Aurelium
Modigliani-Quartett hat keine Angst vor leisen Tönen

Die vier Streicher spielten ein fantastisches Konzert mit eher selten zu hörenden Werken.

20.04.2024 | Stand 20.04.2024, 15:00 Uhr
Claudia Böckel

Ein fantastisches Konzert mit eher selten zu hörenden Werken: Das Modigliani-Quartett spielt seit 20 Jahren zusammen. Foto: Böckel

Die vier Streicher spielten ein fantastisches Konzert mit eher selten zu hörenden Werken.

Vier beste Freunde taten sich 2003 in Paris zusammen und gründeten ein Streichquartett, das Modigliani-Quartett. Seit 20 Jahren spielen sie also zusammen, weltweit und in den berühmtesten Sälen. Als erstes Ein fantastisches Konzert mit eher selten zu hörenden Werken. Als erstes Streichquartett füllten sie auch die Elbphilharmonie. Nun waren die Vier zu Gast im Aurelium beim Musikverein. Eine großzügige private Spende ermöglichte den Auftritt und ein fantastisches Konzert.

Das Programm: exquisit. Im ersten Teil ging es eher serenadenartig zu, mit einem frühen Mozart begann man, sehr schnell, sehr filigran, sehr fein. Das Adagio raffiniert und klug ausgearbeitet, das Menuetto elegant, auch mal sehr leise.

Schwergewichte der Quartettliteratur



Überhaupt hat dieses Quartett keine Angst vor leisen Tönen, es kultiviert diese sogar. Nie geht es um Kraft oder darum, wer lauter oder schöner spielt, immer steht die Musik im Vordergrund. Bei der erst 24-jährigen Komponistin Elise Bertrand gab das Modigliani-Quartett ein Werk in Auftrag. In dem einsätzigen „Lui e Loro“ (Er und Sie) von 2023 blickt Elise Bertrand auf die Schrecken des Zweiten Weltkriegs zurück, auf die Schlacht um Monte Cassino 1944. Mit ihrer atmosphärischen Komposition zeigt sie auf die Überreste dieser Schlacht, erzählt von der Bombardierung, der Angst, dem Höllenregen über der Abtei von Monte Cassino, aber auch von der unversehrten Christusstatue, die tröstet und Licht bringt. „Das Quartett endet in einem reinen, konsonanten harmonischen Gewebe, als ob es von dieser Botschaft der Hoffnung besänftigt würde.“ Ihre Tonsprache ist dabei nicht brutalistisch, sondern betrachtend und einfühlsam und durchaus in französischer Tradition des 20. Jahrhunderts stehend. Mit Hugo Wolfs „Italienischer Serenade“ ging es in die Pause, ebenfalls hell, licht, bewegt und feinst abschattiert gespielt.

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Es folgten zwei Schwergewichte der Quartettliteratur von den beiden Schwergewichten der italienischen Oper: Puccini und Verdi. Puccinis sechsminütiges, „andante mesto“ überschriebenes Werk „Crisantemi“ leitet sich von den in Italien üblichen Trauerblumen ab und ist 1890 im Andenken an Herzog Amadeo von Savoyen komponiert. Später fand es in der Oper „Manon Lescaut“ in einer Sterbeszene wieder Verwendung. Wunderbare, sehnsuchtsvolle Klänge fand das Modigliani-Quartett hier, griff auch mal vehementer zu. Der Primarius kann immer noch drüberstrahlen, auch wenn die anderen schon kräftig und klangvoll präsent sind. Verdi selbst schrieb in einem Brief, „dass das Streichquartett eine Pflanze ist, der das italienische Klima nicht bekommt“. Dennoch widmete er sich 1873 diesem Kernmedium der österreichisch-deutschen Musiktradition.

Ausgefeilte Klangkultur



Die vier Streicher spielten sehr farbig, atmend im langsamen Satz, die Strukturen freilegend im Sonatensatz, wild im Prestissimo und klar strukturierend in der Fuge, die wie eine Vorahnung jener „Fuga buffa“ wirkt, mit der Verdi sein musikdramatisches Werk im Falstaff beschließen sollte.

Das Modigliani-Quartett zeigte mit dem klugen Programm seine ausgefeilte Klangkultur, ließ sich bei den Romantikern nicht zu Romantizismen hinreißen, spielte immer klar in der Tongebung und raffiniert in der Lautstärkeverteilung, immer durchsichtig. Ein fantastisches Konzert mit eher selten zu hörenden Werken. Als Zuckerl gab es dann noch Beethoven, wieder in einem anderen Klangbild.