Jeder Mensch möchte Spuren hinterlassen. Etwas, das bleibt. Die Spuren, die Gudrun und Johannes Berschneider in Neumarkt gezogen haben, sind einmalig. Jetzt erfasst eine Monografie das außergewöhnliche Werk der beiden Pilsacher Architekten. Ein Grund zum Feiern. Aber die feierliche Präsentation des Buches war auch sehr bewegend, denn Johannes Berschneider ist unheilbar an ALS erkrankt.
Als Ort für vielleicht einen seiner letzten großen Auftritte und die Präsentation ihres gemeinsamen Vermächtnisses hatten die Berschneiders das Maybach-Museum gewählt. Ein Industriedenkmal, das nicht nur ihre Handschrift trägt, sondern in dem Johannes Berschneider überall die Jahre hinweg Tausende Zuhörer in Vorträgen an seiner Leidenschaft für Architektur teilhaben ließ.
Stehende Ovationen der Gäste
Der Abend mit rund 100 geladenen Gästen wurde zu einer Feier der großartigen Leistung der beiden Berschneiders. Trotz seiner fortgeschrittenen Krankheit hießen seine Gattin und er die Gäste persönlich im Foyer willkommen. Mit bewundernswerter Kraft und großer innerer Stärke meisterte das Ehepaar diesen Abend und erst bei ihren Dankesworten am Ende der Rednerliste versagte Gudrun Berschneider die Stimme. „Das ist fast wie bei einer Oskar-Verleihung“, sagte sie.
Mit stehenden Ovationen beklatschten die Bürgermeister, Bauherren, Auftraggeber und Wegbegleiter nicht nur das Buch, das einen Überblick über das Werk des Architekturbüros gibt. Sie alle huldigten der Lebensleistung von zwei besonderen Menschen, die nicht einfach nur Gebäude entworfen und gebaut haben. Sie haben in 36 Jahren Architekturgeschichte geschrieben.
Das machten vor allem der Architekturjournalist Wolfgang Jean Stock sowie der Journalist und Schriftsteller Till Briegleb in ihren Ansprachen deutlich. Sie hatten an dem Buch mit dem schlichten Titel „Berschneider + Berschneider“ mitgearbeitet. „Sie haben das Gespür, dass Tradition genauso wichtig ist wie Innovation“, sagte Briegleb. Der Hamburger schilderte eine gemeinsame Tour mit Johannes Berschneider durch die Oberpfalz und zu den zahlreichen Bauherren, die glücklich seien, in einem Berschneider-Haus zu wohnen. Oft erlebe er es, dass Hausbesitzer später an den Architekten rumnörgelten, weil ihnen dies oder das nicht gefalle. „Wir aber wurden von allen zum Kaffee eingeladen.“
Das Buch: | Die Sprache: | Der Inhalt: | Der Verkauf: |
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Ohne viel Schnickschnack trägt das Buch einfach den Titel „Berschneider + Berschneider“ – so wie das Architekturbüro auch. Damit ist alles gesagt. Und die 448 Seiten zwischen den in sonnenblumengelben Stoff gebundenen Deckeln sprechen für sich. | Werkmonografie klingt nach Fachchinesisch. Aber genauso wie Johannes Berschneider sich dafür eingesetzt hat, die Sprache der Architektur für den Laien zu übersetzen, arbeiten auch die Beiträge anschaulich das Besondere der ausgewählten Objekte heraus. Dazu gehören das Neumarter Rathaus, das WGG, aber auch Wohnhäuser, die FIT-Bürotürme und die Hochschule. | Stimmungsvolle Aufnahmen der oberpfälzer Landschaft zeigen zum einen, in welchem Umfeld das Architekturbüro arbeitet – und machen zum anderen auch die Wurzeln ihres Architekturstils deutlich. Es folgen Beiträge des Architekturjournalisten Wolfgang Jean Stock sowie des Journalisten und Schriftstellers Till Briegleb, die bedeutende Bauten vorstellen. Fotos halten Alltagsmomente fest: Baustellen, Eröffnungen, Vorträge, Gespräche, Auszeichnungen, Kunstprojekte. Und ein Kapitel widmet sich Johannes Berschneider als Maler. | Das Buch ist im Büro Wilhelm Verlag erschienen und kostet 55 Euro. |
Dass deutschlandweit von der besonderen Baukultur in der Oberpfalz gesprochen werde, sei zu einem großen Teil das Verdienst der Berschneiders, lobte Stock. „Sie haben eine ganze Region kulturell nach vorne gebracht.“ Stadt und Landkreis Neumarkt seien durchwoben vonGebäuden, die die Innenarchitektin und der Architekt mit ihrem Team entweder gebaut odervor dem Abriss gerettethätten.
Immer mit Perfektion
Landrat Willibald Gailler gratulierte zu dem Buch, auch wenn er es noch nicht gesehen habe. „Aber es wird großartig sein, denn alles, was der Berschi anpackt, hat Hand und Fuß.“ In der Tat habe das Ehepaar perfektionistisch an Details gefeilt. „Sie haben bis zuletzt Hand angelegt, eigentlich noch länger als bis zuletzt“, sagte Herausgeber und Gestalter Wilhelm Koch, der seit den ersten Ideen im Jahr 2014 das Buchprojekt begleitet hatte.
„So wie Du bist, sind auch Deine Gebäude, Du hast jedem eine besondere Note verliehen.“Albert Füracker, Heimatminister
Humorig moderierte er das Programm mit Reden, Musik sowie anschließender Brotzeit und verlieh dem sehr berührenden Abend damit etwas Leichtigkeit. Er formulierte pointiert und keck, so wie die Gäste viele Male zuvor Johannes Berschneider im Maybach-Museum bei seinenArchitekturvorträgenerlebt hatten. Nur dass dieser aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr laut die Stimme erheben kann.
Oberbürgermeister Thomas Thumann hatte wegen einer Zahn-OP nicht kommen können, aber Finanzminister Albert Füracker war aus München angereist. Er machte deutlich, wie wichtig ihm die Freundschaft zu den Berschneiders ist und was sie für ihre gemeinsame Heimat geleistet hätten.
„So wie Du bist, sind auch Deine Gebäude, Du hast jedem eine besondere Note verliehen.“ Berschneider habe Architektur als Kunst gelebt und an sein Team weitergegeben. „Viele Menschen haben etwas von Dir gelernt, nicht nur über Architektur, sondern über das Leben.“
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Finanzminister Albert Füracker begrüßte Johannes Berschneider mit dem üblichen Corona-Gruß per Ellenbogen. Zu den Gästen zählte auch das Lengenfelder Hoteliers-Ehepaar Karin und Georg Böhm. -Foto: Eva Gaupp

Carolin Thumann vertrat ihren Ehemann, denn der Neumarkter Oberbürgermeister hatte sich einer Zahn-OP unterziehen müssen. -Foto: Eva Gaupp

Landrat Willibald Gailler gehörte zu den Gästen, die Gudrun und Johannes Berschneider im Foyer des Maybach-Museums begrüßten. -Foto: Eva Gaupp

In dem Verlag von Wilhelm Koch ist die Werkmonografie erschienen. Er führte humorig durch den Abend. -Foto: Eva Gaupp

Architekturjournalist Wolfgang Jean Stock hatte an dem Buch mitgearbeitet und unterstrich die besonderen Verdienste des Ehepaars Berschneider um die Architektur in der Oberpfalz. -Foto: Eva Gaupp