Historischer Verein
Die Geschichte des Wildbads Neumarkt

Heimatforscher Dieter Schwaiger referierte im Bürgerhaus über Aufstieg und Niedergang des Neumarkter Schwefelbads.

17.11.2021 | Stand 15.09.2023, 23:13 Uhr
Josef Wittmann
Das Wildbad wurde originalgetreu an Ort und Stelle wieder aufgebaut. Es schließt gegenüber der Josefskirche den Innenhof des Klosters ab. Heute beherbergt es das moderne Tagungshotel St. Josef. −Foto: JOSEF WITTMANN

Als Thomas Fleischmann das Wildbad Neumarkt im Jahr 1829 erwarb, stand diesem für den Rest des 19. Jahrhunderts seine Blütezeit bevor. Da hatte der Ort aber schon einige Jahrhunderte Badegeschichte auf dem Buckel.

Dieter Schwaiger, den Dr. Frank Präger für den Vortrag des Historischen Vereins gewinnen konnte, zeigte auf einer Karte, wo im Oberpfälzer Jura überall am Rande des Juragebirges mehr oder weniger gut riechende Schwefelquellen aus dem Karst sprudelten. Ortsnamen wie Stinkenbrunn oder das „Sippenauer Moor“ markierten die Plätze überdeutlich und wortstark, an denen stark schwefelhaltige Karstquellen austraten. Das beweist der Wortstamm „sippen“, was so viel wie „stinken“ bedeutet.

Vier Schwefel- und Mineralquellen

In Neumarkt hat es vier Schwefel- und Mineralquellen gegeben: die eigentliche Badquelle auf dem Gelände des Klosters, eine „Kapuzinerquelle“, die „Waldquelle“ und eine „Kegelbahnquelle“. Chemisch handelt es sich beim Neumarkter Wasser um eine „schwefelhaltige Calcium-Magnesium-Sulfat-Hydrogencarbonat-Quelle“. Im Ranking haben die Quellen die bekannten Orte Bad Abbach und Bad Gögging weit hinter sich gelassen, was den Gehalt an Gasen und anderen gesunden Inhaltsstoffen angeht.

Schon um das Jahr 1550 hat ein „Langius Archiater Palatinus“ über die Heilung einer kranken Frau durch die Quelle berichtet. 1598 ist der Stadtrat dem Antrag von „Johannes Chunrado Rhumelio, Philosophiae et Medicinae Doctore“ gefolgt und hat dort oben das erste städtische Badehaus errichtet. Das kleine Badehaus wurde aber im 30-jährigen Krieg zerstört.

Ausstellung:Geschichte:Stationen:Aufruf: Öffnungszeit:
Das Stadtmuseum zeigt eine Ausstellung über 500 Jahre Badekultur in Neumarkt.Obwohl der Neumarkter Amtsarzt Franz Seraph Schweninger den in seinem Bezirk lebenden Menschen 1860 kein gutes Zeugnis in Sachen Körperhygiene ausstellte und befand, dass Reinlichkeit keineswegs zu den Tugenden der Bevölkerung gehörte, konnte die Stadt Neumarkt bereits damals auf eine lange Tradition seiner Badekultur zurückblicken.„Bereits im 16. Jahrhundert wurden die Heilquellen am Mariahilfberg entdeckt, in der Stadt sorgten Badestuben für das Wohlbefinden der Bürger und schließlich seit 1922 das städtische Freibad, dass auch Sport und Vergnügen garantiert waren.“Die Leiterin des Stadtmuseums Petra Henseler (09181) 255-2720 sucht für die Ausstellung noch nach Fotos aus den Anfängen des Freibads und andern Objekten (Badeanzüge, et cetera).Die Ausstellung ist ab 30. März 2022 von Mittwoch bis Freitag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Eintritt: 2 Euro (ermäßigt 1 Euro / Familien 3 Euro)

Solche Badestuben, die neben Heilzwecken der Säuberung, Entspannung und diversen Vergnügungen dienten, hatten später zu Pandemiezeiten einen schweren Stand. Denn wie Corona heute den Start des neuen Schlossbades ruckeln lässt, so diktierte auch die Pest Kontaktverbote und andere Schutzmaßnahmen. Dafür ließ der medizinische Fortschritt an vielen Orten Heilbäder aus dem Boden sprießen. Die nannte man oft „Wildbad“, weil die Natur das Wasser ganz ohne Eingriff des Menschen fließ.

Kurorte entwickelten sich im 19. Jahrhundert zur Mode

Im 19. Jahrhundert entwickelten sich Kurorte wie das Neumarkter Wildbad zur Mode und zum Luxus für die Kranken, die es sich leisten konnten, dort zu kuren. Der Kur-Urlaub war das Vergnügen von Adel und Großbürgern - vor allem seit in Neumarkt auch die Eisenbahn hielt.

Thomas Fleischmann hat das Wildbad zum modernen Kurbetrieb umgebaut. Mit fleißendem Warm- und Kaltwasser. Wer nicht im Bad wohnte, wandelte durch die mondäne Maria-Hilf-Allee hinauf zu den Anwendungen. Trotz guter Küche und viel Werbung konnte das Wildbad letztlich mit seinem ruhigen Ambiente nicht gegen die bekannten Kurorte konkurrieren. So war es denn für den Ort und die Stadt letztlich ein Segen, dass die Niederbronner Schwestern 1920 das heutige Kloster St. Josef erworben haben.

Die Schwefelquellen sind heute alle verschlossen und die Niederbronner Schwestern im Kloster haben mit ihrer eigenen Bohrung tiefer liegende Mineralquellen ohne den Geruch nach faulen Eiern erschlossen. Im Wappen des Ordens lebt das Bad mit dem Spruch „De fontibus salvatoris – Wasser schöpfen von den Quellen des Heils“ fort.