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Aiwanger-Bruder zu Flugblättern: „Ich glaube, Hubert hat sie eingesammelt, um zu deeskalieren“

28.08.2023 | Stand 12.09.2023, 22:43 Uhr

Hubert Aiwanger. −Foto: afp

Helmut Aiwanger (53), Bruder des Freie-Wähler-Chefs Hubert Aiwanger, erklärt, warum Bayerns stellvertretender Ministerpräsident Flugblätter der menschenverachtenden Auschwitz-Hetzschrift vor 35 Jahren in seiner Schultasche hatte.



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Er wollte eigenen Angaben zufolge nur die Lehrer ärgern: Helmut Aiwanger (53), Bruder des Freie-Wähler-Chefs Hubert Aiwanger, erklärt die menschenverachtende Auschwitz-Hetzschrift, die er vor 35 Jahren verfasst habe, mit seiner schwierigen Schulzeit. „Ich wollte mich irgendwie wehren und meine Lehrer so richtig auf die Palme bringen“, sagt er der Mediengruppe Bayern – und entschuldigt sich bei seinem Bruder.

Übertritt aufs Gymnasium war „echter Kulturschock“



Seinen Angaben zufolge fing alles mit dem Übertritt auf das Burkhart-Gymnasium in Mallersdorf-Pfaffenberg im Landkreis Straubing-Bogen an. „Das war von Anfang an ein echter Kulturschock.“ Bei ihm daheim habe jeder die CSU gewählt. Am Gymnasium sei er auf „offen linksradikale Lehrer getroffen“. Diese hätten immer wieder Aussagen wie „Bauern sind blöd“ oder „Tierhaltung ist Tierquälerei“ getroffen.

„Das hat an meinem Weltbild gerüttelt“, sagt Helmut Aiwanger heute. Höhepunkt seien die Proteste gegen die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf gewesen, da die Lehrer offen zur Teilnahme an den Demonstrationen aufriefen. Es sei erklärt worden, „Polizisten knüppeln friedliche Demonstranten – während RAF-Morde nicht verurteilt wurden“, so Aiwanger.

„Ständig Meinungsverschiedenheiten mit Lehrern“



Das Schriftstück habe er aus Protest verfasst, nachdem er sitzengeblieben war. „Ich hatte ständig Meinungsverschiedenheiten mit Lehrern und wurde wegen Kleinigkeiten zum Schuldirektor geschickt, um mich zu erklären“, sagt er. Irgendwann habe er den Beschluss gefasst, mit einer „stark überspitzen Form der Satire“ die Lehrer zu provozieren. „Ich habe das Schriftstück nicht erstellt, um Nazis zu verherrlichen, den Holocaust zu leugnen oder Hass und Gewalt zu schüren.“ Er distanziere sich „damals wie heute“ von diesem „unsäglichen Inhalt“.

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Die Verbrechen der Nazis seien ihm auch als Jugendlicher bestens bekannt gewesen. „Bei der Aufarbeitung des Dritten Reichs und des Holocausts spielten im Unterricht natürlich immer wieder die grausamen Hinrichtungsmethoden der Nazis eine wichtige Rolle“, erklärt Helmut Aiwanger. „Ich wusste, dass es ein menschenverachtendes Verbrechen war, über das man keine Witze macht.“

Schriftstück sei „Jugendsünde“



Bei dem Schriftstück habe es sich um eine „Jungendsünde“ gehandelt. „Ich schäme mich für diese Tat und bitte vor allem meinen Bruder um Verzeihung für die damals verursachten Schwierigkeiten, die auch noch nach 35 Jahren nachwirken.“ Auf Nachfrage der Mediengruppe Bayern, warum Hubert Aiwanger Flugblätter in seiner Schultasche gehabt habe, sagt Helmut: „Ich bin mir nicht mehr ganz sicher. Aber ich glaube, dass Hubert sie wieder eingesammelt hat, um zu deeskalieren.“

Gleichzeitig kritisiert Helmut Aiwanger die „sträfliche Art und Weise der Verdachtsberichterstattung, um meinem Bruder politisch und menschlich zu schaden“. Am 8. Oktober findet die Landtagswahl in Bayern statt. Er spricht von „Stasi-Methoden“, die in der „Schmutzkampagne“ gegen den Freie-Wähler-Chef angewandt worden seien. „Mir stellt sich jetzt natürlich die Frage, ob auch Medienberichte zu anderen Themen manipulativ und erlogen sind.“