Bauers Gasthaus in Hauzendorf, der mächtige, wuchtige, schmucklose Quader in der Ortsstraße 2, hat seine schönsten Tage schon lange hinter sich. Die Gastwirtschaft hat vor drei, vier Jahren geschlossen. Für einen Umbau, wie vom Landratsamt verlangt, fehlte das Geld. Und mit den paar wenigen Gästen, die hier nach Feierabend ein Bier trinken kamen, hätte das auf keinen Fall finanziert werden können. Und so nahm der Verfall seinen Lauf: Schimmel an den Wänden, die Böden nass, Eiseskälte zog durch die Räume, immerhin 15 an der Zahl. „Wir haben mit den sechs Kindern in zwei Zimmern schlafen müssen, um überhaupt über den Winter zu kommen“, erzählt Rebecca Bauer über die Not ihrer großen Familie. Denn mit sechs Kindern bei nur einem Verdiener ist das Geld stets chronisch knapp. Es sind der Ausgaben immer zu viele.
Doch dann kam 2011 für die Familie Bauer alles noch schlimmer. „Wir hatten nur Pech“, sagt die 34-Jährige gebürtige Pettenreutherin und das ist beinahe ein Understatement. Denn ein Schicksalsschlag jagte den anderen. Ihr Mann Josef (52), der von der elterlichen Gastwirtschaft auf Schulbusfahrer umgesattelt hatte, erkrankte an Prostatakrebs. Und noch während er auf Reha war, fiel sein ältester Sohn Heinrich, heute 16, mitten auf der Straße einfach tot um. Er hatte seine Mutter und seine Geschwister im Radlbahnhof um die Ecke zum Eis eingeladen. Auf dem Rückweg versagte sein Herz, plötzlich lag er da. „Und du stehst als Mutter daneben und kannst nix machen.“ Sie habe nur noch Angst und Panik gefühlt, erzählt Rebecca Bauer. Doch Heinrich wurde reanimiert, von drei Nachbarn, zwei davon bei der Feuerwehr. „Die wussten sofort, was zu tun ist.“
Im Internet beworben
Und mit all ihrem Leid und Kummer, obendrein selber von einem Bandscheibenvorfall und zwei kaputten Knien geplagt, saß Rebecca Bauer am Dienstag vor Weihnachten vor dem Fernseher. Dort lief die RTL2-Sendung „Zuhause im Glück“. Und die schaut die sechsfache Mutter seit über zwei Jahren regelmäßig. „Ich bin der größte Fan.“ Doch diesmal hatte die 34-Jährige spontan einen Gedanken. „Ich bewerb’ mich.“ Die Not gab ihr Flügel. Sie füllte im Internet den Bewerbungsbogen aus, schilderte dort ihre Situation, all ihre Nöte, den desolaten Zustand des Hauses und bekam schon zwei Tage später eine erste Reaktion. Sie sollte Fotos vom Haus schicken.
Es folgte ein Interviewteam, ein Architekt aus München kam vorbei und schließlich auch noch ein Bauleiter. Und noch immer wussten die Bauers nicht, ob sie für die Sendung, die vor laufender Kamera Familien in Not hilft, ihr Haus aufzustylen, ausgewählt worden waren. „Ich hatte mir gar keine Chancen ausgerechnet, einfach nur gedacht, ich probier’s mal.“
Doch dann ging alles ganz schnell. Am 1. März wurde die Großfamilie ausquartiert, in ein Hotel nach Regensburg. Das Bauteam von RTL2 übernahm in dem Haus in der Ortsstraße 2 das Zepter, stellte sein Innenleben komplett auf den Kopf. Und zahlreiche andere Helfer packten mit an: Das Projekt F der Fenstertechnik Silberhorn aus Undorf etwa oder die Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr Hauzendorf. Binnen weniger Tage wurde das Haus ausgeräumt, die Tapeten rausgerissen, Holzböden und Fliesen gelegt, die Fenster erneuert, ein neuer Raum für die Küche gefunden, das Bad renoviert.
Jetzt bollert im großen Wohn- und Esszimmer des Hauses warm ein Ofen. Über dem langen Tisch, an dem die Familie speist, baumeln in zurückhaltend modernem Ambiente lila, weiß, erdbraun fröhlich die Lampen. Die hellgraue Couchgarnitur ist vor der Fernseh-Wand mit den schwarz-weißen Karos gemütlich hindrapiert. Und schräg gegenüber reiht sich ein langer Tisch mit zwei, drei, vier Computern für die Kinder. Hier lässt sich’s komfortabel wohnen. Rebecca Bauer konnte diese Verwandlung ihres Eigenheims anfangs kaum glauben. „Du stehst in der Früh auf und glaubst, du bist noch im Traum“, schildert sie mit hochroten Wangen. „Alle unsere Wünsche wurden, so gut es ging, wirklich erfüllt.“
Endlich wieder Freunde einladen
Sie und ihr Mann freuen sich jetzt vor allem über eines: Dass die Kinder neue Zimmer haben, jedes nach eigenem Geschmack geschmückt, ob mit Prinzessinnen-, Auto-, Pferde- oder chinesischem Drachendekors. „Sie haben endlich ihre Rückzugsräume und können auch mal Freunde einladen, ohne sich für die Zustände in diesem Haus schämen zu müssen.“ Rebecca Bauer seufzt tief auf. Ja, die Scham über ihre Lage haben sie alle empfunden. „Man zieht sich zurück und verkriecht sich“, räumt die 34-Jährige ein. Und auch das ist nach der RTL2-Aktion bei ihnen jetzt anders. „Man kann wieder Kraft tanken, weil einem eine Riesenlast genommen wird.“ Dafür ist sie dem Team des Senders, den Freiwilligen der Feuerwehr und all den anderen sehr, sehr dankbar. Denn: Sie haben ihr Leben verändert. Und: Die Hilfe reißt nicht ab. Die Biker der Gruppe „Protectors“ wollen jetzt noch den Flur, das Treppenhaus renovieren und dafür hat Jack Handl, „The Biggest Loser“, das Geld bei einer Benefizveranstaltung eingespielt. Auch die Feuerwehr habe ihre Unterstützung angeboten. Freilich gibt es die Kehrseite auch: Neider, die ihnen ihr neues „Zuhause im Glück“ nicht gönnen und gleich eine der neuen Scheiben eingeschlagen haben oder hinter ihrem Rücken tuscheln. „Aber das ist mir egal“, sagt Rebecca Bauer. „Es ist schön, sehr schön, wenn Leute kommen, die man gar nicht kennt und ihre Hilfe anbieten.“ Das sei eine Freude, einfach nur schön. „Es lebt sich anders, glücklicher und man traut sich wieder unter die Leute.“
Die Sendung wird am Dienstag, 20.15 Uhr, auf RTL2 ausgestrahlt.
Rebecca Bauer lädt wieder gerne Freunde ein. Foto: Schaeffer
„Zuhause im Glück“: Das Bauteam der RTL2-Sendung rückte im ehemaligen Gasthaus Bauer an.