Unterhaltung
Schwandorfer Videothek erfindet sich neu

Mehr Verkauf, weniger Verleih: „Movie-Rent“ ist die einzige Videothek im Landkreis – und will sich gegen das Netz behaupten.

27.06.2018 | Stand 16.09.2023, 6:03 Uhr

„Movie-Rent“-Geschäftsführer Markus Stephan will sich mit einem neuen Konzept gegen die Internet-Konkurrenz behaupten. Foto: Heinzl

Als Heinz Stephan das „Movie-Rent“ in einem Hinterzimmer der „Hosenzentrale“ am Marktplatz eröffnete, hießen die Blockbuster noch anders. „Die Brechtrommel“ war zu sehen und „Das Große Fressen“, „Ach du lieber Harry“ mit Didi Hallervorden oder Spielbergs Vietnam-Epos „Apocalypse Now“. Und auf dem Highway war „die Hölle los“.

36 Jahre später gibt es die Videothek immer noch, und allein das ist schon eine Nachricht. Denn in den vergangenen Jahren fühlten sich die Film-Verleiher allüberall wie Leonardo DiCaprio auf der „Titanic“: Noch für 2007 vermeldet der Interessenverband für Video- und Medienfachhandel in Deutschland rund 4000 Videotheken – heute sind es gerade 600. Und im gesamten Landkreis Schwandorf steht das „Movie-Rent“ inzwischen allein auf weiter Flur. Streaming-Dienste wie „Netflix“ oder Amazon, so scheint es, haben dem Geschäft mit dem Heim-Kino endgültig den Boden unter den Füßen weggezogen.

Peu à peu verkleinert

Auch der Schwandorfer Traditionsbetrieb hat bereits eine Schrumpfkur hinter sich, erzählt Markus Stephan, der vor zwölf Jahren die Geschäfte von seinem Vater übernommen hat: „In den 2000er Jahren haben wir der Reihe nach unsere Filialen in Nabburg, Neunburg v. Wald und Schwarzenfeld geschlossen“. Und auch der Standort an der Pesserlstraße in Schwandorf wurde peu à peu verkleinert. Doch die letzte Klappe soll nach dem Willen des 48-Jährigen noch lange nicht fallen.

Wie das funktionieren könnte, ist in der Branche eine heiß diskutierte Frage. Fakt ist laut Markus Stephan: „Das gewohnte Modell Videothek wird’s nicht mehr geben. Die einzige Schiene, die noch wirklich funktioniert, ist der Verkauf“. Vor fünf Jahren hat der Geschäftsmann, eher nebenher, die erste Schütte mit 200 DVD-Sonderangeboten im Laden aufgestellt. Inzwischen ist die verkaufte Ware bereits für einen Großteil des Umsatzes gut – und das „Movie-Rent“ davor, sich noch einmal neu zu erfinden.

Mehr Platz wird künftig die Ware für den Verkauf einnehmen – DVDs, Blue-rays und auch Computerspiele, die von der Qualität her „alle kein Ramsch, sondern im Grunde neuwertig“ sind, wie Markus Stephan versichert. Was die Preise anbelangt, ist das „Movie-Rent“ nach seiner Einschätzung ohnehin konkurrenzlos. Die DVDs beispielsweise, ob rare Filmklassiker oder beliebte Hits, sind bereits ab 1,95 Euro erhältlich – ein Angebot, findet er, das eigentlich niemand ausschlagen kann.

Die Zusammenstellung des Sortiments ist beim „Movie-Rent“-Boss schon fast eine Wissenschaft für sich. Jeden Abend geht er die Verkäufe durch und macht sich so seine Gedanken, was bei den Käufern ankommt. „Unglaublich gut laufen Action- und Horrorfilme. Komödien sind natürlich gefragt, und auch der Bereich Kinderfilm geht immer“, ist die nicht ganz überraschende Erkenntnis. Aber auch Film-Enthusiasten, die zum Beispiel seit Jahren einem alten John Wayne-Western hinterherjagen, will Markus Stephan weiter bedienen. Entweder sie werden gleich im Laden fündig – oder der Chef der Videothek bestellt das Gewünschte bei einem Spezial-Versand aus seiner Datenbank.

Wieder jüngeres Publikum

Markus Stephan ist durchaus optimistisch, dass der Familienbetrieb an der Pesserlstraße noch eine Zukunft hat. Vielleicht das Wichtigste: Die Stammkundschaft, aber auch die Belegschaft hält dem Betrieb seit Jahren die Treue – allen voran seine Eltern, die beide, schon in den Siebzigern, noch fast jeden Tag im Laden stehen. Das erleichtert manches. Dazu kommt ein Trend, der dem 48-Jährigen besonders Laune macht: Durch seine jüngsten Verkaufsaktionen ist es ihm nach eigenen Worten gelungen, auch wieder jüngeres Publikum in die Mediathek zu locken. Weil der Markt ausgedünnt ist, kommen die Kunden inzwischen auch aus Amberg oder Weiden.

Und vielleicht bestätigt sich ja auch die Entwicklung, die der „Movie-Rent“-Chef in den vergangenen beiden Jahren auszumachen glaubt: ein gewisses Misstrauen, das sich parallel zum Online-Handel in die Euphorie einschleicht, ein wiederkehrender Hang zum Analogen – und sei es beim gemeinsamen Video-Abend mit selbst gebasteltem DVD-Programm. Vielleicht stehen die Chancen also nicht schlecht für Markus Stephans Zukunftspläne. „Am liebsten“, erzählt er, „würde ich das machen, bis ich in Rente gehe.“

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