Naturkunde
Mühlbachquellhöhle hat noch Geheimnisse

Im Inneren der Fränkischen Alb mussten die Forscher Biwaks anlegen. Über Fortschritte der Erkundung informierte ein Vortrag.

23.10.2017 | Stand 16.09.2023, 6:29 Uhr

Die bis jetzt bekannten Ausmaße der Mühlbachquellhöhle faszinieren die Forscher. Foto: KGM G. Winterstein

„Vielleicht finden wir irgendwann den Einstieg von oben“ hofft Vereinsmitglied Dr. Stefan Glaser. Denn nur die fünf Taucher der „Karstgruppe Mühlbach e.V.“ haben den neuen Höhlendurchbruch bis jetzt gesehen. Damit man in diese Bereiche kommt, muss man tauchen: Insgesamt 670 Meter – verteilt über acht Höhlensiphons. Dazwischen gibt es immer wieder festen Boden, mit einer Lauflänge von zirka eineinhalb Kilometer. Die Mühlbachquellhöhle ist mit den bis jetzt erforschten zehn Kilometern Länge die größte wasseraktive Flusshöhle in der Fränkischen Alb und ein Naturdenkmal. Sie besteht aus zwei Armen: Nord- und Ostarm.

Vor etwa zwei Wochen konnte eine Schlüsselstelle im Ostgang erweitert werden, durch die, so hoffen die Forscher, ein Einstieg in einen weiteren Höhlenverlauf in Richtung der Hochfläche gelungen ist. Dieser Bereich liegt so tagfern, dass nur wenige Taucher überhaupt dorthin kommen können. Über all das wurde dieser Tage bei einem Vortrag der Forscher informiert.

Manches erinnert an Bergsteiger

Allein der Materialtransport ist mit großem Aufwand verbunden. Längere Arbeitseinsätze konnten daher nur durch die Einrichtung eines auch bei Einsätzen im hochalbinen Gelände üblichen Biwaks möglich gemacht werden. Ein Ingenieur, Vereinsmitglied, baute extra ein besonderes Telefon, damit innerhalb der Höhle jederzeit ein benötigter, längerer Aufenthalt gemeldet werden kann. Bei Zeitverzug würden die Kollegen aus Sicherheitsgründen sonst Alarm geben und Rettungsmaßnahmen einleiten.

Bereits vor Jahren wurde am 16 Kilometer entfernten Pfälzerhof eine farbige Flüssigkeit in eine Karstdoline eingebracht. Zwei Tage später kam die Farbe in der damalige Endhöhle im Ostarm an. Die 48 Stunden belegen, dass sie mit einer sehr hohen Schüttung (Geschwindigkeit) auf einer Art Karstautobahn die 16 Kilometer mit einem Gefälle von rund 130 Meter hinunter geeilt war. Man spürte dort schon immer einen Luftzug. Jetzt wusste man aber sicher, dass es nicht das Ende des Höhlenganges ist.

Es handelt sich um eine Art Deckeneinsturz, der ein Weiterkommen bisher verhinderte. Der Verein ließ vor mehr als 15 Jahren Höhlengestein untersuchen und man bekam die Bestätigung, dass Teile bis zu 600 000 Jahre alt sind. In dieser langen Zeit haben viele Versturzereignisse immer wieder Wege verschlossen.

„Seit 1990 arbeiten Speläologen (Höhlenforscher) aus mehreren fränkischen Vereinen im Bereich des unteren Altmühltals“ berichtete Dr. Christian Schöffel aus Erlangen. Wegen dramatischer Hochwasser-Erzählungen der Mühlbacher Bevölkerung stellten die Höhlenforscher 1998 Archivrecherchen bei der Lokal-Presse an und die Geschichte konnte belegt werden. 1909 gab es in Mühlbach ein Extrem-Hochwasser. Aus dem Bereich der Mühlbachquellhöhle sind für mehr als 24 Stunden enorme Wassermengen in einem Sturzbach von vier Meter Breite und zwei Meter Tiefe ausgetreten und überfluteten die Ortschaft und das Tal.

Rekordmaße entdeckt

Auf der Suche nach dieser Höhle wurde im Juni 1998 der ehemalige Austrittsweg des Wassers freigelegt. In einem mehr als zweieinhalbjährigen Kraftakt gelang es 2001 endlich, in natürliche Hohlräume vorzustoßen. Diese entpuppten sich als Zustieg zur ersten wasseraktiven Riesenhöhle (so der Fachbegriff für Höhlen mit einer Gesamtlänge von über fünf Kilometern). Die Raumformen und Höhleninhalte sind im weiten Umkreis einzigartig. Mit einer Gesamtausdehnung von etwa zehn Kilometern übertrifft die Mühlbachquellhöhle die bislang längste fränkische Höhle um mehr als das Vierfache. Sie gehört zu den zehn längsten Höhlen in Deutschland.

Durch ein Netzwerk zahlreicher Wissenschaftler, spezialisierter Höhlenforscher und die Kooperation mit verschiedenen Institutionen wurde bis jetzt ein Gesamtbild der Höhle gezeichnet, das den bisherigen Wissensstand über den Untergrund der Fränkischen Alb revolutioniert hat.

Die zweite Besonderheit des diesjährigen Vortrags waren die 3D-Bilder der Höhlen. Jeder der mehr als 250 Zuschauer erhielt eine 3D-Brille, um den Eindruck des Wassers in den Höhlen, der oben hängenden Stalaktiten und der unten stehenden Stalagmiten, zu verstärken. Diese Bilder sind im Stadel der Obermühle in Mühlbach in der Dauerausstellung zu sehen. Auch im Nordgang wird weitergeforscht. Dieser führt nur gut 15 Prozent des Wasseranteils und ist deswegen für Forscher ohne Tauchausrüstung interessant. Vielleicht gibt es wirklich mal einen Einstieg von oben aus der Hochfläche.