Umweg
Kelheimer steht im Biathlon-Weltcup

Seine eigene Laufbahn hakt Niklas Kellerer (22) ab – aber er wird DSV-Servicetechniker. Bei der EM war er bereits im Einsatz.

22.04.2016 | Stand 16.09.2023, 6:52 Uhr
Die aktive Laufbahn des jungen Biathleten Niklas Kellerer ist vorbei. Nun soll er Servicemann beim DSV werden. −Foto: Fotos: Archiv

Eigentlich ist es eine schlechte Nachricht. Niklas Kellerer beendet mit erst 22 Jahren seine Laufbahn als Biathlet. „Ich wollte nach ganz oben, dazu reicht es aber nicht“, sagt der Kelheimer. Doch wo sich eine Tür schließt, tut sich eine andere auf. Kellerer steigt als Servicetechniker des Deutschen Skiverbandes (DSV) in die Biathlon-Szene ein. Bei der EM im russischen Tjumen erlebte er seine Feuertaufe – mit überragenden Erfolgen für Deutschland. Nun will ihn der DSV fest in die Technikertruppe holen.

„Das Karriereende ist schade, aber ich bin nicht todtraurig.“Niklas Kellerer

Mit seiner Karriere als Skijäger hat Kellerer abgeschlossen. „Natürlich schwingt eine leichte Enttäuschung mit, aber es gibt schlimmere Dinge auf der Welt“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. „Nik“ war das erste Zugpferd, als Kelheims Biathlon-Legende Fritz Fischer vor etwa zehn Jahren seinen Traum vom Weltcup-Biathleten aus seiner Heimatstadt mit einer Initiative anschob. Beim Radsportclub (RSC) Kelheim wurde ein Nordic-Camp für angehende Skijäger gegründet. „Ich weiß noch, dass Fischers Vorbild mich damals motiviert hat einzusteigen“, erinnert sich der 22-Jährige.

„Mir fehlt zu viel auf die Spitze“

Die RSC-Camp-Mitstreiter bemühten sich um junge Nachwuchskräfte. Bei Kellerer schien die Arbeit besonders zu fruchten. Gold, Silber und Bronze räumte er in verschiedenen Altersstufen bei deutschen Jugendmeisterschaften ab, im Deutschlandpokal gewann er mehrere Rennen. Je näher der Seniorenbereich rückte, desto schwerer wurde es für ihn. „Die Dichte bei den jungen Athleten in Deutschland ist enorm“, weiß der Kelheimer, der an einem optimalen Tag vorne dabei war. So schlug er vor einem Jahrdeutsche Junioren-WM-Starter bei der nationalen Meisterschaft. Die WM-Qualifikation einen Monat zuvor verpatzte er aber grandios und erwog erstmals einen Rücktritt.

„Ich kann keine Konstanz in die Wettkämpfe bringen. Das hat jetzt auch dazu geführt, dass nach dem abgelaufenen Winter Schluss war.“ Im Herbst noch konnte er bei internationalen Tests in Norwegen zum Teil sogar Weltcup-Starter hinter sich verweisen. Mitte Dezember feierte erseinen ersten Sieg bei den Herren im Alpencupin Obertilliach. „Dass mir einmal alles aufgeht wie an diesem Tag, war zu selten der Fall. Mal passte das Laufen, mal das Schießen, aber eben nicht zugleich.“ Der restliche Winter war „nicht berauschend“. „Es fehlt zu viel auf die Spitze. Der unbedingte Wille ist vom Kopf her nicht mehr da“, lautet das Schlussfazit.

Mitten in die enttäuschende Phase hinein – „freilich ist es schade, aber ich bin nicht todtraurig“ –kam eine Anfrage aus dem Stützpunkt Ruhpolding, wo Kellerer viele Jahre trainierte. Er könne zur Biathlon-EM nach Russland mitfahren, man brauche noch einen Servicetechniker für die DSV-Athleten. Kellerer stürzte sich ins Abenteuer in Tjumen hinein. Es war, so sagt er nach acht Tagen in Russland, „ein Knochenjob. Du bist von in der Früh bis am Abend damit beschäftigt, Skier herzurichten, angefangen von einer Grundaufbereitung bis hin zu den speziellen Wachseinheiten, die nur die erfahrenen Techniker machen dürfen.“

„Die Techniker liefern sich einen eigenen Wettkampf mit den anderen Nationen.“Niklas Kellerer

In einem Hotel direkt am Wettkampfstadion war die Servicecrew untergebracht. „Von der Stadt, die 40 Minuten entfernt liegt, habe ich nichts gesehen. Man kommt nicht raus wegen der Arbeit.“ Dutzende Paar Skier richteten Kellerer und seine beiden Kollegen her. „Ein Athlet kriegt in der Früh zwei bis vier Paare, die er mit dem Techniker testet. Dann wählen Biathlet und Servicemann eines für den Wettkampf aus und das wird optimal hergerichtet.“

Betreueramt in Ruhpolding

Die deutschen EM-Starter wie Florian Graf bekamen perfekte Skier angeschnallt: acht Medaillen gingen an den DSV, davon drei in Gold. „Ein guter Ski ist die Voraussetzung für einen Sieg. Das kenne ich aus eigener Erfahrung.“ Eines registrierte Kellerer besonders: „Die Techniker liefern sich bei der Wachs- und Skiwahl einen eigenen Wettkampf mit den anderen Nationen.“ Am letzten Abend durften die Serviceleute mit den Athleten bei der Abschlussfeier im Stadion anstoßen.

Momentan sitzt der Kelheimer in seiner Wohnung in Ruhpolding und bereitet sich auf seinen Abschluss als Kaufmann für Büromanagement vor. „Ich bin nach wie vor beim Gebirgsjäger-Skizug der Bundeswehr. Als Sportsoldat war ich vom Dienst befreit. Die Ausbildung durfte ich parallel in Blöcken machen.“ Am 3. Mai stehen die Prüfungen an. Bis März 2019 wird Kellerer auch danach bei der Bundeswehr bleiben und ist auch weiterhin freigestellt. Denn ein Job hat sich schon aufgetan: „Ich kann mich am Stützpunkt Ruhpolding als Betreuer für den Bayerischen Verband mit einbringen.“

Noch im April wird ihm der DSV signalisieren, wohin die Reise als Servicetechniker im nächsten Winter geht. „Der IBU-Cup soll es auf jeden Fall sein, auch die Zeichen für den Weltcup stehen nicht schlecht.“ Kellerer kommt dabei zugute, dass er einen Lastwagenführerschein hat. Das umfangreiche Material der Spitzenathleten muss zu den Schauplätzen transportiert werden. „Im November sollte es gemeinsam mit den DSV-Athleten bei Lehrgängen los gehen.“

Ein letzter Blick geht zurückauf die eigene Biathlonkarriere: „Ich danke meinen Betreuern im RSC und allen Unterstützern. Auch wenn ich nicht den großen Sprung geschafft habe – es war eine tolle Zeit.“

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