Nürnberg
In Franken kommt der Pelzmärtel

Der Mann, der die Kinder am 11.11. besucht, heißt in Franken nicht St. Martin, sondern Pelzmärtel. Dieser Name ist nach der Reformation entstanden. Doch den Kindern ist das egal.

09.11.2012 | Stand 16.09.2023, 21:04 Uhr

Beim Familiennachmittag im Fembohaus steht am Sonntag der Pelzmärtel im Mittelpunkt. Foto: Fembohaus

Erwin Hemmeter betrachtet seine Verkleidung zufrieden vor dem Spiegel. Der sehr alt aussehende, gefütterte Mantel sitzt perfekt. Der angeklebte Bart hält. Der 76-Jährige schlüpft seit 38 Jahren am 11. November immer in die gleiche Rolle: In Roßtal bei Fürth verkörpert er am Martinstag vor Hunderten von Kindern den Pelzmärtel – und hält damit eine in weiten Teilen Deutschlands völlig unbekannte fränkische Tradition am Leben.

„Vor allem im evangelischen Mittelfranken werden noch heute die Kinder jedes Jahr am 11. November vom Pelzmärtel beschenkt“, erklärt der frühere Industriekaufmann. Beim Roßtaler Martinimarkt duftet es an diesem Tag immer nach Glühwein und es wird vorweihnachtliche Musik aufgeführt. Der Höhepunkt ist aber jedes Jahr der Auftritt von Hemmeter als Pelzmärtel kurz nach 14 Uhr. Mit einer alten Kutsche kommt er angefahren und verteilt an die Kinder Süßigkeiten.

Wer der Pelzmärtel aber ursprünglich ist, woher er kommt und wie er wirklich geschrieben wird, darüber herrscht unter den Franken alles andere als Einigkeit. Die einen nennen ihn „Belzmärtel“, andere „Bälzamäddl“. Mal ist von einer finsteren Gestalt die Rede, weil „pelz“ oder „pelzen“ im Westmitteldeutschen für prügeln steht. Andere glauben an einen „Martin im Pelz“. Denn der fränkische Kosename für Martin lautet „Märtel“.

Andreas Brandl, der die bayernkritische Internetseite www.bayern-wolln-mer.net betreibt, sieht im Pelzmärtel „die fränkisch-evangelische Antwort auf das Kinderbeschenken am Martinstag.“ Als Folge der Reformation wollten die Protestanten offensichtlich nicht länger die katholischen Heiligen St. Nikolaus und St. Martin verehren.

Im Nürnberger Stadtmuseum Fembohaus wird am Sonntag groß gefeiert: Das Museum lädt zu einem fröhlichen Familientag rund um den Pelzmärtel und die Martinsgans. Von 14 bis 17.30 Uhr stehen zahlreiche Aktionen, auch zum Mitmachen, auf dem Programm.