Vor 25 Jahren erstmals eröffnet
Mit einem Verbandspäckchen fing es an: Heute zählt das Rotkreuz-Museum in Nabburg tausende Schätze

04.05.2024 | Stand 04.05.2024, 19:00 Uhr

Fernschreiber, Telefonvermittlung und eine alte Schreibmaschine: Martina Hofbauer hat zusammen mit ihrem Mann Gerhard die Szenen gestaltet, die Einblicke in die Arbeit vergangener Jahrzehnte geben. Foto: Petra Beer-Dausch

Wie schaute es in den 1930er Jahren in einer Zahnarztpraxis aus? Was hatte es mit den Gasjäckchen für Kinder im Zweiten Weltkrieg auf sich? Antworten auf diese Fragen und noch viel mehr gibt es im Rotkreuz-Museum Ostbayern in Nabburg. Besucher können dort in zwölf Räumen Geschichte hautnah erleben.

Die beeindruckende Sammlung der unterschiedlichsten Gegenstände aus der Rotkreuzgeschichte – vom Verbandspäckchen bis zur Rädertrage, von der Schnabeltasse bis zum mobilen Beatmungsgerät, vom Dienstausweis bis zum Fernschreiber – haben Martina und Gerhard Hofbauer aus Regenstauf mit Helfern zusammengetragen. Das Museum, getragen von einem Förderverein, besteht seit 25 Jahren und ist ein umfassender Fundus zur Arbeit des Roten Kreuzes.

Anfänge des Rotkreuz-Museums liegen in Regenstauf

Mit einem alten Verbandspäckchen wurde bei Gerhard Hofbauer vor Jahrzehnten die Sammelleidenschaft geweckt, erzählt seine Frau Martina, als sie die MZ durch die Museumsräume im früheren Nabburger Krankenhaus führt. Nach und nach kam immer mehr zusammen, der Platz im Haus der Hofbauers wurde immer weniger. So entstand 1998 die Idee, ein Museum einzurichten. Räume waren in Regenstauf bald gefunden, aber wie sollte die Finanzierung aussehen? Es wurde ein Förderverein als Träger gegründet, dem die BRK-Kreisverbände aus Niederbayern und der Oberpfalz angehören und so ihren Beitrag leisten.

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1999 eröffnete das Rotkreuz-Museum Ostbayern in Regenstauf. 2003 erfolgte der erste Umzug an einen neuen Standort in Regenstauf. 2016 war auch dort Schluss, denn das Gebäude war marode geworden. In Nabburg tat sich eine neue Möglichkeit auf. Zunächst in einem Gebäude neben dem ehemaligen Krankenhaus, das das BRK dann allerdings verkaufte. Schließlich wurde mit freiwilligen Helfern ein Trakt im zweiten Stock des ehemaligen Kreiskrankenhauses für das Museum umgestaltet, auf dem Dachboden und im Keller konnten weitere Gegenstände eingelagert werden. Im Mai 2018 fand die Wiedereröffnung statt.

„Mehrere zehntausend“ Stücke, davon um die 3000 Bücher, viele Ausrüstungsgegenstände und Bekleidung, sind bis heute zusammengekommen. Nur ein Bruchteil davon kann im Museum gezeigt werden. „Wir haben darauf geachtet, dass die Räume nicht überladen sind“, erklärt Martina Hofbauer. Sie und ihr Mann waren auch federführend für die Gestaltung des Museums verantwortlich. Mit Schaufensterpuppen arrangierten sie kleine Szenen, die die Arbeit der verschiedenen Dienste des Roten Kreuzes anschaulich werden lassen.

Blick in einen nachgebauten Luftschutzraum

So beispielsweise im Raum zum Suchdienst: Er unterstützt seit mehr als 150 Jahren Menschen, die durch bewaffnete Konflikte, Katastrophen, Flucht, Vertreibung oder Migration von ihren Nächsten getrennt wurden. Auch 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges betreffen viele der Anfragen den Verbleib von Kriegsvermissten. In die Zeit nach Kriegsende, in ein Büro des Suchdiensts, versetzt den Besucher die aufgebaute Szene. Drei Kinder-Schaufensterpuppen ganz in Weiß, ohne Gesicht, fragen: Wer bin ich? Wie heiße ich? Wo komme ich her?

