Landwirtschaft
Vom Euter direkt in die Zapfsäule

Familie Roidl aus Irlach setzt auf Direktvermarktung: An der Milchtankstelle können Kunden rund um die Uhr Milch zapfen.

31.05.2016 | Stand 16.09.2023, 6:44 Uhr
Viel Lob von allen Seiten erhielten Elisabeth Roidl (3.v.r.) und ihr Mann Andreas (l.) für die neue Milchtankstelle. Glückwünsche kamen unter anderem von Bürgermeister Thomas Falter (2.v.l.), der amtierenden Milchprinzessin Eva-Maria Bäuml (3.v.l.) sowie von BBV-Kreisobmann Hans Wilhelm (2.v.r.) und Fachberater Dieter Lippert (r.). −Foto: Fotos: Lorenz

So kurze Transportwege für Kuhmilch vom Euter bis zum Verbraucher gibt es nur selten: Familie Roidl setzt auf ihrem Hof im Wackersdorfer Orsteil Irlach das Prinzip der Direktvermarktung um und hat direkt vor dem Stall an der Irlacher Dorfstraße eine Milchtankstelle eröffnet. Die Kunden freuen sich: Sie können nun am Kühlautomaten rund um die Uhr frisch gemolkene Kuhmilch zapfen.

Die Idee, einen Teil der Milchproduktion direkt vor Ort an den Mann zu bringen, hatte Bäuerin Elisabeth Roidl –allerdings nicht wegen der Milchpreise, die derzeit wieder ein Rekordtief erreicht haben.„Selbstvermarktung war schon immer ein wichtiges Thema für mich“, sagt sie. Deshalb wurde sie auch sofort hellhörig, als ihr der Fahrer, der die Milch vom Roidl-Hof zur Molkerei transportiert, von einer neu eröffneten Milchtankstelle in Waldmünchen erzählte. Elisabeth Roidl und ihr Mann Andreas fackelten nicht lange und schauten sich das Projekt vor Ort an. Auch die im Juni 2015 eröffnete erste Milchzapfstelle im Landkreis Schwandorf, die sich in Ponholz befindet und von Familie Weilhammer betrieben wird, schauten sich die Roidls näher an. Der Entschluss stand daraufhin fest: Auch auf ihrem Hof in Irlach sollte es bald eine Milchtankstelle geben.

Rund 15000 Euro investiert

Dass das Projekt eine Stange Geld kosten würde, war den Roidls von Anfang an klar. Die Zapfstelle mit ihren Kühlbehältern stammt von einem Schweizer Hersteller und schlug mit rund 8000 Euro zu Buche. Damit das Gerät vor Wind und Wetter geschützt ist, haben die Roidls es in einem schmucken Holzhäuschen untergebracht. In Summe habe die Familie rund 15000 Euro investiert, schätzt Elisabeth Roidl.

Dass sich mit derMilchtankstellenur ein kleiner Teil der Milch vermarkten lässt und dieser Absatzweg nicht den Verkauf an die Molkerei ersetzen kann, ist den Roidls klar. Ihre 65 Milchkühe geben – je nachdem, wie viele Tiere gerade trocken stehen – pro Tag zwischen 900 und 1200 Liter Milch. In die Kühltanks der neuen Hof-Tankstelle passen dagegen gerade einmal 100 Liter. Bis die Roidls auf diesem Weg die Investitionskosten hereingeholt haben, wird es einige Zeit dauern. Für Elisabeth Roidl ist die hofeigene Zapfstelle vor allem eine Herzensangelegenheit, denn sie liebt den direkten Kontakt zu den Menschen.

„Das ist ein Aushängeschild für unsere Gemeinde.“Wackersdorfs Bürgermeister Thomas Falter

Die ersten Kunden haben die neue Milchtankstelle bereits getestet. Rund um die Uhr können sie sich hier mit gekühlter Rohmilch versorgen. Der Liter ist für einen Euro zu haben. Wer kein geeignetes Gefäß dabei hat, bekommt es vor Ort und kann es sich nach Einwurf einer Münze füllen.

Was in Flaschen und Krüge fließt, ist laut Elisabeth Roidl unbehandelte, nicht pasteurisierte und gentechnikfreie Milch mit einem Fettgehalt von rund 4,2 Prozent. In den kleinen Tanks wird die Milch auf eine Temperatur von drei Grad gekühlt und automatisch immer wieder umgerührt, damit sich nichts absetzt. Die Milch, die innerhalb von 24 Stunden nicht verkauft wurde, holen die Roidls aus dem Tank und verfüttern sie an ihre Kälber. Im selben Rhythmus wird die Tankstelle aus hygienischen Gründen gereinigt.

Viel Lob von allen Seiten gab es für Familie Roidl bei der Eröffnung der Milchtankstelle. „Ich freue mich sehr, dass ihr diesen Sprung gewagt habt“, sagte BBV-Kreisobmann Hans Wilhelm. Immer mehr Verbraucher seien dazu bereit, mehr Geld für hochwertige Lebensmittel auszugeben. Einen kürzeren Weg, um an frische Milch zu kommen, gebe es nicht, sagte er. Allerdings, so räumte er ein, werde eine Milchtankstelle nicht für alle Landwirte rentabel sein. Die größten Chancen räumte Wilhelm jenen Bauern ein, deren Zapfsäulen stadtnah stehen und die von vielen Verbrauchern einfach erreicht werden können.

„Eines der wertvollsten Güter“

Auch Bürgermeister Thomas Falter zeigte sich erfreut über das Projekt der Roidls. „Ich hoffe, dass sich diese Investition auszahlt“, sagte er. Milch sei eines der wertvollsten Güter, und es sei auch für Verbraucher etwas ganz Besonderes, sie selbst zapfen zu können. „Das ist ein Aushängeschild für unsere Gemeinde“, lobte der Rathaus-Chef.Auch die bayerische Milchprinzessin Eva-Maria Bäumlwünschte den Roidls viel Erfolg mit ihrem Projekt.

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