Wirtschaft
Dressler: „Attraktive Jobs sind nötig“

Der Obertraublinger Unternehmer bricht eine Lanze für KFZ-Handwerker. Er fordert Anerkennung und angemessenes Gehalt.

20.01.2016 | Stand 16.09.2023, 6:52 Uhr
Swen Schulz bei der Fehlerdiagnose in der Werkstatt: Ohne Laptop geht hier mittlerweile gar nichts mehr. −Foto: Fotos: Kreissl

Es ist ein Appell – einer, der über drei Jahre hinweg gereift ist. Einer, der die Situation in vielen Handwerksbetrieben widerspiegelt. Und einer, der eine Lanze bricht für handwerkliche Berufe. Der Appell stammt von Arno Dressler, der in einem Offenen Brief auf einer ganzseitigen Anzeige in der Mittelbayerischen Zeitung am Samstag eine große Öffentlichkeit gesucht hat. Die hat der Geschäftsführer des gleichnamigen Autohauses in Obertraubling gefunden – und gleichzeitig für jede Menge Gesprächsstoff gesorgt. Schließlich geht es ihm um nichts weniger, als dass die Menschen, die im Handwerk arbeiten, anders wahrgenommen und angemessen bezahlt werden.

„Da müssen wir etwas dafür tun“, sieht der 61-Jährige sich und seine Unternehmerkollegen selbst in der Pflicht. Denn auch er habe lange Zeit darüber gejammert, dass dem Handwerk die Fachkräfte fehlen, unter anderem auch deshalb, weil sie in der Industrie besser bezahlte und möglicherweise auch angenehmere Arbeitsplätze finden. „Aber wir brauchen Leute, die Autos warten und reparieren“, betont der Unternehmer aus Obertraubling. Gibt es sie nicht, rollt letztlich kein Verkehr mehr, argumentiert er.

Darauf weist er in seinem Brief hin, und auch darauf dass die Handwerker in den Autowerkstätten mittlerweile keine ölverschmierten Schrauber mehr sind, sondern Spezialisten am hochkomplexen System Auto. „Dafür verdienen sie zu wenig“, hat der Dressler erkannt, der für diese Meinung von einigen seiner Unternehmer-Kollegen nicht nur Beifall bekommen hat.

Doch der Autohaus-Chef hat noch mehr getan, als nur einen Offenen Brief zu schreiben. Seit 1. Januar hat er in seinem Betrieb ein neues Gehaltsmodell eingeführt, das jedem ausgelernten Mechatroniker einen Mindestverdienst von 3000 Euro zusichert. Das Modell läuft zunächst ein Jahr als Versuch und ist an die Auslastung der Werkstatt gekoppelt.

Junge Handwerker wandern ab

Voll auf Dresslers Linie sieht sich Rudolf Angerer, der Obermeister der Regensburger Kfz-Innung. „Das liegt mir schon lange auf der Zunge“, betont der Chef eines Autohauses in Schierling. Auch er beobachtet, dass viele junge Handwerker in die Industrie abwandern, weil sie dort mehr Geld verdienen und geregelte Arbeitszeiten haben. Dem könnten Handwerksbetriebe in der Kfz-Branche nur begegnen, wenn sie ihre Mitarbeiter deutlich besser bezahlen und ihnen individuell zugeschnittene Leistungen bieten.

Angerer weiß aber auch, dass das nicht für jeden Betrieb so einfach ist. Denn in vielen Fällen würde sich das auf die Preise für die Arbeiten in der Werkstatt niederschlagen. „Genau darauf schauen viele Kunden aber sehr genau“, weiß der Obermeister. Dabei seien die Preise vor allem auch auf die rasante technische Entwicklung auf dem Kfz-Sektor zurückzuführen ist, die in den Werkstätten immer komplexere Systeme und damit teure Investitionen und Weiterbildungen erfordert. „Höhere Preise wollen die Kunden aber nicht immer und überall zahlen“, weiß der Regensburger Innungs-Obermeister.

Den Grund dafür meint Arno Dressler zu kennen. Seinen Beobachtungen zufolge ist für viele Kunden die Werkstattleistung und damit die Arbeit der Menschen in den Kfz-Betrieben nicht viel wert. Für den Obertraublinger Autohaus-Chef liegt dies an der fehlenden Anerkennung für den Berufsstand in der Öffentlichkeit. Eine Beobachtung, die Rudolf Angerer generell gegenüber dem Handwerk ausgemacht haben will. Er hält deshalb auch nicht mit Gesellschaftskritik hinterm Berg. „Mittlerweile ist doch fast nur noch ein Akademiker ein wertvoller Mensch“, schimpft er. Praktische Ausbildungsgänge brauchen seinen Worten zufolge wesentlich mehr Akzeptanz.

Das sieht auch Pressesprecher Dr. Christian Götz von der Industrie- und Handelskammer (IHK) für Niederbayern und die Oberpfalz so.Auch er hat ein Fachkräfteproblem in der Region erkannt, warnt aber, dass dies nicht zu einer Konkurrenzsituation zwischen Industrie und Handwerk führen dürfe.Ihm geht es vor allem darum, in Bildung und Ausbildung die Akzente ein Stück weit zu verschieben. „Wir haben zu viele Akademiker“, ist Götz überzeugt. Hier gelte es die Möglichkeiten des Dualen Bildungssystems besser darzustellen. Gerade für alle jene , die praktisch veranlagt oder Spätstarter seien, sieht der IHK-Sprecher Chancen, die letztlich nicht hinter akademischen Perspektiven zurückstehen müssten. Allerdings gebe es noch einigen Nachholbedarf darin, das auch den Eltern und den jungen Leuten deutlich zu machen.

Unternehmer geht in die Schule

Deshalb sorgt Arno Dressler selbst dafür, dass junge Leute schon frühzeitig erkennen, wie viele unterschiedliche Berufsfelder sich beispielsweise in einem Autohaus bieten. So kooperiert er seit einiger Zeit mit der Realschule Obertraubling – und kann sich seitdem vor Anfragen nach Schnupperpraktiken kaum retten. Dafür verbringt er ganze Vormittage in der Schule.„Wir müssen selbst etwas dafür tun, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zu halten“, appelliert er an seine Unternehmerkollegen und wird darin von Alexander Stahl von der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz unterstützt.Ein zentrales Element der Fachkräftesicherung sei nach wie vor die Ausbildung von Lehrlingen, betont er.

An die zu kommen ist jedoch gar nicht mehr so leicht. Nach Ansicht von IHK-Sprecher Götz hätten sich die Betriebe früher aus einem Überangebot von jungen Arbeitskräften nur bedienen brauchen. Das habe sich in der Boomregion Regensburg gewandelt. Jetzt müssten sich die Unternehmen attraktiv aufstellen: „So funktioniert der Markt.“

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