Main-Donau-Kanal
Der Kanal – das umstrittene Projekt

Nach Protesten wurde vor 25 Jahren der neue Kanal eröffnet – Hintergründe über das Bauwerk gibt es in der MZ-Themenwoche.

28.07.2017 | Stand 16.09.2023, 6:22 Uhr

Der neue Kanal bei Plankstetten, im Hintergrund sind Berching und ganz am oberen Ende der Dürrlohspeicher bei Mühlhausen zu sehen. Foto: Dr. Satzl

Selten wurde so lange und so heftig über ein Projekt in der Region gestritten – der Main-Donau-Kanal spaltet die Meinung der Menschen seit den ersten Planungen. Die Frage nach der wirtschaftlichen Rentabilität und der Protest gegen die Zerstörung der Landschaft spielten letzten Endes aber keine Rolle – am 25. September 1992 wurde der neue Kanal eröffnet. Unser Medienhaus widmet der Wasserstraße in all ihren Facetten von 5. bis 14. August eine Themenwoche.

Begonnen wird mit dem Bau im Jahr 1960 in Bamberg – 32 Jahre wird es dauern, bis der Kanal fertig ist. Dabei gibt es den Traum von der Wasserstraße schon viel länger – und auch einige Parallelen sind unübersehbar. König Ludwig I. lässt den Kanal von Bamberg nach Kelheim erstmals planen, im Jahr 1836 ist Baubeginn, zehn Jahre später ist der Ludwigskanal fertig. Doch schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielt der Kanal auch wegen der zunehmenden Bedeutung der Eisenbahn wirtschaftlich kaum mehr eine Rolle – stattdessen erholt man sich, genießt den Tag in einem Gasthaus, angelt oder ist an Bord eines der Ausflugsschiffe, die bis zum Zweiten Weltkrieg fahren.

Die Karte zeigt den Verlauf den Main-Donau-Kanals

Nichtsdestotrotz gibt es weiterhin durchsetzungskräftige Befürworter einer Wasserstraße – nur viel größer soll sie nun werden. Im „Main-Donau-Staatsvertrag“ zwischen dem Deutschen Reich und dem Freistaat Bayern wird 1921 die Rhein-Main-Donau AG (RMD) gegründet, die den Kanal in eigener Zuständigkeit und auf eigene Kosten bauen soll und dafür das Recht zur Nutzung der Wasserkraft von Main, Donau, Lech, Altmühl und Regnitz erhält.

Unterschiedlichste Gutachten

Jahrzehntelang wird erst einmal über die Trasse gestritten – bis die heutige „Beilngrieser Linie“ herauskommt.

Während der Nazi-Zeit liegt das Projekt nach anfänglicher Begeisterung – es wird sogar per Gesetz festgelegt, dass der Kanal bis 1945 fertig sein soll – brach, die Arbeiter werden im Krieg gebraucht. Nach Kriegsende laufen die Planungen aber wieder an – 1960 ist Baustart in Bamberg. Schon damals steht die Frage nach der wirtschaftlichen Rentabilität im Raum und rund um Nürnberg wachsen die Proteste, als für den geplanten Nürnberger Hafen Häuser geräumt werden sollen – was aber dennoch passiert, der Hafen wird 1972 eröffnet.

Noch viel mehr Hintergründe und aktuelle Infos gibt es bei unserer Themenwoche ab 5. August:

Ihren Höhepunkt erreichen die Proteste Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre. Nicht nur, dass es aufgrund unterschiedlicher Gutachten verschiedenste Aussagen zur wirtschaftlichen Auslastung des Kanals gibt (mal werden 2,7, mal sieben Millionen Tonnen Güter berechnet), 1979 bricht auch noch der Damm im Nürnberger Stadtteil Katzwang – ein Mädchen stirbt. Anlieger am Kanal haben Angst vor weiteren Unglücken haben, außerdem wird die Veränderung der Landschaft vielen Menschen immer klarer – die Debatten um Sinn oder Unsinn der Wasserstraße nehmen massiv zu, Bürgerinitiativen gründen sich.

„Das ist das dümmste Projekt seit dem Turmbau zu Babel.“SPD-Bundesverkehrsminister Volker Hauff im Jahr 1982

1982 beschäftigt sich die TV-Satiresendung „Scheibenwischer“ mit dem Wahnwitz des Kanalbaus, wenig später verhandelt SPD-Bundesverkehrsminister Volker Hauff, der den legendären Spruch vom „dümmsten Projekt seit dem Turmbau zu Babel“ prägte, mit dem Freistaat über eine „qualifizierte Beendigung“ der Bauarbeiten – der Ausbau der letzten 70 Kilometer steht auf der Kippe. Parallel gründet sich eine Bürgerinitiative für den Kanal – die Anwohner fürchten, auf Bauruinen sitzen zu bleiben.

So berichtete die MZ vor 25 Jahren:

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Dann zaubert allerdings der Kanalverein ein positiveres Gutachten hervor – im Februar 1983 beschließt die Bundesregierung, den Kanal zu vollenden. Neun Jahre später ist der Kanal geflutet. Der Schiffsverkehr läuft an, anfangs positiv, die Akzeptanz beim Güterverkehr sinkt aber. Große Containerschiffe können nicht fahren – die Brücken sind zu niedrig. Dafür nimmt die Fahrgast-Schifffahrt zu. Und die Landschaft? Naturschützer haben zumindest größere ökologische Ausgleiche herausgeschlagen als ursprünglich geplant. Doch im Reinen sind sie mit dem Kanal nicht. (Quellen: MZ, Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Nürnberg, „Der Main-Donau-Kanal“/Daniel Gürtler, Markus Urban)

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