Geld
Aufbruch in eine neue Bankenwelt

„Wir holen uns die Welt herein“: Die Spezialisten kommen bald per Videokonferenz in die HypoVereinsbank nach Cham.

24.04.2015 | Stand 16.09.2023, 7:06 Uhr
Diese Schalterlandschaft bei der HypoVereinsbank ist fast schon Geschichte – die Menschen aber bleiben. −Foto: Klöckner

Viel Geld investiert dieHypoVereinsbankin Cham in den nächsten Wochen, um sich aufzumöbeln. Im wahrsten Sinne des Wortes. Der gesamte Schalterraum wird komplett rausgerissen und neu gestaltet. Das geht nicht ohne Schließung: Ab 30. April, 12.30 Uhr, werden die Türen der Bank am Marktplatz für gut sechs Wochen geschlossen. „Die Spinnweben kommen runter“, witzelt HVB-Chefin Brigitte Bielmeier. Sie ist gerade einmal drei Wochen da – schon macht sie die Bank zu.

Wer von den etwa 5000 HVB-Kunden im Landkreis Cham also noch ein Vieraugengespräch rund ums Geld braucht, sollte die kommende Woche bis zum Donnerstagmittag nutzen. Danach sind die Kundenbetreuer telefonisch erreichbar, vorübergehend werden sie nach Straubing umziehen. Künftig sollen Entfernungen in der Bank sowieso keine Rolle mehr spielen. „Wir holen uns die Welt herein!“, beschreibt die neue Chefin der HVB in Cham das Kommende. Eine Art Bank 4.0 soll entstehen. Wer etwa Tipps der HypoVereinsbank-Mitarbeiter direkt an den großen Finanzschauplätzen der Welt haben möchte, setzt sich in einen der drei neuen Beratungsräume, wo nach Vereinbarung per Liveschaltung der Fachmann vor Ort zugeschaltet wird und auf einem großen Bildschirm mit am Tisch sitzt und erklärt, was zu tun ist.

Die technischen Neuerungen bedeuten laut Brigitte Bielmeier aber nicht, dass Personal abgebaut wird. Zehn Mitarbeiter sind heute bei der HVB in Cham beschäftigt. Vielmehr seien mit dem Umbau Modernisierungen und Vereinfachungen für die Kunden verbunden. Und hier gehe es um Privatkunden – und für Bielmeier zuerst um den Menschen. „In guten und in schlechten Zeiten“ wolle die Bank an der Seite der Kunden sein.

Das beinhalte etwa auch, dass sie sich gerne mit Kunden hinsetze, um ihnen das Online-Banking ganz in Ruhe zu erklären. Wobei nach ihren Schätzungen bereits 90 Prozent der Kunden im Direktbanking übers Internet aktiv sind. Was da in naher Zukunft komme, sei auch für die Banker selbst ein Erlebnis – dass beispielsweise künftig alle Wege zur Bank und zum Konto, ob per Handy, Internet, Telefon oder Direktschalter, genutzt werden könnten. Auch die Selbstbedienungszone wird im übrigen während der Bauphase geschlossen sein – Geld sollte dann bei anderen Banken der Cash-Group (Postbank oder Commerzbank) geholt werden.

Gemütliche Wartezone

Auch im SB-Bereich sind erhebliche Änderungen geplant, wie Brigitte Bielmeier erklärt. Doppelt so viele Terminals verringern dann die Wartezeiten, die der Kunde heute nicht mehr akzeptiere, so die HVB-Chefin. Daneben gebe es eine gemütliche Wartezone mit Sofa, Fernseher und dem „besten Kaffee“ der Bank, verspricht sie. Überall in der Republik werde die alten Schalterlandschaft in modern-designte Wohlfühl-Banken umgewandelt. Die HypoVereinsbank gibt dafür 300 Millionen Euro aus. Ihre Bank sei hier wieder „Vorreiter“ vor anderen Geldinstituten – die aber sicher folgen würden und müssten.

Zur Neuaufstellung der Bank gehörte auch die Straffung des Filialnetzes 2014, die im Landkreis das Ende der HypoVereinsbank in Bad Kötzting bedeutete – „das hat sehr wehgetan“, so Bielmeier. Dass die Bank hier durchaus in den Köpfen der Menschen eine Größe sei, zeige der geringe Verlust von Bad Kötztinger Kunden – trotz der Schließung vor Ort, so Bielmeier.

Die Vereinsbank sei schließlich schon seit über 100 Jahren in der Region präsent und zeige direkt am Marktplatz in Cham bis heute Flagge. Die Fusion mit der italienischen Unicredit – von vielen deutschen Kunden mit Misstrauen beobachtet – sieht sie vorteilhaft. Schließlich könne man in 22 Ländern kostenlos Geld abheben, sei eine internationale Bank. Doch in Cham noch ohne barrierefreien Zugang, trotz Umbau. Da verhandle sie noch um eine Lösung, die aber wohl nicht mit bis zur Neueröffnung verwirklicht werden könne, so Brigitte Bielmeier.

Die erste Chefin für Cham

Sie schätze nach Aufenthalten in der ganzen Welt – etwa an der Börse in Frankfurt, an Weltfinanzplätzen wie New York oder London – umso mehr die Heimat. Diese Bodenständigkeit fußt bei ihr auf einem kleinen Bauernhof im Ort Perasdorf im Landkreis Straubing-Bogen, wo sie auch herstammt und wo sie in der Kirchengemeinde, bei den Trachtlern wie im Dorf engagiert ist. Den Bauernhof bewirtschaftet sie auch noch. „Ich habe Pferde und einige Hühner“ – wie viel könne sie nicht sagen, was für zahlensichere Banker eher außergewöhnlich ist. Die Zahl ändere sich über Nacht, sagt Bielmeier – je nachdem, ob der Fuchs zu Besuch war oder nicht.

Auch wegen des Hofs ist sie leidenschaftliche Frühaufsteherin. Über den Tag versorgen gute Freundinnen für sie die Tiere. Das Wichtigste in ihrem Leben ist ihr zwölfjähriger Sohn. Sie ist alleinerziehend, was aber bei ihrem Arbeitgeber und den Arbeitszeiten bei der HypoVereinsbank kein Problem sei. Das zeige sich auch in Cham – viele der Frauen seien hier in Teilzeit beschäftigt. Gelernt hat Brigitte Bielmeier in München vor 34 Jahren, damals hieß der Ausbildungsberuf Bankkontoristin. Sie habe eigentlich Bäuerin werden wollen, doch ihre Mutter habe gesagt: „Erst lernst du was gscheit’s und heiratest dann einen Bauern!“ Heute sei die Arbeit bei der Bank und mit den Menschen ihr Traumberuf. Nach den Stationen in aller Welt war sie zuletzt Vermögensberaterin in Straubing. Angesprochen auf einen Tipp für eine gute Anlage, sagt sie, dass heute jede Anlage – selbst das Sparkonto – Risiken in sich trage. Das sei aber nicht schlimm, nur eine besondere Herausforderung für die Beratung.