Neumarkt
Gut gepflegtes Cannabis schoss ins Kraut

Richter Rainer Würth war beeindruckt: „Respekt, ich habe selten jemanden gesehen, der Cannabispflanzen mit so anständiger Pflege auf diese Höhe gebracht hat.“

14.06.2021 | Stand 16.09.2023, 2:23 Uhr
Josef Wittmann
Die Polizei stellte in der Wohnung des Angeklagten auch Cannabis-Pflanzen sicher. −Foto: Patrick Pleul/Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dp

Dass der 52-jährige Angeklagte, der mit seiner Familie im westlichen Landkreis ein ansonsten unauffälliges Leben führt, nun vor dem Amtsgericht Neumarkt landete, lag an einem übelwollenden Nachbarn. „Ihr Verhältnis zu ihm ist offensichtlich etwas angespannt“, konstatierte Richter Würth.

Verteidiger Dr. Markus Meier bedauerte. Dem Nachbarn durch Wegzug zu entgehen, komme für seinen Mandanten nicht in Frage. Die Familie sei vom bescheidenen Verdienst des Mannes abhängig, der in der Nähe seiner Wohnung in einer Tankstelle und als Fahrer für die Diakonie arbeitet.

Das Geld der Familie ist knapp und wo andere Bürger sich zur Entspannung abends ein „Seidla“ gönnen, kommt der Angeklagte völlig ohne Alkohol aus. Er griff stattdessen zum selbst gezogenen „Gras“.

Sein grüner Daumen und die gute Pflege blieben aber nicht folgenlos, denn Anfang August 2020 stellte die Polizei in seiner Wohnung zwei prächtige Cannabispflanzen sicher und noch 8,7 Gramm Marihuana mit 18 Gramm Wirkstoffmenge. Die stammten aus einer dritten, schon abgeernteten Pflanze. Das wertete Staatsanwältin Lochmiller als unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

Zu seinen Gunsten falle ins Gewicht, dass er den Sachverhalt ohne Wenn und Aber einräumte und die Polizei unterstützte, wo er nur konnte. Das Marihuana war ausschließlich für den Eigenkonsum bestimmt und inzwischen verzichtet der Mann nachweislich völlig darauf – schon um seinen Fahrjob in der Diakonie nicht zu verlieren. Einen minder schweren Fall könne sie aber wegen der Menge der Droge und einiger weiter zurückliegender Vorstrafen nicht erkennen. Eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaen mit Bewährung sei angemessen – zuzüglich 2000 Euro Geldstrafe.

Der Verteidiger plädierte auf ein Jahr auf Bewährung. Auf die Geldstrafe solle das Gericht verzichten. Immerhin habe man nicht etliche Kilo, sondern doch relativ wenig Rauschgift gefunden. So viel Geld ginge zulasten der Familie, der es finanziell ohnehin schon schlecht gehe, und der Familienvater werde auch so gewiss den Gerichtssaal nicht übermütig verlassen. „Ich habe einen ganz großen Fehler gemacht und meine Eltern, die ich betreue, meine Söhne, meine Frau und meinen Arbeitgeber in große Schwierigkeiten gebracht“, bekannte der Angeklagte in seinem letzten Wort. Er werde Sorge tragen, dass das nie wieder passiere.

Richter Würth glaubte ihm. „Sie führen eine ganz herkömmliche, bürgerliche Existenz, Cannabis hat auf ihr Umfeld nicht abgefärbt. Ich habe keinerlei Anlass, das anzuzweifeln.“ Richter und Schöffen verurteilten den Angeklagten zu einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe mit drei Bewährungsjahren. Außerdem muss er 500 Euro in monatlichen Raten zu 50 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. (nos)