Menschen
Seine Musical-Stars sind die Marionetten

Der Musiker Sepp Frank komponiert seit 30 Jahren für die kleinste Bühne Regensburgs, das Figurentheater im Stadtpark.

23.11.2016 | Stand 16.09.2023, 6:40 Uhr
Helmut Wanner
Sepp Frank mit Evi Robl und Heinz Polkehn −Foto: altrofoto.de

Auf dem Domplatz ist Sepp Frank kürzlich wieder einer seiner Kompositionen begegnet. Ein Kind lief übers Pflaster und trällerte „Elfriede, ou jä!“

„Zweimal hab ich hingehört. Mein Lied? Kann das sein? Tatsächlich! Meine Elfriede. Da hab ich mich richtig gefreut“, sagt der 65-jährige Musiker. Es kann passieren, dass ihm hin und wieder so ein kleiner Gassenhauer gelingt, geträllert vom kleinstmöglichen Publikum, den Kindern. Das ist sein Extra-Honorar.

Der Tod wirkt so lebendig

„Rengschburg, du hast di guat ghalten…“ Man kenntSepp Frankals Komponist der Regensburg-Hymne, als wuschelkopfeten Akkordeonisten des Trio Trikolore, als Bandmitglied von Chambergrass und den Sinalcos. Er beherrscht die Instrumente vom Cello bis zur Trommel, von der Balalaika bis zur Ukulele und kann mit dieser seiner Vielseitigkeit die verschiedensten Stimmungen und Klangfarben erzeugen. Das nutzen die Regensburger Bühnen. Als Theaterkomponist für Josef Berlinger, für das Figurentheater und die städtischen Bühnen, als Komponist für Hörbücher des Lohrbär-Verlags (Georg Britting, „Kleine Welt am Strom“), bleibt der Mann aus der Fidelgasse aber stets im Hintergrund.

Sepp Frank stellt sich vor:

Seit das Figurentheater im Stadtpark steht, schreibt er die Musik dafür. Das sind jetzt über 30 Jahre. Die Marionetten sind 1985 ins ehemalige Schützenhaus von 1774 gezogen. Unter Linden und Quitten wirkt die Spielstätte aus der Zeit gefallen, ein Ort der Entschleunigung. Von außen optisch eine Poststation, erinnert das Foyer mit der wertvollen Rokokotreppe an das Wohnzimmer im Grimmschen Märchen. In der mächtigen Standuhr könnten sich leicht die sieben Geislein verstecken. Der 50 Quadratmeter große Zuschauerraum mit den sechs größenmäßig von 30 auf 60 Zentimeter anwachsenden Stuhlreihen ist blau wie eine Bonbon-Dose. Ganz vorne im Rechteck aus roten Brettern (2,20 Meter auf 60 Zentimeter) passiert es seit über 30 Jahren. Tausende Kinder und Erwachsene ließen sich faszinieren.

Richtig kennengelernt haben sich die Künstler über den Bühnenautor Josef Berlinger, bei der Produktion der Musik für „Automobile“. Das waren die Jahre, als Franks mittlerweile verstorbene Frau Monika noch dabei war. Sie unterstützte das Figurentheater als Dramaturgin und lieh einzelnen Figuren ihre Sprechstimme. So ist sie in einigen Produktionen noch heute zu hören. Sepp Frank schreibt Songs und Erkennungsmelodien für Marionetten. Bei den Premieren ist er dabei. Aber das Erwachsenenstück „Brandner und den Boandlkramer“ habe er schon zwölfmal gesehen. Kritiker sagen, dass der Tod dort so lebendig wirkt.

Das liegt auch an der Auftrittsmelodie des Todes. Sepp Frank hatte sie morgens um 2 Uhr im Kopf und setzte sich sofort hin, um die Idee festzuhalten, „wie einen Traum, den man sonst vergisst“. Frank spricht von der Magie des ersten Entwurfs. Die Nachbearbeitung hatte den Zauber verloren. „Ich kehrte zu der ersten Skizze zurück.“

Ein Ort der Entschleunigung

In Marionetten muss man sich einfühlen. Die 30 cm großen Darsteller hängen zwar an den Fäden ihrer Spieler, aber jede lebt in dem Moment, wo sie sich auf der Bühne bewegt, ihr eigenes Leben und hat ihr spezielles Soziogramm. Das ist so ein Ausdruck von Heinz Polkehn, des studierten Architekten, der in seiner härenen Künstlerjoppe als Textchef die Fäden zieht.

Sepp Frank begleitet seit Jahrzehnten die Produktionsprozesse, lässt sich bereits von den zeichnerischen Entwürfen von Evi Robl inspirieren, die dann modelliert werden, um dreidimensionale Gestalt anzunehmen. Die Melodien schreibt er in die ruhige Hand der Puppenspieler Heinz Polkehn und Evi Robl. Die Töne müssen zu den Abläufen passen. Kompositions-Arbeit für Marionetten hat eine andere Qualität. Heinz Polkehn: „Die Musik muss durchsichtig bleiben und nicht zu mächtig daher kommen.“

Ursprünglich sollte es ja nur eine Vorhang-auf-Musik, eine Spannungsmusik und eine Pausenmusik sein, aber Sepp Frank fiel bei den Figuren des Stückes „Der Hase Theophil“ gleich so viel ein, dass auch noch Lieder für die Hühner, den Hahn und die Küken entstanden. Am Ende war der Hase sein erstes richtiges Musical. Mittlerweile hat er sechs Musicals für das Figurentheater geschrieben.

Dieses Musik-Format macht die romantische Bühne im Stadtpark einzigartig. „Musicals sind unser Alleinstellungsmerkmal“, sagt Heinz Polkehn. Er mag das Marketing-Wort nicht. Seine Frau Evi Robl ergänzt: „Von den Plakaten, über die Texte, die Figuren, das Bühnenbild und die Musik ist hier alles von uns und handgemacht.“ Die Harmonie von Puppenspielern und Tonkünstler sucht ihresgleichen.