Familie
Vater und Sohn gemeinsam auf der Bühne

Ludwig und Wolfgang Haubner sind das fünfte Mal bei den Passionsspielen in Neumarkt im Ensemble – als Feind und Freund Jesu.

05.02.2019 | Stand 16.09.2023, 5:49 Uhr

Die beiden Darsteller in voller Montur: links Ludwig Haubner als Hoher Priester Kaiphas, rechts Wolfgang als Jünger Johannes. Foto: Bernhard Neumayer

Herr Haubner: Wie oft standen Sie bei den Passionsspielen auf der Bühne?

Ludwig: Heuer das fünfte Mal.

Wolfgang, das wievielte Mal sind Sie dabei?

Wolfgang: Auch das fünfte Mal, seit 1984.

Hat da die Leidenschaft des Vaters den Sohn angesteckt?

Wolfgang: Das kann man so sagen. Damals wurde ein Prolog-Sprecher benötigt. Und da habe ich gesagt, gut, mach’ ich. Die einzige Schwierigkeit war damals die Bundeswehr. Ich habe eine Sondererlaubnis gebraucht, dass ich zu den Proben und Aufführungen am Sonntag kommen konnte.

Ludwig: Damals waren wir zu dritt bei den Passionsspielen, meine Frau hat im Chor gesungen.

Was sagen Ihre Schüler dazu, dass Sie auf der Bühne stehen?

Wolfgang: Ich glaube, sie sind interessiert und freuen sich. Wir reden drüber und ich habe auch schon Fotos gezeigt und einen kurzen Film. Von unserer Schule spielen auch einige Schüler mit.

Ihre Frau Michaela gehört dem Schminkteam an. Ist dann die ganze Familie Haubner im Passionsspiel-Fieber?

Wolfgang: Ja, schon, erst sind von Donnerstag bis Sonntag Proben, dann die Aufführungen – da bleibt kaum mehr Zeit für etwas anderes. Die restliche Zeit brauche ich für die Schule. Wir verbringen jetzt schon die meiste freie Zeit in der Kleinen Jurahalle.

Impressionen von den Proben sehen Sie hier:

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Wie verändern die Passionsspiele Ihren Alltag?

Ludwig: Ich gehe in Gedanken meinen Text durch, überlege, wie es abläuft, mache mir Gedanken über die Person, die ich darstellen soll.

Wie lernen Sie Ihren Text?

Ludwig: Zuhause, am besten laut oder ich fahre mit dem Radl irgendwo hin, setze mich auf eine Bank, nehme den Text mit in ein Café. Es dreht sich meistens nur um Wiederholungen, damit ich wieder reinkomme.

Ein Video von den Proben sehen Sie hier:

Üben Sie auch vor dem Spiegel?

Ludwig: Nein, das habe ich noch nie gemacht.

Wolfgang: Mache ich auch nicht. Vielleicht machen das manche, aber ich denke, dann wirkt man eventuell unnatürlich und reagiert nicht mehr spontan.

Der Jünger Johannes steht Jesus nahe – Kaiphas ist als Hoher Rat ein Gegner Jesu. Spielt es eine Rolle, dass Sie auf der Bühne in unterschiedlichen Lagern stehen?

Wolfgang: (lacht) Nein, das spielt keine Rolle.

Ludwig: (lacht) Nein, ich habe auch zum Jesus das beste Verhältnis. Aber sobald man auf der Bühne steht, ist man der andere.

Wie geht es Ihnen mit dem Kaiphas? Sie sind ja gläubiger Christ und Kaiphas ist unerbittlich.

Ludwig: Darüber habe ich in den vergangenen Jahren und seit dem letzten Spiel viel nachgedacht. Warum ist der so hart? Ich denke mir, er musste so hart sein. Wenn man sich überlegt, der Hohe Rat und vor allem der Kaiphas, ist verantwortlich für die Reinheit des Glaubens. Der Hohe Rat war für den Ein-Gott-Glauben der Israeliten, der Juden zuständig. Man muss sich überlegen, es war die Zeit der römischen Besatzung: Die Römer haben ihre Göttinnen und Götter mitgebracht. Die griechischen Händler strömen durchs Land und hatten auch ihre eigenen Göttinnen und Götter. Und vielleicht lässt sich der eine oder andere von dieser Religion überzeugen. Und da kommt der Wanderprediger Jesus, der Sätze verkündigt, die man in Israel noch nie gehört hat. Beispielsweise: Der Schabbat ist für den Menschen da und nicht der Mensch für den Schabbat. Da läuten die Alarmglocken für Kaiphas und den Hohen Rat.