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Ein paar Meter weiter ist der Blick in den Nachbau eines Luftschutzraums aus dem Zweiten Weltkrieg möglich. Die Kinderpuppe dort trägt ein sogenanntes Gasjäckchen. Nach den Giftgas-Angriffen im Ersten Weltkrieg wollte man damit vorsorgen, ein Erwachsener sollte per Blasebalg Luft in den Anzug mit Helm pumpen. „Ob das wirklich funktioniert hätte, wissen wir nicht“, sagt Martina Hofbauer.

In einem weiteren Raum ist die Ausstattung einer Zahnarztpraxis von 1938 aufgebaut – mit Stuhl, Bohrer und Röntgenapparat. Noch älter – etwa von 1910 – ist der Bohrer mit Fußbetrieb. Mit Wasserwacht, Suchdienst, Katastrophenschutz, häusliche Pflege, Luftschutzraum, Zahnarztpraxis, Bergwacht, Bereitschaften, Jugendrotkreuz und Schulsanitätsdienst, Sozialdienst/Blutspende und Erste-Hilfe-Ausbildung sind die Räume des Rotkreuz-Museums Ostbayern betitelt. Ein weiterer ist für Sonderausstellungen reserviert, aktuell ermöglicht er einen Blick zurück in die 25-jährige Geschichte des Museums, unter anderem mit vielen Fotos und Zeitungsausschnitten.

Rucksack-Wasserfiltergerät als Geschenk aus Nürnberg

Auch das Gastgeschenk des Rotkreuz-Museums Nürnberg zur Eröffnung, ein Rucksack-Wasserfiltergerät aus den 1950er Jahren, ist zu sehen. Bis ins Jahr 1890 etwa gehen die Schriftstücke im Fundus des Museums zurück, die Ausstellungsstücke etwa bis 1900, berichtet Martina Hofbauer. Sie deckt zusammen mit ihrem Mann und den beiden Helfern Hermann Schönberger und Konrad Betz die Aufsicht im Museum ab, das jeden ersten und dritten Sonntag sowie jeden zweiten und vierten Dienstag im Monat jeweils für drei Stunden geöffnet ist. Im Dezember und Januar bleibt geschlossen.

Der Kreis der Helfer sei in den vergangenen Jahren immer kleiner geworden, bedauert Martina Hofbauer. Nach dem Umzug nach Nabburg und der Corona-Pause hofft sie, dass wieder mehr Besucher den Weg ins Rotkreuz-Museum Ostbayern finden. Denn es ist keineswegs nur für BRK-Mitglieder oder Jugendrotkreuz-Gruppen interessant, sondern aufgrund der Auswahl der Exponate und der Darstellung für alle geschichtlich Interessierten.

Sie erfahren im Museum auch etwas über die erste „unfallgesicherte Musterstrecke“, die der BRK-Kreisverband Regensburg etwa Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre mit einer Länge von 35 Kilometern zwischen Regensburg und Burglengenfeld eingerichtet hatte. Zu einer Zeit, als die Autos und auch die Unfälle auf den Straßen immer mehr wurden. Steinsäulen entlang der Straße wurden mit Pfeilen versehen, die anzeigten, in welche Richtung die nächste Unfallhilfsstelle oder Unfallmeldestelle – zum Beispiel ein Wirtshaus mit Telefon – zu finden ist.

Bis heute kommt dieses Pfeilsystem beispielsweise an Autobahnen zum Einsatz, wo die Markierungen den Weg zur nächsten Notrufsäule weisen. Der damals einmalige Unfallrettungsdienst des BRK-Kreisverbands Regensburg hatte sich auf jeden Fall schon nach ein paar Wochen bewährt und wurde auch auf anderen unfallträchtigen Straßen angewendet.

So gelangen Sie ins Rotkreuz-Museums Ostbayern

Ort: Das Rotkreuz-Museum Ostbayern ist im 2.Obergeschoss im ehemaligen Kreiskrankenhaus Nabburg, Krankenhausstraße 25, untergebracht. Es ist mit einem Aufzug erschlossen.

Öffnungszeiten: Von Februar bis November jeden ersten und dritten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr sowie jeden zweiten und vierten Dienstag im Monat von 14 bis 17 Uhr. Im Dezember und Januar ist geschlossen. Gruppen können individuelle Termine mit Gerhard Hofbauer telefonisch unter (09402) 4405 oder per Mail an ghofbauer@t-online.de vereinbaren.