Handwerk
Stabwechsel bei der Friseurikone Brandl

Der Senioren-Chef des Geschäfts in der Hallertorstraße war ein wandelndes Buch der Neumarkter Geschichte. Jetzt übergab er.

08.03.2019 | Stand 16.09.2023, 5:51 Uhr
Lothar Röhrl

Statt eines Staffelstabes übergab Hans Brandl im Beisein seiner Gattin Emmi – symbolisch – eine Schere an den Neffen Armin Stiefbold. Foto: Röhrl

Keine Frage: Hans Brandl verkörpert eine lange Geschichte seines Friseur-Handwerks in Neumarkt. Und der gebürtige Neumarkter ist Zeuge der Geschichte Neumarkts von dessen Zerstörung über den Wiederaufbau bis zur noch heute anhaltenden wirtschaftlichen Blüte. Erst mit jetzt 85 Jahren hat sich der dienstälteste Friseurmeister Neumarkts in den Ruhestand verabschiedet. Und das Geschäft mit langjährigem Personal übergeben.

Als das Tagblatt, die größte und älteste Heimatzeitung in Stadt und Kreis Neumarkt, dieser Tage Hans Brandl und seine Gattin Emmi im „Haarmode Brandl“ genannten Salon vorbei sah, waren imposante Zahlen zu hören. Sie spiegeln wieder, welch ein wichtiger noch lebender Zeitzeuge Hans Brandl ist. Einer, der darüber berichten kann, wie sich seine Geburtsstadt Neumarkt und sein Beruf verändert haben.

Friseursalon als Kinderstube

Vater Hans hatte als Friseurmeister in seinem Geburtsjahr 1934 das Geschäft an der Ecke Feldstraße/Weinbergerstraße eröffnet. Selbst hat er 1948 mit der Lehre begonnen. 1961 übernahm er das mittlerweile in die Bahnhofstraße umgezogene Geschäft. Nun hat er den heute in der Hallertorstraße gelegenen Salon an seinen Neffen Armin Stiefbold übergeben. Damit setzt sich die Familientradition in der nächsten und damit dritten Generation fort.

Aufgewachsen ist Hans Brandl in seinem Geburtshaus in der Sandstraße. Er war elf Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg die Stadt mit voller Wucht erreichte. „Von Pilsach her haben die Amerikaner in die Stadt geschossen. Meine Familie hatte Glück, dass die Geschosse nicht im Haus eingeschlagen sind. Von den Nachbarhäusern wurden etliche getroffen. Diese Spuren hat man noch bis vor wenigen Jahren sehen können.“ Hans Brandl erlebte das Kriegsende in Voggenthal. Dorthin waren er und seine um zehn Jahre jüngere Schwester Annelie zu Fuß von der Mutter in Sicherheit gebracht worden, während der Vater bei den Sanitätern in der Stadt zurückblieb.

Viele Fragen zur Nachkriegszeit

An die Bilder, die sich beim Anblick der fast völlig zerstörten Altstadt boten, kann sich Hans Brandl noch gut erinnern. Und auch an sein Erschrecken, als er zum ersten Mal einen US-Soldaten mit schwarzer Hautfarbe sah. Die Zeit des Wiederaufbaus der Stadt bekam er mit, als er seine Lehre und dann auch den Meister (1956) machte. 1959 zog „Haarmode Brandl“ in die Bahnhofstraße um. Dort, wo heutzutage mit den Adressen Bahnhofstraße 2 und 4 ein großes Ärzte-, Apotheke- und Geschäftshaus aus Fertigbetonteilen steht, befand sich eine Reihe von niedrigen, meist nur aus dem Erdgeschoß bestehenden Gebäuden. Unter anderem war eine Eisdiele in der Nachbarschaft des Friseursalons. Quasi im Hinterhof gab es mit dem Gasthof „Zur Ostbahn“ ein freistehendes Gebäude. An diese bauliche Situation bis in die 70er Jahre hinein können sich wohl auch viele ältere Neumarkter nicht mehr gut erinnern.

Hans Brandl tut das. Er gibt immer noch genauso gerne darüber Auskunft, wie er das über Jahrzehnte bei der Bedienung seiner Kundschaft auch in der seit 1972 gültigen Adresse Hallertorstraße 17 gemacht hatte. Oft seien solche Gespräche so angegangen: „Du müsstest das noch wissen!“ – und dann habe es meist eine sehr detailgenaue Auskunft von ihm gegeben.

In der Regel habe er Stammkundschaft gehabt, freut sich Hans Brandl. „Das sind so viele Damen und Herren, dass wir davon noch immer leben können. Manche sind schon seit 40 Jahren und länger unsere Kunden“, fügte Gattin Emmi Brandl an.

Mit „seiner Emmi“, deren fast 80 Jahre ihr beileibe niemand nach dem optischen und akustischen Eindruck abnimmt, ist Hans Brandl seit 1961 verheiratet. Für ihn war sie quasi der „Oberstift“. Den Friseurberuf hatte sie freilich nie erlernt. Doch sie war vor allem samstags immer im Salon anwesend. Mit Doris Friedel und Ulrike Zwilling haben beide zwei Töchter, die ebenfalls Gefallen am Friseur-Handwerk gefunden haben. Beide sind schon lange Meisterinnen.

Unzählige von Brandl ausgebildet

Sehr stolz ist Hans Brandl darauf, dass er so viele jungen Damen und Herren für den Beruf begeistern und somit auch ausbilden konnte. Einige sind von seinem Salon hinaus weit in die Welt gegangen. Einen hat es als Friseur sogar nach Südafrika gezogen. Ab und zu haben sie sich gegenseitig besucht. Manche wie der noch immer tätige Harry Alder oder der schon verstorbene Josef Haubner, den viele besser als „B.v.B.“ (Boda vo Berg) gekannt haben dürften, schufen sich nach der Lehre bei Hans Brandl im Neumarkter Raum eine eigene Existenz.

Zu einer solchen muss Hans Brandl seinem Neffen Armin Stiefbold nicht unbedingt erst verhelfen. Denn lange, bevor diesem jetzt die Nachfolge von Hans Brandl in der Geschäftsführung übertragen wurde, hat er sich für diesen Beruf entschieden. Auch er ist Friseurmeister und betreibt seit 1998 im Nürnberger Stadtteil Langwasser nahe des Frankenzentrums einen Salon.

Der heuer 50 Jahre alt werdende Sohn von Hans Brandls Schwester Annelie Stiefbold liebt den Beruf. Schon als Bub verbrachte er beim Onkel viel Zeit. „Ich habe Interesse an schönen Sachen“ – und daher berate er gerne Kundinnen und Kunden, was am besten zu ihnen passe, betonte er im Gespräch mit dem Tagblatt. Seine Cousine Doris Friedel und das Team wollen den neuen Chef weiterhin unterstützen.

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