Pionier
Der Erfinder der Schneegarantie

Der Südtiroler Georg Eisath entwickelte die erste alltagstaugliche Schneekanone. Er baute ein Imperium auf – und gab es für seine Heimat ab.

14.11.2014 | Stand 16.09.2023, 7:11 Uhr
Schneekanonen-Papst Georg Eisath hat eine neue Leidenschaft: das umweltfreundliche Skigebiet. −Foto: Seidl

Seine Zeitgenossen haben ihn anfangs vermutlich als Spinner abgetan. Aber Georg Eisath hatte 1983 den richtigen Riecher. Heute gilt der 58-jährige Südtiroler als der Erfinder der modernen Pistenbeschneiung, als der Mann, der dem Wintersportgeschäft im Wortsinn eine neue Grundlage verschaffte – Kunstschnee.

Anfang der 80er Jahre brachten einige schneearme Winter kleinere Skigebiete wirtschaftlich ins Trudeln. Schneekanonen gab es zu diesem Zeitpunkt schon, doch sie waren teuer, empfindlich und brauchten Unmengen an Strom. Eisath besorgte sich aus den USA eine Schneekanone – mit dem Ziel, es besser zu machen.

Alltagstauglichkeit war wichtig

Zusammen mit Walter Rieder, beide waren damals noch Angestellte im Skigebiet Obereggen, entwickelte Eisath die erste eigene Propeller-Schneekanone. Eisath heute: „Wichtig war uns auch, dass es eine robuste Konstruktion wird, die auch im Alltagsbetrieb funktioniert.“

Es war der Auftakt einer technischen Entwicklung, die den Skisport in vielerlei Hinsicht verändert hat. Eisath und Rieder begannen, Maschinen in größerer Anzahl zu produzieren. In einigen italienischen Skigebieten entstanden die ersten Beschneiungsanlagen. 1990 holten Eisath und Rieder den Kaufmann Erich Gummerer in die Firma. Gemeinsam gründeten sie die TechnoAlpin GmbH.

Das Unternehmen wurde schnell zum Weltmarktführer. Heute gibt es in den Alpen kaum mehr ein Skigebiet ohne Beschneiungsanlagen. Und nicht nur dort: TechnoAlpin liefert Schneekanonen in 42 Länder der Erde, bis nach Amerika, in den Iran, nach Dubai, Australien oder Neuseeland, überall dort, wo Ski gefahren wird. Auch in Sotschi bretterten die weltbesten Skiläufer auf Kunstschnee Made in Italy ins Tal.

Skifahrer, Snowboarder, selbst Langläufer sind heute die hohe Schneesicherheit gewohnt, die Eisaths Konzept ermöglicht. Ein Skigebiet ohne Schnee ist inakzeptabel. Dafür haben die Wintersportler die Beschaffenheit von Kunstschnee akzeptiert. Denn technisch erzeugter Schnee – wie er korrekt heißen müsste – unterscheidet sich in seiner Struktur (Kugelform) ganz wesentlich von Neuschnee (hexagonale Formen, feinere Struktur). Je nach äußeren Bedingungen beträgt die Dichte von künstlich erzeugtem Schnee 300 bis 450 Kilogramm pro Kubikmeter. Neuschnee ist mit zehn bis 80 Kilogramm pro Kubikmeter viel leichter.

Georg Eisath könnte sich zur Ruhe setzen, doch der umtriebige Südtiroler hat sich ein neues Ziel gesetzt. 2008 hat er die Latemar Karersee GmbH und die Laurin AG mit insgesamt elf Liftanlagen am Karerpass übernommen – und stieg dafür bei TechnoAlpin aus. Das Skigebiet seiner Heimatgemeinde Welschnofen war zu diesem Zeitpunkt kein Aushängeschild, die Bahnen veraltet, einige oft nicht in Betrieb.

Über 40 Millionen Euro hat der Presidente der neuen Latemar Carezza S.r.l. in den Aus- und Neubau von Liften und Beschneiungsanlagen investiert. Mit Erfolg: Carezza Ski präsentiert sich heute als modernes Skigebiet, das sich mit breiten Pisten und einigen Besonderheiten speziell auf Familien ausrichtet.

Ein umweltfreundliches Skigebiet

Doch der Schneekanonen-Papst, dessen technische Revolution von Umweltschützern bis heute kritisch beurteilt wird, will noch mehr: ein energieoptimiertes, umweltfreundliches Skigebiet. Beim Liftbetrieb, bei der Pistenpräparierung und der künstlichen Beschneiung sollen energieeffiziente Maßnahmen zum Einsatz kommen. Damit will Eisath den CO2-Ausstoß stark reduzieren. Bei der EU hat er das Projekt „Alpines Klimaskigebiet“ beantragt – und bewilligt bekommen. Projektpartner ist der Schweizer Traditionsort Arosa.

So verteilen Eisaths Pistenraupenfahrer den Schnee nicht nach Gefühl, sondern mithilfe von GPS-Daten. „Das geht auf drei Zentimeter genau“, verspricht der Presidente. Solarpaneele versorgen die gesamte Elektronik mit Strom, hoch entwickelte Software steuert die energieoptimierte Schneeproduktion im gesamten Skigebiet. Bis zu 50 Prozent weniger Stromverbrauch sollen die Folge sein.

Dass der gesamte Strom im Skigebiet Carezza als umweltfreundlich gelten kann, ist dagegen kein Verdienst Eisaths. Südtirol produziert doppelt so viel Strom aus Wasserkraft als im Land selbst gebraucht wird.