Behandlung
Auch Tiere haben Depressionen

Andreas Pongratz weiß, warum sich Haustiere manchmal komisch verhalten. Im Landkreis Cham ist er der einzige Psychologe nur für Tiere.

23.09.2013 | Stand 16.09.2023, 7:25 Uhr
Christian Danzer

Andreas Pongratz kümmert sich um viele Arten von Tieren. Foto: Danzer

„Ich gebe jedem Tier eine Chance.“ Und das merkt auch, wer sich mit dem 26-jährigen Tierpsychologen Andreas Pongratz aus Schachendorf unterhält. Dort bringen neben seinen eigenen zwei Hunden und zwei Katzen noch 17Hühner, drei Enten, drei Meerschweinchen und neun weitere Katzen Leben in sein Haus.

Zu seinem ungewöhnlichen Beruf kam der gelernte Gärtner durch einen Unfall mit einem Traktor, bei dem sein Bein verletzt wurde. In der schwierigen Zeit nach dem Unfall habe er vor allem seine Tiere gehabt, mit denen er sich beschäftigen konnte. Daraufhin begann er ein Fernstudium bei Tier-Heilpraktikerin Nadine Fritz, das er mit dem Diplom speziell für „Hund, Katze und Pferd“ abschloss. Seit kurzem arbeitet er im Landkreis als einziger Psychologe nur für Tiere.

Psychologe, kein Hundetrainer

Viele verwechselten seinen Beruf mit dem eines Hundetrainers. „Ich bringe den Tieren aber keine Kunststücke bei“, bemerkt er. Was einen Tierpsychologen vor allem von einem Tierarzt unterscheide, sei, dass er sich „einfach mehr Zeit nehmen kann.“ Tierpsychologen versuchten, die Sprache eines Tieres lesen und verstehen zu lernen, und könnten so dann auch mit den Tieren kommunizieren und ihr Verhalten beeinflussen. Denn Tiere könnten ebenso wie Menschen mentale Probleme haben. „Depressionen, die sich durch Appetitlosigkeit und Teilnahmslosigkeit zeigen, kommen auch bei Tieren vor“, erläutert Pongratz. Da sich psychische Leiden bei Tieren oft auch körperlich ausdrückten, sei es nicht einfach, psychische Leiden von körperlichen zu unterscheiden. Ein Erkennungsmerkmal sei aber, dass ein psychisch krankes Tier sich von seinem Besitzer entferne und zurückziehe, während ein körperlich krankes Tier die Nähe seines Halters suche.

Ein Fehler, den viele Tierhalter machen sei, dass sie ein Tier wie einen Menschen behandelten, und davon ausgingen, dass Tiere auch menschliches Handeln verstünden. „Ein Hundehalter kam zu mir, mit einem Hund, der jahrelang nicht gebissen hat, und plötzlich damit anfing.“

Jedes Tier retten geht nicht

Der Grund dafür habe schließlich darin gelegen, dass der Hund zuerst immer auf der Couch lag. Als aber eine neue Couch gekauft wurde, wurde er runtergeworfen. „So ein Verhalten ist für einen Hund unverständlich, er zeigt dann ein Abwehrverhalten, also Aggression“, erklärt Pongratz.

Bei einem anderen Hund, der hinkte, gingen die Tierärzte jahrelang von chronischen, körperlichen Leiden aus. Doch Pongratz stellte fest, dass er nur hinkte, wenn er keine Aufmerksamkeit erhielt. Wenn er mit ihm spielte oder ihn fütterte, hatte er keine Beschwerden. Er könne aber auch nicht jedes Tier retten. „Ein Wellensittich, den ich behandeln sollte, schrie einfach durchgehend. Ich konnte ihm dann nicht mehr helfen.“ Trotzdem versucht Pongratz bei jedem Tier sein Möglichstes. Auch wenn sein Geschäft noch schleppend anläuft, wie er gesteht, findet er, dass der Bedarf, nicht nur in Großstädten, sondern auch und vor allem auf dem Land durchaus vorhanden ist. Denn wer „sein Tier versteht, kann besser mit ihm leben.“