Das heißt, er empfindet Jesus als Bedrohung und beschützt seinen Glauben?

Ludwig: Ja, genau. Eine gewisse Härte des Kaiphas kann ich verstehen. Mit seiner Brutalität und der Verspottung Jesu am Kreuz identifiziere ich mich aber nicht.

Fällt es Ihnen schwer, das zu spielen?

Ludwig: Eigentlich nicht. Ich versuch’s einfach. Das ist meine Rolle.

Wie oft haben Sie den Kaiphas schon gespielt?

Ludwig: Fünf Mal.

Warum immer die gleiche Rolle?

Ludwig: Vielleicht weil der erste Kaiphas den zuständigen Leuten gefallen hat. Ich könnte keinen Soldaten spielen. Händler liegt mir auch nicht. Den blinden Bettler könnte ich machen. Oder den Eselstreiber.

Was ist der Johannes für ein Typ?

Wolfgang: Ich meine, er war sicher ein bescheidener und gläubiger Mensch. Ein Fischer vielleicht, die Menschen am See Genezareth waren vermutlich keine reichen Leute. Und man nennt ihn den Sohn des Zebedäus, den Donnersohn, der auch Power hat. Ich möchte ihn so verkörpern, dass er kein Feigling ist, sondern als einen, der sich etwas traut, der mutig ist, weniger als der ganz liebe, brave. Vielleicht hat er Jesus beeindruckt, weil er kernig war, durchgehalten hat und bis zum Schluss am Kreuz steht.

Wie nahe geht es einem, immer wieder Jesus sterben zu sehen?

Wolfgang: Das kennt man seit langer Zeit, das geht mir nicht mehr so nahe. Es gibt aber Momente, wenn Jesus am Kreuz hängt und leidet, dass es einen wieder packt. Je nach Atmosphäre.

Gibt es einen Moment im Spiel, der für Sie ein besonderer ist?

Wolfgang: Eine sehr schöne Szene ist das Abendmahl.

Ludwig: Den Moment, den ich am meisten hasse, ist der, wenn ich den Herrn oben am Kreuz verspotten muss.

Was unterscheidet die Inszenierung 2019 von der im Jahr 2009?

Ludwig: Jeder unserer Regisseure, Josef Meier und Gerhard Hein, hatte jeweils beeindruckende Vorstellungen von der Gestaltung der Passionsspiele, die sie erfolgreich auf der Bühne realisieren konnten. Michael Ritz möchte den Ablauf des Geschehens sehr dynamisch und kompakt. Es gibt keinen Vorhang. Zum Teil gehen die Bilder ineinander über.

Wolfgang: Ich empfinde die Inszenierung wie einen Film ohne Werbeunterbrechung. Man wird richtig in das Geschehen mit hineingezogen. Durch den Vorhang ergaben sich immer Unterbrechungen. Das heißt aber auch für uns Darsteller, dass es jetzt weniger Pausen gibt. Und es muss jedes Bild perfekt in das nächste übergehen.

Hier erfahren Sie persönliche Daten der beiden Darsteller:

Kaiphas trägt ein sehr prächtiges Gewand, Johannes hat eine schlichte Kutte. Welche Rolle spielt das Kostüm für die Rolle?

Wolfgang: Wir sollen alle einheitliche Kleidung tragen, damit wir als Apostel erkennbar sind. In dem Moment, in dem man in das Kostüm schlüpft, kommt man in eine andere Zeit.

Die Passionsgeschichte ist sehr ernst – gibt es während der Proben auch mal etwas zu lachen?

Wolfgang: Hinter der Bühne ist die Stimmung prima. Zudem halten wir alle fest zusammen und bilden eine große ,Passionsspielfamilie’!

Haben Sie schon einmal in einem anderen Theaterstück gespielt?

Ludwig: Als Seminarist. Auf dem Mariahilfberg war früher ein Karmeliten-Seminar. Es gab Präfekten, die sich fürs Theaterspielen interessiert haben. Dort sind unterhaltsame und fromme Geschichten auf einer Bühne aufgeführt worden. Das war nach der Zerstörung am Ende des Zweiten Weltkrieg 1945 für Neumarkt etwas Besonderes.

Wolfgang: Ich habe sonst nie Theater gespielt.

Warum dann die Passionsspiele?

Wolfgang: Weil man da reinwächst. Wenn man einmal dabei war, ist man auch in zehn Jahren wieder dabei.

Weitere Porträts, Interviews, Informationen, Bilder und Videos zu den Passionsspielen finden Sie in unseremMZ-Spezial.