Mittelstand
E-Mobilität made in Brennberg: Vom Schaltkasten zur Ladesäule

08.06.2022 | Stand 15.09.2023, 4:54 Uhr
Erwin Thomas Schiegl ist kaufmännischer Geschäftsführer von Alphatec und gehört zur zweiten Generation im Unternehmen −Foto: lj

Die Firma Alphatec aus der Vorwald-Gemeinde Brennberg wächst in der E-Mobilität. Für die Erweiterungspläne gibt es Rückhalt aus der Lokalpolitik.

Einstimmig fiel die Entscheidung im Regensburger Kreistag Anfang April aus. Dabei hätte das Thema durchaus Konfliktpotenzial gehabt: Die Firma Alphatec wollte an ihrem Standort im Brennberger Ortsteil Bibersbach erweitern. Doch das wäre nur im Landschaftsschutzgebiet möglich. Die Kreistagsfraktionen – auch die der Grünen und der ÖDP – räumten dieses Hindernis bereitwillig beiseite und nahmen die anvisierten Erweiterungsflächen aus dem Schutzgebiet. Denn Alphatec ist nicht nur einer der wichtigsten Arbeitgeber in der kleinen Vorwaldgemeinde. Die Bibersbacher sind mit ihren Produkten beim Ausbau der E-Mobilität ganz vorne mit dabei.

Begonnen hatte alles Anfang der 1990er Jahre – mit Schaltschränken. Noch heute ist Alphatec ist einer der letzten Hersteller in Deutschland von Verteilerschränken. „Vom Gehäuse bis zum Innenausbau ist alles ‚Made in Bibersbach‘“, betont Erwin Thomas Schiegl. Der 32-Jährige Betriebswirt gehört zur zweiten Generation im Familienunternehmen.

Wallbox als Verkaufsschlager

Früher war das Hauptgeschäft der klassische Verteilerschrank, aus Blech, wie er in jedem Einfamilienhaus im Keller zu finden ist. Die Firma hat heute noch eine eigene Metallverarbeitung. Dann kamen Stromkästen aus Polyester im Freien dazu: „Der größte Sprung im Unternehmen“, wie Schiegl, der als Kaufmännischer Leiter auch zuständig für Marketing und Vertrieb ist, erklärt.

Dann stiegen die Bibersbacher in die Produktion von Wallboxen ein, wie sie zum Laden von E-Autos benötigt werden. Und da läuft das Geschäft. „Neben jeder blauen Rewag-Säule steht ein Schaltschrank von uns“, beschriebt Schiegl den Markt.

Die Wallbox Mini als Kompakt-Modell für den privaten Bereich war „auf Anhieb ausverkauft“. 15 000 Stück konnte Alphatec so im vergangenen Jahr verkaufen. Gerechnet hatte man mit rund 100 im Monat.

Heute beschäftigt die Firma 110 Mitarbeiter am Standort in Brennberg. „In der Größe soll es so bleiben. Die Struktur muss passen“, sagt Schiegl, der nun seit sechs Jahren im Unternehmen ist. Sein älterer Bruder Stefan stieg ein Jahr vor ihm ein. Auch der jüngere Bruder Tobias ist inzwischen dabei

Stefan Schiegl nahm als Produktionsleiter die Fertigungslinien unter die Lupe. Neue Maschinen kam hinzu. Im kaufmännischen Bereich stieg man auf papierlose Rechnungs- und Auftragsbearbeitung um. Die Digitalisierung war auch für die Kunden sichtbar: In Online-Shop und App konnten die nun Schaltschränke einkaufen und konfigurieren. Neue Kundengruppen erschloss sich Alphatec durch Direktvertrieb und im Elektrogroßhandel, in den man neu eingestiegen war. Für 2022 rechnet Schiegl mit 20 Millionen Euro Umsatz.

Firma bleibt am Standort

Einmal gab es die kurze Überlegung den Standort Brennberg aufzugeben: als vor gut zehn Jahren das Gewerbegebiet zwischen Wörth und Wiesent entstand. Da habe man auch bei Alphatec „überlegt, ob wir nach Wörth/Wiesent gehen“.

Doch ein Umzug wäre mit einem längeren Produktionsstopp einhergegangen. Die Maschinen hätten aufwendig umgezogen werden müssen. Also blieb man in Brennberg und will dort weiter wachsen. Nicht zum ersten Mal: „Wir haben am Standort „immer wieder erweitert“, erzählt Schiegl. Zuletzt sind die Spritzgusstechnik und eine Kantine für die Mitarbeiter hinzugekommen. Seit der jüngsten Erweiterung im Jahr 2019 produziert die Firma auf rund 11000 Quadratmetern.

Auf den Flächen,die nun aus dem Landschaftsschutzgebiet genommen werden, soll eine Logistikhalle entstehen. Denn Alphatec braucht Platz: für Lager und Produktion. Für eine auf die Produktion abgestimmte Just-in-time-Lieferung sind die Brennberger zu klein. „Da braucht man bestimmte Los-Größen“, erklärt Schiegl. Und: „Wir haben eine ungewöhnlich hohe Fertigungstiefe.“ Neben der Metallverarbeitung gibt es eine eigene Elektro-Montage und Kunststoff-Fertigung.

Die neue Halle schafft Freiräume. 3500 Quadratmeter sollen dazukommen. Die freiwerdenden Flächen in dem verschachtelten und über fast drei Jahrzehnte gewachsenen Gelände werden neu genutzt. Für die Zukunft hat Schiegl ein neues Bürogebäude im Blick.