrenze für Parteispenden, an die Regensburger CSU. Zudem beglich er Scheinrechnungen einer Regensburger PR-Firma in Höhe von insgesamt 30 000 Euro. Geführt wurde die PR-Agentur von Riegers ehemaligem Wahlkampfmanager.

Die Regensburger Richter folgten der Schilderung des Immobilienunternehmers. Der Politiker habe mit der Ausnutzung seiner Machtstellung gedroht. Bei Rieger konnten die Richter wenig Reue und Schuldeinsicht erkennen.

Der 6. Strafsenat des BGH verwarf nun die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, mit der er allein seine Verurteilung wegen Erpressung beanstandete. Die obersten Richter sahen es als erwiesen an, dass Rieger „auf die Bedeutung seiner Partei im Regensburger Stadtrat und ihren Einfluss auf die dortige Stadtpolitik, namentlich hinsichtlich zukünftig auszuweisender Baugebiete und zu erteilender Baugenehmigungen“ hingewiesen hat.

Anwaltskammer muss prüfen

Offen ist, was die Verurteilung wegen Erpressung von Parteispenden beruflich für den Rechtsanwalt Rieger bedeutet. Der 63-Jährige ist Fachanwalt für Erbrecht. Darf er nach der strafrechtlichen Verurteilung seine Anwaltszulassung behalten? Zu einem konkreten Fall gibt die zuständige Rechtsanwaltskammer Nürnberg zwar keine Auskünfte. Grundsätzlich sei es aber so, dass die Kammer Mitteilungen in Strafsachen bekomme und diese überprüfe, wie die Hauptgeschäftsführerin Katja Popp erklärt.

Nicht jede Straftat müsse dazu führen, dass das Anwaltsgericht tätig werde. Entscheidend sei der sogenannte „disziplinarrechtliche Überhang“. Mit anderen Worten: Hat die Straftat einen Bezug zum Anwaltsberuf, wird die Kammer tätig. Ob das bei Erpressung der Fall ist, lässt Popp auch auf Nachfrage weiter offen. Das müsse im Einzelfall geprüft werden und hänge von vielen Faktoren ab, sagt sie. Nach Paragraf 7 Nr. 5 der Bundesrechtsanwaltsordnung kann ein Betroffener seine Zulassung verlieren, wenn er sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn als unwürdig erscheinen lässt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben.