Gestaltungskraft der Zeitarbeit
Ingrid Hofmann: Eine Personal-Pionierin wird 70

21.03.2024 | Stand 21.03.2024, 5:00 Uhr
Gerd Otto

Die Chefin von 17 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist Ingrid Hofmann. Foto: I.K. Hofmann

Am Donnerstag, 21. März, feiert Ingrid Hofmann ihren 70. Geburtstag. Sie startete 1985 in die Selbstständigkeit und wurde eine Gestaltungskraft der Zeitarbeit.

Dass sie eigentlich lieber Orchideen in Südafrika züchten wollte statt sich auf das spröde Feld des Personalmanagements zu wagen, erscheint nur auf den ersten Blick als Widerspruch. Immerhin war die lange diffamierte Zeitarbeit sogar in eine „Schmuddelecke“ gedrängt worden. Rückblickend freilich ergibt die Erfolgsgeschichte von Ingrid Hofmann als einer etwa mit dem Ludwig-Erhard-Preis hochdekorierten Pionierin und Gestaltungskraft der modernen Arbeitswelt durchaus Sinn. Nicht von ungefähr kann die Unternehmerin an ihrem heutigem 70. Geburtstag auf ein hohes Maß an Bodenständigkeit zurückblicken, wovon sie sich stets leiten ließ. Als Tochter eines oberfränkischen Landwirts war sie sich der Wurzeln ihres familiären Umfelds bewusst und gleichzeitig auch der Verantwortung gegenüber den nächsten Generationen.

Erste Station in Regensburg

Vor diesem Hintergrund erschien es ihr vor nunmehr 40 Jahren unvereinbar, ja schlicht unmöglich mitten in der Rassentrennung des südafrikanischen Apartheid-Systems ausgerechnet dort eine Orchideenplantage zu managen. Aber auch später ging es ihr immer darum, ganz generell negative Entwicklungen auf globaler wie nationaler Ebene zu bekämpfen – ob es sich um die Genitalverstümmelung kleiner Mädchen in Afrika handelte, oder wie man die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hierzulande fördern könnte. Nach ihrer Ausbildung im Groß- und Außenhandel sowie ersten Stationen in einer Nürnberger Blumenimport-Firma und einem Schweizer Zeitarbeitsunternehmen, gründete Ingrid Hofmann 1985 ihre eigene Firma.

Da damals von Existenzgründerdarlehen keine Rede war, sprang ihr Vater mit einem Startkapital von 30 000 DM ein. Für den Traum seiner Tochter verkaufte er in Hilpoltstein ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück – und musste es nicht bereuen. Los ging es bei Ingrid Hofmann mit einer internen und 24 Zeitarbeitsmitarbeiterinnen, also einer reinen „Frauenmannschaft“, wie sie sich erinnert. Schon bald freilich überließ sie ihren Kunden nicht nur kaufmännisches Personal, sondern erweiterte ihr Tätigkeitsfeld auf Metall und Elektro. Während sich Gewerkschaften und Politik lange Zeit sehr schwer taten mit einer angemessenen Akzeptanz der Arbeitnehmerüberlassung, wurden Sorgfalt und Passgenauigkeit, womit Ingrid Hofmann und ihr Team die Mitarbeiter aussuchten, in den ersten Großunternehmen schon sehr bald positiv bewertet. Nicht von ungefähr entstanden Mitte der achtziger Jahre die ersten Niederlassungen von I.K. Hofmann gerade in München und in der Oberpfalz-Metropole Regensburg, wo BMW 1986 nach zweijähriger Bauzeit mit der Produktion des BMW 3er begann.

Vor diesem Hintergrund lag der Familie Hofmann neben ihrer fränkischen Heimat die ostbayerische Region stets besonders am Herzen, obwohl die Unternehmensgruppe inzwischen ausgesprochen international aufgestellt ist. Aktuell beschäftigt die I.K. Hofmann GmbH 17 000 Mitarbeiter an 148 Standorten in Deutschland, Italien, Österreich, Schweiz, Slowakei, Tschechien, Ungarn und den USA.

Zeitarbeit hilft bei Integration

Nicht zuletzt die Geburt ihrer Tochter Sonja – deren Vater Bernd Heinrich die Entwicklung der Firma maßgeblich vorantrieb – motivierte Ingrid Hofmann, besonders kreative Arbeitszeitmodelle zu gestalten. Vor allem setzt sie dabei auf permanente Fortbildung. Ihrem Unternehmen brachte der Aufbau Ost eine echte Wachstumsphase, der nicht von ungefähr persönliche Auszeichnungen wie „Unternehmerin des Jahres 2002“ folgten oder auch Berufungen ins Präsidium der Arbeitgeberverbände. Inzwischen sind Ingrid Hofmann und Sonja Heinrich, also Mutter und Tochter gemeinsam, als führende Persönlichkeiten der Branche in Europa gewürdigt worden.

Während Sonja Heinrich insbesondere die US-Tochtergesellschaft leitet, positioniert sich das Gesamtunternehmen längst aktiv gegen Ausgrenzung, Diskriminierung und Rassismus. Speziell bei der Integration von Geflüchteten, so verriet Ingrid Hofmann erst kürzlich im Gespräch mit der Mediengruppe Bayern, könne die Zeitarbeit eine sehr große Rolle spielen: „Die Menschen schaffen hier erst einmal den Sprung in die Beschäftigung, verdienen Geld, können beweisen, was sie können – und nebenbei ihre Deutschkenntnisse verbessern.“ Mit der Kampagne „Vielfalt gewinnt“ wolle man zudem auf das Potenzial hinweisen, das in hohem Maße von Toleranz und Diversität ausgehen könne.