„Arnold-Rapido“
Mühlhausen schrieb Modellbahngeschichte – Alexander Emmerling kennt die Details

02.01.2024 | Stand 02.01.2024, 18:01 Uhr
Hans Peter Gleisenberg

Alexander Emmerling präsentiert in Sulzbürg eine Arnold-Anlage im Winterkleid und das Buch mit den beiden Prototypen von Arnold-Rapido. Foto: Hans Gleisenberg

Schon seit seiner Neueröffnung ist im Foyer des Landlmuseums in Sulzbürg neben einer Ritterrüstung, der Animation des Ortspanoramas von Sulzbürg und vielen Schriften, die auf die Tradition des „Landls“ hinweisen, auch eine Modelleisenbahnanlage der Firma Arnold zu sehen. Alexander Emmerling weiß um die Bedeutung der Firma für Mühlhausen.

Das Modell in winterlicher Atmosphäre stammt aus der Baureihe Rapido und ist Blickfang und eins der Highlights, die das Museum zur Heimatgeschichte zu bieten hat. Die Erfolgsgeschichte der Firma Arnold hat einen Namen, nämlich: „Rapido – Spur N 9 Millimeter“.

Was Rapido für Mühlhausen bedeutet



Denn was die Konstrukteure Walter Münzberg und Rakovsky im Jahr 1958 ausgetüftelt hatten, brachte der Firma Arnold Weltruhm ein. Und auch Mühlhausen machte sich damit einen Namen: Alexander Emmerling (65) aus Sulzbürg war 28 Jahre als Konstrukteur und Abteilungsleiter mit an der Rapido-Geschichte beteiligt.

„Rapido hat auch in unserer Region einen wahren Boom ausgelöst“, erzählt Emmerling, „denn viele Modellbahnfans interessierten sich für die kleinen Schmuckstücke.“ In seiner Hochzeit habe der Betrieb in Mühlhausen am Meisenweg mehr als 600 Mitarbeiter gehabt, erzählt Emmerling, „und die waren auch nötig, um die stetig zunehmende Auftragsflut bewältigen zu können".

Alexander Emmerling, ein Zeitzeuge mit Herzblut

Emmerling erwähnt auch, dass Florian Weber, der später Bürgermeister in Mühlhausen wurde, an der Entwicklung beteiligt gewesen sei. Er sei auch 2001 hautnah dabei gewesen, als die Firma aufgelöst und mit einem Sozialplan abgewickelt wurde. Wieviel Herzblut Emmerling noch heute für Rapido vergießt, wird im Gespräch deutlich. In den zahlreichen Katalogen und Schriften müsse er kaum nachlesen, denn seine Erinnerungen seien so wach, als wäre alles erst gestern geschehen.

„Zunächst war es schwierig für die beiden Rapido Erfinder, Münzberg und Rakovsky, ihre Idee dem Firmenleiter Max Ernst schmackhaft zu machen“, erzählt Emmerling. Bei der ersten Vorstellung ihrer Vision seien sie mit den Worten „Ihr wisst doch. dass ich mit dem Chef der Firma Trix gut befreundet bin, und ich werde den Teufel tun, ihm Konkurrenz zu machen“ abgespeist worden. Emmerling: „Damit war der Fall zunächst erledigt. Doch ließ den Chef die Idee seiner Konstrukteure nicht ruhen.

Im zweiten Anlauf hat es dann geklappt



Nur wenige Tage später war er wieder in Mühlhausen und ließ sich – nun ohne Emotionen – das Ganze noch einmal erläutern“. Auch aus den Erzählungen seines Vaters, der ebenfalls Arnoldmitarbeiter war, kenne Emmerling diese Details.

„Als sich herauskristallisierte, das seine Firma mit der neuen Spur nicht in direkte Konkurrenz zu seinem Freund tritt, da dieser Modellbahnen in der Spur HO vertrieb, gab Max Ernst sein OK“, erzählt Emmerling. Arnold Rapido war geboren und auf dem Feldzug, die Modelleisenbahnwelt zu erobern, nicht mehr aufzuhalten.

Der große Startschuss war die Spielwarenmesse 1960 in Nürnberg, wo die Präsentation stattfand. „Kurz danach wurde die Mitarbeiterzahl gesteigert, da man die Aufträge, die aus aller Welt kamen, nicht mehr bewältigen konnte“, berichtet Emmerling und weist auf Details der Fertigung hin: „Bei den kleinen Bauteilen waren vor allem die filigranen Fingerfertigkeiten der Frauen gefragt.“ Die Konstruktion aber war Männersache: „Nach den Prototypen ging man daran, Lokomotiven, Personen- und Güterwagen nach den Vorbildern ihrer Originale zu gestalten.“

Mehr als 80 Modelle seien nachgebaut und in gut 500 Varianten angeboten worden. Auch in Sachen Geländepassagen sei man bei Rapido sehr kreativ gewesen. „Die fertigen Eisenbahnanlagen waren der Renner auf dem Modelleisenbahnmarkt“, erzählt Emmerling über die Blütezeit seines Arbeitgebers, die bis 1992 andauern sollte.

1995 kam die Insolvenz

1995 musste Arnold allerdings Insolvenz anmelden, fusionierte zunächst zur Riva Rossi-Arnold-Lima-Jouef-Gruppe, bevor man 2001 das Werk endgültig geschlossen habe, erinnert sich Emmerling. Doch vier Liebhaber von Rapido haben sich zusammengeschlossen, um der Nachwelt die Schätze dieser glorreichen Zeit zu erhalten.

Viele historische Stücke von Arnold-Rapido haben Alexander Emmerling, Heinz Weichselbaum, Christian Schulz und Herbert Nedo zusammengetragen. Und sie sind immer auf der Suche nach weiteren Fundstücken. Um dieser großen Zeit von Mühlhausen auch den richtigen Rahmen einzuräumen, hat die Gemeinde Mühlhausen das alte Raiffeisengebäude gekauft. Aktuell wird es umgebaut und 2024 wird darin als Ableger des Landlmuseums die Arnold-Rapido-Ausstellung ihren Platz haben. Einen kleinen Vorgeschmack darauf gab es bereits bei der Weihnachtsausstellung im Wolfsteiner Saal, die eine riesige Besucherzahl anlockte.

Sammlerstücke werden stets gesucht



Das Interesse ist also groß, was Emmerling und seine Arnoldfreunde weiter motiviert. Gerne nimmt er Originalteile in die Sammlung auf und appellieren an alle, die aus dieser Zeit noch etwas besitzen, auch wenn es reparaturbedürftig ist, sich bei ihm zu melden. Kontaktieren kann man ihn per E-Mail an alexander.emmerling@t-online.de.