Das Chamer Fraunhofer wird 100
Schulgeschichten von Josef Bauer: 1941 mit Aufnahmeprüfung ins Gymnasium

12.12.2023 | Stand 12.12.2023, 15:00 Uhr

Josef Bauer erinnert sich zum 100-jährigen Schuljubiläum an seine eigene Schulzeit am Fraunhofer, mitten im Krieg.

Er ist der älteste noch lebende Fraunhofer-Lehrer: StD a. D. Josef Bauer, 1929 in Wulfing bei Cham geboren, war selbst Schüler an der damaligen Oberrealschule und unterrichtete dort von 1958 bis 1991 die Fächer Chemie, Biologie und Erdkunde. Unterhält man sich mit dem 94-Jährigen über vergangene Schulzeiten, erinnert er sich an so manche Episode, die – wie sein ehemaliger Kollege Christian Nowotny fand – zum hundertjährigen Schuljubiläum aufgeschrieben werden sollte.

So erzählt er, dass er am 15. September 1941 ans Gymnasium in Cham gekommen ist, das Jahr, in dem zum ersten Mal das Schuljahr im Herbst begann, vorher stets an Ostern. Damals musste jeder eine Aufnahmeprüfung machen, egal wie gut man in der Volksschule war.

Erste Prüfung: Deutsch

Die erste Prüfung war im Fach Deutsch am 5. September, das Thema weiß er noch ganz genau: der beste Empfehlungsbrief. Es ging um die Bewerbung junger Leute für einen Posten, sie hatten Empfehlungsschreiben dabei und einer der Kandidaten, der aus einfachen Verhältnissen stammte, fiel dadurch auf, dass er beim Eintreten in das Büro des künftigen Arbeitgebers gute Umgangsformen zeigte und diesem auch beim Verlassen des Raums nicht den Rücken zukehrte. Ebenso war er sofort aufgesprungen, als dem Vorgesetzten etwas zu Boden gefallen war, um es aufzuheben. Und dieses ganze Verhalten war der beste Empfehlungsbrief.

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Dem Fach Deutsch schloss sich die Prüfung in Mathematik an. Nach der Mittagspause mussten alle Übertrittswilligen zur Prüfung in Sport in der Turnhalle antreten. Dort musste man Purzelbäume schlagen, über eine Langbank balancieren, Kletterstange ersteigen, eine sehr steil gestellte Leiter erklimmen (Mutprobe), durch den Bock durchkriechen und darüber springen und vieles mehr.

Wer hat bestanden?



Um circa 17 Uhr wurde bekannt gegeben, wer bestanden hatte und wer noch ein Jahr zurückgestellt wurde. Mit Josef Bauer waren damals nicht wie bei den anderen Prüflingen seine Eltern mitgekommen, sondern seine Volksschullehrerin. Die Österreicherin aus Krems an der Donau, hatte es sich nicht nehmen lassen, mit ihm von Pösing aus mit dem Zug nach Cham zu fahren.

So standen alle erwartungsvoll da und Josef Bauer rechnete fest damit, durchgefallen zu sein. Der damalige Schulleiter Raum kam aus seinem Direktorat, um zunächst zu verkünden, wer zwar bestanden hatte, aber noch ein Jahr zurückgestellt wurde, weil der Platz in der Schule nicht ausreichte. Dann wurden diejenigen genannt, die leider nicht bestanden hatten.

Eine Schokolade im Café Gottschalk



Groß war die Freude beim Sepp, dass er bei keiner der beiden Gruppen dabei war und also ins Gymnasium gehen durfte. Zur Belohnung lud ihn seine Lehrerin ins Café Gottschalk (heute Brillen Fielmann) am Marktplatz zu einer Schokolade und einem Stück Kuchen ein. In Kriegszeiten war Schokolade etwas ganz Besonderes, deshalb war der Junge enttäuscht, als ihm die Bedienung lediglich eine Tasse Kakao brachte – in Österreich heiße das eben Schokolade, wie ihm seine Lehrerin erklären musste. Aber es hat ihm trotzdem geschmeckt.

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Als das Schuljahr begann, wurden die Anfänger in die Klassen 1a und 1b eingeteilt, wobei die 1b eine reine Bubenklasse im ersten Stock war. In Englisch hatte Josef Bauer einen, „sagen wir’s mal so“, verhältnismäßig ernsten Lehrer, einen Herrn Neubert. Zum Beispiel musste man vor dem Übersetzen immer sagen: „3. Person, Einzahl, Gegenwart, s.“

Lehrer werden eingezogen



Der Lehrer ist aber dann beizeiten eingezogen worden und der erste Klassleiter von Josef Bauer war Zeichenlehrer Wehner. Der wurde aber auch zum 1. Dezember eingezogen. „Dann haben wir den Huber Raphael bekommen, Deutsch, Geschichte und Erdkunde, der hatte den Spitznamen Leetsch. Warum? Er hatte die Lippe so heruntergezogen, aber er war gut“, muss Josef Bauer ehrlich sagen. „Und in Englisch bekamen wir eine Referendarin, Jedlhauser mit Namen“, wie er heute noch weiß. „So haben wir die erste Klasse herumgebracht, ich weiß heute fast noch ziemlich genau, wo die einzelnen Schüler gesessen sind, damals in der 1b.“

Der erste Verweis

In der zweiten Klasse waren sie dann eine ziemlich große Klasse, „da sind auch Schüler von auswärts dazugekommen. Ich kann mich noch erinnern, wir waren im 1. Stock an der Ostseite, da gab es einen zweiten Zeichensaal, der zum Klassenzimmer umfunktioniert wurde. Da waren wir nicht weniger als 56 Schüler“, so Josef Bauer. Lauter Buben. „Und da habe ich auch meinen ersten Verweis bezogen. Der Grund: Wegen Hochwassers war ich einen Tag nicht in der Schule und als ich am nächsten Tag wieder kam, wurde ich aufgerufen, um über den Stoff der letzten Deutschstunde befragt zu werden.“

Die Erklärung für seine Abwesenheit ließ der Lehrer nicht gelten und gab ihm einen Verweis wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Unterricht. Der Lehrer, Germanist, nicht groß und ein „zaundürres Mandl“, wohnte im Postamt und ist öfter mit der Bahn nach Pösing gefahren und zu Bauers Familie nach Wulfing gekommen.

Die Mutter hatte Mitleid mit dem Lehrer, weil er so dürr war und nichts zu essen hatte und es damals wenig gab. So hat er stets gern „gehamstert“ und Bauers Mutter gab ihm immer wieder etwas. Er selbst ärgerte sich darüber, weil ihn der Verweis wurmte. (Fortsetzung folgt)