Ringvorlesung in Cham
„Soiree der Robotik“ verdeutlichte: Künstliche Intelligenz wird Tagesgeschäft sein

20.11.2023 | Stand 20.11.2023, 8:00 Uhr |

Die Referenten bei der „Soiree der Robotik“: (v. l.) Professor Martin Weiß, Professor Jürgen Wittmann, Professor Christoph P. Neumann, Matthias Schöberl und Professor Clemens Bulitta Fotos: Ferdinand Schönberger

Mit einem Power-Point-Foto des Further Drachens Tradinno, des bekanntesten Roboters Bayerns, eröffnete am Freitagabend in einem Cine-World-Kinosaal Matthias Schöberl, wissenschaftlicher Mitarbeiter der OTH Amberg-Weiden, die Oberpfälzer Ringvorlesung „Soiree der Robotik“.

Das Forschungscluster (fach- und disziplinenübergreifendes Arbeiten) der gut besuchten Netzwerkveranstaltung des Verbunds OTH behandelte die Themen „Gesellschaftliche Relevanz und Herausforderungen von Robotik und KI“, „Inhaltliche Impulse zum Maschinellen/Deep Learning“ sowie „Nutzen von KI im Alltag“.

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Dem Titel „Soiree“ gerechtwerdend, wurden aktuelle Projekte vorgestellt, wissenschaftlich erläutert, die Leistungsfähigkeit der OTH aufgezeigt und am Ende im Foyer mit den Besuchern in einem „Get-together“ Gespräche über diese Zukunftsthemen geführt.

Unverzichtbarer Partner

In einer Videobotschaft hob Landrat Franz Löffler hervor, dass sich die Region dynamisch nach oben entwickelt habe, weil die Firmen und deren Mitarbeiter hochwertige Produkte entwickeln, produzieren und sie weltweit erfolgreich auf dem Markt unterbringen würden. Dafür sei die Hochschularbeit ein unverzichtbarer Partner und Garant für gut ausgebildete und höchst motivierte junge Arbeitskräfte.

Professor Clemens Bulitta, Präsident der OTH Amberg-Weiden, betonte, dass der Verbund jedes Jahr vom Freistaat mit rund einer Million Euro unterstützt werde. In Zusammenarbeit mit Industrieunternehmen werde zu verschiedenen Fragestellungen geforscht, und man habe seit 2013 auch über 45 Millionen Euro weitere Drittmittel eingeworben.
Professor Martin Weiß (OTH Regensburg) und Professor Christoph P. Neumann (OTH Amberg-Weiden) stellten das Forschungscluster „Robotics und Big Data“ vor. Dabei gehe es um die Analyse großer Datenmengen, um das Entwickeln von Apps und den Einsatz von Robotik-Technologie. Beispiele für studentische und auch in der Industrie verwendbare Projekte seien das Spiel „Siedler von Catan“ und der Zauberwürfel. Im vom Freistaat geförderten Projekt „LeaP“ (Learning Poses) gehe es um die Lage eines Objekts, beschrieben durch Position und Orientierung. Bei „1000kmPLUS“ soll die Reichweite eines E-Autos bei Minimierung der Ladezeiten bis 4500 km erhöht werden. „ISAC“ (Industry Software Application Center) entwickle eine hochintegrierte Fertigungs-Automation. In „AI4DI“ (Artificial Intelligence for Digitizing Industry) werde KI für Transportmobilität eingesetzt, etwa bei der Sojabohnenernte oder der Verweildauer von Bussen an Haltestellen.

Mit „PRISMA“ (Predictive Maintenance) sollen Stillstands- und Wartungszeiten minimiert und die Lebenserwartung solcher Anlagen maximiert werden. „Alles, was wir in der Forschung machen, setzen wir in der Lehre um“, schloss Professor Weiß seine Ausführungen.
Professor Jürgen Wittmann, Leiter des Campus Cham, ging in einer niveauvollen Vorlesung mehr auf die KI (Künstliche Intelligenz) ein, insbesondere auf das maschinelle Lernen (ein Programm lernt aus Erfahrung) und das „tiefe“ Lernen (Deep Learning, bei dem es um künstlich neuronale Netze geht). Die KI sei nicht aufzuhalten, werde in alle Lebensbereiche eindringen.

KI vernünftig nutzen

Die Menschen würden nicht ersetzt, aber KI nutzen und würden deutlich produktiver sein: „Der Umgang mit ihr wird für jedermann Tagesgeschäft sein wie heute das MS Office Paket.“ Deshalb müssten wir lernen, sie anzunehmen und sie vernünftig zu nutzen. In Zukunft werde sich der Arbeitsmarkt ändern, vor allem für „Wissensarbeiter“, und Generative KI (wie heute schon Chat GPT für Texte) werde auch automatische Konstruktionspläne, Schaltpläne für Sondermaschinen oder Vorgaben für individuelle Medikamente erzeugen.
Als Historiker und Philosoph führte Matthias Schöberl in die Geschichte der Roboter ein – im humorvollen Zwiegespräch mit Pepper, dem ersten sozialen humanoiden Roboter, der in der Lage ist, Gesichter sowie Emotionen zu erkennen und durch Gespräche und Touchscreen mit Menschen in Kontakt zu treten.

Der Bogen spannte sich von der Wortbedeutung „Sklavenarbeiter“ über Pandora und den Golem, die Erfindung von Maschinen, die Industrialisierung und die Raumsonden bis hin zur Angst der Menschen vor der Machtübernahme der Roboter und das Nullte der Asimov’schen Gesetze: „Ein Roboter darf der Menschheit keinen Schaden zufügen oder durch Passivität zulassen, dass der Menschheit Schaden zugefügt wird.“ Das quittierte „Pepper“ ironisch mit: „Ihr werdet euch wundern, was wir noch alles können werden.“

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