Rechtsserie
Chamer Expertin über die Herausforderungen bei der Unternehmensnachfolge

05.05.2024 | Stand 05.05.2024, 5:00 Uhr

Wenn der Vater an den Sohn übergibt: Themen wie die Unternehmensnachfolge können in Familienunternehmen für Konflikte sorgen. Foto: Daniel Ingold/dpa

Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft ist der Mittelstand, dessen Unternehmen zum Großteil eigentümergeführt sind, unabhängig von der Rechtsform. Neben kleinen und mittleren Unternehmen gehören hierzu auch Handwerksbetriebe. Der wirtschaftliche Erfolg dieser Unternehmen basiert oftmals auf dem besonderen Engagement und dem Führungsstil des Inhabers und damit mehr auf individuellen Skills als einem betriebswirtschaftlichen Idealbild.

An erster Stelle ist hierbei die kompromisslose Identifikation des Unternehmers mit seinem Betrieb zu nennen. Der persönliche Einsatz des Inhabers und nicht zuletzt auch oft der ganzen Familie tragen wesentlich dazu bei, dass solche Unternehmen – auch über Generationen hinweg – krisenfest und ertragsstark bleiben. Die starke Fixierung des Unternehmens auf seinen Inhaber stellt eine Herausforderung bei der Übergabe an einen Nachfolger dar. Der Übergeber muss Verantwortung abgeben und Neues zulassen, der Übernehmer muss Bewährtes bewahren, Veränderungen einleiten und durch den Rückzug des Übergebers entstehende Lücken kompetent füllen.

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Die sich ergebende Situation wird von den Betroffenen oftmals unterschätzt, ist jedoch lösbar. Insbesondere kann durch geschickte gesellschaftsrechtliche Gestaltung erreicht werden, dass Verantwortung, Einfluss auf Unternehmensentscheidungen, Gewinne und nicht zuletzt auch Gesellschaftsanteile Stück für Stück an den Übernehmer abgegeben werden können. Zusätzlich können vertragliche Regelungen dem Übergeber Letztentscheidungen oder Veto-Rechte sichern und es ihm somit erleichtern, Verantwortung für die Betriebsführung in andere Hände zu legen.

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Bei einer entsprechenden Gestaltung werden zudem steuerliche Begünstigungen der Übergabe gezielt genutzt und ungewollte Steuerbelastungen auf Seiten des Übergebers vermieden. Dies ist auch notwendig, denn nicht selten besteht eine enge Verknüpfung zwischen dem unternehmerischen und dem privaten Vermögen. Von der betrieblichen Mit-Nutzung eigentlich privater Immobilien, über die oft unentgeltliche Mitarbeit von Familienangehörigen bis hin zur Übernahme von Kosten durch das Unternehmen, die aber eher der privaten Lebensführung des Übergebers dienen (z.B. Pkw für Familienangehörige) ist die Palette groß.

Steht die Immobilie, auf der das Unternehmen tätig ist, im Alleineigentum des Unternehmers, ist in steuerlicher Hinsicht besondere Vorsicht geboten, da sie einen steuerlichen Verbund mit dem Unternehmen bildet. Wird diese Verbindung ungewollt aufgelöst, drohen hohe Steuerbelastungen.

Zu alledem sollte eine gute Unternehmensnachfolge auch die finanzielle Versorgung des Übergebers im Ruhestand sicherstellen. Dies kann durch Entnahmepläne hinsichtlich der im Unternehmen stehen gelassenen versteuerten Gewinne, aber auch durch die Vereinbarungen von Versorgungsleistungen, Zuweisung von künftigen Erträgen an den Übergeber oder den Vorbehalt von Nutzungsrechten geschehen. Freilich ist auf eine angemessene Risikoverteilung zwischen Übergeber und Übernehmer zu achten und für das Unternehmen eine realistische Ertrags- und Liquiditätsplanung zu erstellen.
All diese Verzahnungen gilt es im Falle der Unternehmensnachfolge zu erkennen und zu lösen. Last but not least regelt der vorausschauende Unternehmer in diesem Kontext auch seine private Nachfolge, um die Versorgung des Ehepartners sicher zu stellen und den Frieden in der Familie zu erhalten.