„Als Orgelbauer denken wir in Jahrhunderten“

Bei der Messe „Akustika“ in Nürnberg buhlen Instrumentenbauer um Nachwuchs

06.03.2024 | Stand 07.03.2024, 12:48 Uhr

In der Werkstatt des Nürnberger Holzblasinstrumentenbaumeister Harald Dallhammer werden beispielsweise Saxophone aus ganz Europa repariert. Foto: Tjiang/epd

Von Thomas Tjiang

Nürnberg. Von der Blockflöte bis zum Flügel – gute Musikinstrumente werden von Profis gebaut. Die zeigen ihre Werke und ihr Können drei Tage lang in Nürnberg und wollen ihre Berufe auch potenziellen Lehrlingen vorstellen.

Harald Dallhammer ist passionierter Jazz-Saxofonist und Instrumentenbaumeister. Wie die Chefs vieler anderer Handwerksbetriebe ist auch er auf der Suche nach Nachwuchs. Er ist daher einer von 220 Ausstellern, die vom 8. bis 10.März bei der Messe „Akustika“ in Nürnberg dabei sind.

Für die handwerklich geprägten Instrumentenbauer ist die Messe ein neuer Hoffnungsträger. Sie wollen bei der jungen Messe für Musik Kunden aus dem ganzen Bundesgebiet und Europa treffen, aber auch neue Mitarbeiter finden. Der erste Messetag wurde zum Tag des Handwerks erklärt. Er richtet sich an interessierte Schüler, die bei Workshops das Handwerk des Instrumentenbaus kennenlernen können.

Die Nachwuchssorgen sind auch im Orgelbau groß, erzählt Orgelbaumeister Jürgen Lutz aus Feuchtwangen, zugleich Chef des Bundes Deutscher Orgelbaumeister. „Als Orgelbauer denken wir nicht in Generationen, sondern wie die Kirchen in Jahrhunderten.“ Doch junge Menschen fänden immer seltener den Weg zur Musik. Dazu trage beispielsweise bei, dass kirchliche Musik oder auch der Schulunterricht immer dürftiger ausfallen. „So werden musikalische Talente immer seltener entdeckt.“

Dafür macht er auch den Sparkurs der Kirchen verantwortlich, der die Stellen der Kirchenmusiker reduziere. Er selbst kenne Organisten aus Bayern, die ihr 70-jähriges Dienstjubiläum begangen hätten. Das blockiere zusätzlich berufliche Stellen für den Nachwuchs. Auch das regelmäßige Musizieren im Posaunenchor sei mittlerweile eher die Ausnahme als die Regel, beobachtet Lutz: „Boshaft gesprochen liegt da das Durchschnittsalter bei 70 Jahren.“

Der Orgelbau hat es bei nachfolgenden Generationen sogar doppelt schwer. So trifft sein Gewerk nicht nur der allgemein schrumpfende Nachwuchs für den Instrumentenbau. Wer sich trotzdem für die Branche entscheide, wähle lieber Saxofon, Gitarre, Geige oder Klavier. Die Orgel komme erst danach.

Auch der Nürnberger Fachhändler Musik Klier wird auf der Messe sein. Juniorchef Alexander Klier hofft, über die Veranstaltung vom Musikanfänger bis zu den Profis „das Bewusstsein für das Handwerk in die Köpfe zu bekommen. Aus Instrumenten von der Billigkonkurrenz können Sie keinen vernünftigen Ton herausbekommen“, ist er sich sicher.

Es sei seine „Weltanschauung“, das Musikmachen in den Vordergrund zu stellen. Daher bietet der Nürnberger Platzhirsch nicht nur eine umfassende Beratung vor dem Instrumentenverkauf. Man habe zusätzliche Services entwickelt, damit Nachwuchsmusiker das passende Instrument für sich finden. Dazu gehört ein Verleih, um daheim in Ruhe die geeignete Gitarre oder Trompete auszuprobieren.

Vor der „Akustika“ zeigt sich auch der Projektleiter Maik Heißer vom Messemacher AFAG optimistisch. Nach der Erstauflage im vergangenen Jahr habe sich die Ausstellerzahl mehr als verdoppelt. Das Angebot gliedert sich in die Bereiche Streich- und Zupfinstrumente, Tasteninstrumente sowie Blech- und Holzblasinstrumente. Es hätten sich auch schon Besucher aus Japan und China angekündigt.

Heißer hat auch für einen Rahmen gesorgt, bei dem zum Auftakt das Thema Inklusion mit inklusiven Konzerthighlights auf dem Programm steht. Mit dabei ist ein inklusives Orchester aus Nürnberg und das Blasorchester Augsfeld vom Nordbayerischen Musikbund. Der Bund Deutscher Klavierbauer veranstaltet den Europiano-Kongress für Piano- und Klavierhersteller und ihre Zulieferbetriebe. Während der Fach- und Publikumsmesse finden 80 Konzerte statt, damit Besucher alle Instrumentengruppen in Aktion sehen und hören können. Dabei ist etwa die Big Band der Hochschule für Musik Nürnberg und das Bläser-Quartett der Nürnberger Symphoniker.