Schlager
„Patrona Bavariae“ erobert die Disko

Günther Behrle passt seinen Millionen-Hit dem Zeitgeist an. Das Naabtalduo war gestern, heute sind Kevin & Manuel.

27.10.2015 | Stand 16.09.2023, 6:55 Uhr
Helmut Wanner
Kein Wunder, ein Papp-Kamerad: Kevin & Manuel mit Papa Francesco vor der Antoniuskirche. Das Foto wirbt für die Single „Papa Francesco“, dem ersten Papstlied aus Regensburg. −Foto: Flamingo-Studios

„Höre auf deine innere Stimme“: Günther Behrle sei in seinem Leben mit diesem Grundsatz immer gut gefahren. In den Predigten aus dem Alltag, einer Serie der MZ, erzählte er 1997 die Entstehungsgeschichte von Patrona Bavariae.

Nach einer schweren Erkrankung, die aus Ärger mit seiner Schule ausbrach, beschloss der Komponist und Liedtexter am 17. Mai 1987 auf der Intensivstation, sich von der Schule beurlauben zu lassen, um nur noch Lieder zu schreiben. Zu seiner Frau sagte er am Telefon aus der Klinik: „Wir holen die nächsten Künstler, die 1000 Kassetten machen wollen, ins Studio, vielleicht ist ein Talent dabei? Die nächsten Künstler, die singen wollten und sich meldeten, waren ein gewisser Wolfgang Edenharder und ein gewisser Willi Seitz, das Original Naabtal Duo.“

25 Millionen verkaufte Tonträger

Der Rest ist bekannt: Patrona Bavariae gewann den Grand Prix der Volksmusik 1988, verkaufte sich 25 Millionen Mal und löste damit einen Boom volkstümlicher Sendungen im Fernsehen aus. Der ist nun unwiderruflich zu Ende gegangen.

Fast 30 Jahre danach sagte Behrles innere Stimme: Mach doch eine Disko-Version. Die Patrona Bavariae werden zwei blonde Teenager aus Regensburg verpoppen, Kevin & Manuel. Die Namen sind gewählt in Anlehnung an die Fußball-Profis Kevin Großkreutz und Manuel Neuer, mit denen die beiden Sänger eine gewisse Ähnlichkeit haben sollen. Eigentlich heißen sie Martin Piendl und Valentin Ponkratz, waren Domspatzen und streben momentan auf der Montessori-Schule bzw. BOS das Abitur an. Die beiden Bayern lieben Schlager und haben somit keine Berührungsängste mit „lyrics“, die für Angehörige der Smartphone-Generation eher schwierig sind.

Die Disko-Version geht in die Beine

„Ich hab amal a Madl g’habt, des hat mich nicht mehr woll’n, kein Telefon, kein Brief von ihr, ein andrer hat’s mir g’stohl’n. Da bin ich naus zum Waldesrand, wo’s kleine Kircherl steht, Maria hilf, so hab ich g’sagt, du weißt wie’s weitergeht…“

Kein Facebook-Chat, kein What’s App-Kontakt wurde eingearbeitet, es blieb konservativ bei Telefon und Brief. Der Text bleibt bei der Disco-Version original, nur der Beat ist jetzt ein vollkommen anderer. Man könnte jetzt sogar drauf in der „Suite“ darauf tanzen, was Günther Behrles Hauptzweck aber nicht war und ist.

2013 hatte Behrle die beiden Domspatzen unter seine Fittiche genommen. An manchen Wochenenden stehen sie nun in Orten wie Gladbeck mit Behrles „Käptn Cook und seine singenden Saxophone“ auf der Bühne. Der erste Erfolg: Kevin & Manuel waren„Sommerhitkönige 2014“ bei „Immer wieder sonntags“ in der ARD.Die größte Auszeichnung aber war: „Sie wurden in TV Total von Stefan Raab verarscht. Um dort verarscht zu werden, da muss man schon einen Namen haben,“ sagt Günther Behrle. Er hat gelernt, mit den Medien zu spielen.

Parallel zur „Patrona Bavariae“ bereiten Kevin & Manuel keinen geringeren als den Stellvertreter Gottes auf Erden für den deutschen Schlager auf. Die „Hymne Francesco“ haben sie gerade mit „Captain Cook und seinen singenden Saxophonen“ gleichzeitig in den Flamingo-Studios in der Luitpoldstraße aufgenommen. Die gemeinsame Premiere erleben die Regensburger am 20. November im Kolpingsaal. Die Weltpremiere ist allerdings bereits an Allerheiligen im Deutschen Radio von Chicago. Behrle wird auf englisch über Telefon dazu geschaltet. Der Text geht so: „Weißer Rauch stieg nachts aus dem Kamin und Millionen Herzen, die erglüh’n. Dieser Mann gibt uns Vertrauen, auf sein Wort, da kann man bauen, und zu glauben hat jetzt wieder Sinn.“

Günther Behrle will damit musikalisch das heilige Jahr des Erbarmens begleiten, das der Papst für 2016 ausgerufen hat. Speziell darauf passt diese Zeile: „Du hältst kleine Kinder auf dem Arm, nimmst dich aller Heimatlosen an. Du warst schon in Lampedusa, als der Rest der Welt noch zusah, du willst, dass ein Mensch noch Mensch sein kann.“ Den Rest füllt Behrle mit marianischem Liedgut auf. Die Saxophone singen Gotteslob-Titel wie „Maria breit den Mantel aus“, im übrigen: Fürstin Glorias Lieblingslied.