Ukraine-Krieg
Neumarkt schickt Backstube in Ukraine

Hofpfarrei und Franz Düring bitten für die Hilfsaktion um Spenden. Archimandrit Thiermeyer übt Kritik an Botschafter Melnyk.

14.04.2022 | Stand 15.09.2023, 5:45 Uhr
Archimandrit Andreas Thiermeyer, Pfarrer Stefan Wingen und Franz Düring zeigen, was für eine Art Backofen in die Ukraine geschickt wird. −Foto: Eva Gaupp

Die ukrainische Stadt Uschhorod liegt direkt an der Grenze zur Slowakei, bis Ungarn sind es nur wenige Kilometer. Etwa 117000 Menschen lebten dort – bis der Krieg begann. Seitdem haben zusätzlich etwa 100000 Menschen Zuflucht in der Stadt in den Karpaten gesucht oder ziehen auf ihrer Flucht gen Westen durch. „Uns verhungern langsam die Menschen“, hat der dortige Caritasdirektor Pfarrer Miroslav Rusyn deshalb einen Notruf an seinen früheren Kommilitonen Stefan Wingen in Neumarkt gesandt.

„Sie haben das Mehl, aber es fehlt die Technik, um Brot zu backen“, erklärte der Hofpfarrer und selbst Sohn einer Bäckerfamilie. In Bäckermeister Franz Düring fand er gleich einen Unterstützer und so wird in wenigen Wochen ein professioneller Backofen samt Knetmaschine, Blechen, Tischen und notwendigem Equipment eine Reise gen Osten antreten. Zwischen 80 und 90 Kilo Brot können in dem Ofen auf einmal gebacken werden, sagte Düring beim Pressegespräch am Donnerstag.

Spenden:Leben für einen Tag:
Für den Kauf und den Transport der Bäckereiausstattung zu finanzieren, freut sich die Pfarrei „Zu Unserer Lieben Frau“ über Spenden: IBAN DE14 7605 2080 00000 26195.Die angegebenen Lebensmittel sollten bitte in einem Schuhkarton verpackt und mit der Auflistung versehen bis 26. April im Pfarrbüro der Hofkirche, Hofplan 3 in Neumarkt abgegeben werden. Inhalt: Vollkornbrot eingeschweißt, Feuchttücher, Schokolade, 0,5 oder 0,75 l Wasser, Energieriegel, Powergel, Erdnussbutter, Nussmischung, Studentenfutter, 2 Päckchen Rettungsdecken, kleine Packung Pflaster, 1 Teelöffel.

Das Ausstellungsstück habe er günstiger von der Firma Miwe bekommen. Und weil solche Mengen Teig nicht mit der Hand zu bearbeiten sind, hat der Bäckermeister gleich noch mit Hilfe von Freunden eine Knetmaschine bei Passau besorgt. Um die Teigwaren auf Blechen in den Ofen rollen zu können, will Düring noch einen Händler überzeugen, möglichst schnell sogenannte Stickenwagen zu liefern. „Das dauert sonst vier bis fünf Wochen. Aber so viel Zeit haben wir nicht.“

Bäckerei hilf der ganzen Region um Uschhorod

Weil die Region um Uschhorod sehr arm sei, könne die Backstube viel Gutes bewirken – auch über den Krieg hinaus, freute sich Wingen. Dieses Projekt ausgerechnet an Gründonnerstag der Öffentlichkeit vorzustellen, dem Tag des letzten Abendmahls Jesu mit seinen Jüngern, sieht er als besonderes Zeichen. „Vielleicht ist das ein kleiner Fingerzeig vom lieben Gott.“

Jedoch fehlen noch Spenden, um die etwa 17000 Euro für Geräte und Transport zu finanzieren. Einen Teil stemmt die Aktionsgemeinschaft Kyrillos und Methodios e.V. (AKM), die Archimandrit Andreas Thiermeyer leitet. 5000 Euro hatten jüngst Beilngrieser Grundschüler gesammelt. Der langjährige Wallfahrtsrektor der Kirche am Habsberg war Gründer des byzantinischen Studienseminars Collegium Orientale in Eichstätt und hat vielfältige Kontakte in ukrainische Pfarreien. Miroslav Rusyn war einer seiner Studenten. Die AKM unterstützt seit 1985 die griechisch-katholische Kirche im Osten. Seit Russland die Ukraine angegriffen hat, seien mehrere Hilfstransporte im Wert von ca. 127000 Euro organisiert worden, sagte Thiermeyer.

Kritik an Selenskyi und Melnyk

„Ich bekomme Tag und Nacht Anrufe. Es ist erschütternd. Und es wird immer brutaler“, sagte er sichtlich bewegt. Gleichzeitig bestehe in Deutschland eine so überwältigende Hilfsbereitschaft. „Um so unverständlicher ist es für mich, dass der ukrainische Präsident Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ausgeladen hat. In der Politik sind immer Fehler gemacht worden“, aber Steinmeier habe sich dafür entschuldigt. „Auch die Ukraine hat mit Russland gepokert.“

Und noch immer verdiene die Ukraine daran, dass Öl und Gas von Russland über ihr Gebiet in den Westen transportiert werde. „Die gesamte Ostpolitik ist gescheitert“, so Thiermeyer. Auch an dem Verhalten des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk in Berlin übte er Kritik: „Er fordert und fordert und beschuldigt. Das ist unverschämt.“ Dieses Auftreten wirke völlig kontraproduktiv gegenüber all den Hilfsaktionen.

Eine weitere initiiert die Hofpfarrei: Bei dem Transport der Backstube sollen Schuhkartons mit Lebensmitteln für einen Tag mitverschickt werden. Diese sollen vor Ort verteilt werden.